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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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»Ach, ist schon gut, solange sie es nie wieder tut« lagen mir auf der Zunge.
    Doch die Wölfin in mir bewegte sich unruhig und gereizt hin und her. So leicht würde Alice nicht davonkommen. Ich wartete auf die Entschuldigung.
    Â»Es tut mir leid, Kitty«, sagte sie. »Der ganze Ärger tut mir leid.«
    Na, hoffentlich … »Danke«, sagte ich stattdessen.
    Â»Ich denke, ich kann dabei helfen, die Sache aus der Welt zu schaffen«, sagte Tony. »Ich kenne da ein Ritual, das den Fluch verscheuchen, ein paar der unschönen Gefühle heilen wird. Werden Sie mir alle helfen?«
    Er sah uns der Reihe nach an, und wir nickten. Sogar Joe.
    Â»Gut«, sagte er. »Finden Sie sich in der Abenddämmerung bei Kittys Hütte ein, gegen fünf Uhr. Wir werden uns um die Sache kümmern. Oh – und ich nehme die hier mit. Danke.« Mit einem freundlichen Lächeln griff er nach der Tüte mit den Kruzifixen auf dem Ladentisch.
    Auf unserem Weg aus dem Laden bildete Tony das Schlusslicht, beinahe, als sei er unser Hirte und triebe uns
vor sich her. Oder als wolle er mich davon abhalten, länger zu bleiben und noch etwas Törichtes zu tun. Ein paar Minuten später saßen wir im Auto und fuhren wieder die Straße entlang.
    Â»Cormac wollte, dass ich sie einschmelzen lasse.« Ich nickte in Richtung der Tüte mit den Kruzifixen auf seinem Schoß.
    Â»Das würde funktionieren, aber ich wollte sie eigentlich bloß unter fließendes Wasser halten.«
    Â»Wollen Sie damit sagen, dass wir nichts weiter hätten tun müssen?« Ich schüttelte den Kopf. Je mehr ich wusste …
    Â»Es würde mich interessieren, wo Alice das Zaubern erlernt hat«, sagte er. »Ob sie damit aufgewachsen ist – Heiler oder Hexerei oder so was –, oder ob sie die Zauber irgendwo aus einem Buch hat. Das ist das Problem mit Euch Weißen: Ihr lest etwas in einem Buch und glaubt, es zu verstehen. Doch diese Art Zauberei – man muss wirklich damit leben, um sie zu begreifen.«
    Das erinnerte mich an das Erlernen einer Sprache: Um sie sich wirklich anzueignen, musste man sie leben, mit Muttersprachlern reden, damit aufwachsen – völlig darin eintauchen. Auf der Highschool Vokabeln zu büffeln, reichte da nicht.
    Â»Ich kann Ihnen versichern«, sagte ich, »dass ich mein ganzes Wissen über das Übernatürliche aus persönlicher Erfahrung habe.« Das bedeutete allerdings nicht, dass ich auch nur das Geringste davon begriff.
    Tony lachte. »Das glaube ich Ihnen!«
    Von der Rückbank erklang Bens Stimme: »Meinst du
wirklich, dass die Vorfälle mit dem Vieh von dem herrühren, was diese Leute getan haben? Was ist mit dem, was wir in New Mexico gesehen haben?«
    Â»Vielleicht ist es von dem, was Alice und die anderen getan haben, angelockt worden«, sagte Tony.
    Â»Oder ist es Cormac gefolgt?«, fragte ich.
    Meine Worte ernteten unheilvolles Schweigen. Denn es ergab Sinn. Da waren zwei gewesen. Cormac tötete einen, und der andere folgte ihm, um sich zu rächen. Bloß dass Cormac sich nicht mehr hier befand. Also verlor das Wesen die Beherrschung und mordete, ganz wie zuvor.
    Sollte das der Fall sein, würde Tonys Reinigungszauber nichts helfen. Cormac musste her. Und sei es auch nur, damit wir ihn warnen konnten.

Zwölf
    Klar und nüchtern legte sich die Dämmerung über den Wald. Der Himmel nahm das wunderschöne satte Blau erstklassiger Saphire an. Der erste Stern funkelte wie ein Diamant. Alles war von dem sauberen, organischen Kiefernwaldgeruch durchdrungen.
    Ben und ich saßen auf der Veranda vor der Hütte und warteten. Wir sahen Tony bei seinen Vorbereitungen zu. Ursprünglich hatte er seinen Truck ein paar Meilen weiter auf einem Wandererparkplatz abgestellt, ihn jedoch im Laufe des Nachmittags an meiner Zufahrtsstraße geparkt. Er zog eine Vorratskiste hinten aus dem Fahrzeug und machte sich an die Arbeit. Zuerst lehnte er einen Besen an das Verandageländer, dann stellte er unangezündete weiße Votivkerzen an der Veranda entlang rund um die Hütte auf. Er schritt um die Hütte herum in alle vier Himmelsrichtungen, zog etwas aus dem Lederbeutel, den er bei sich trug, und warf es in die Luft. Ein feines Pulver rieselte aus seinen Händen, und der Geruch von Hausmannskost aus einer guten Küche stieg mir in die Nase. Getrocknete Kräuter. Salbei, Oregano. Ich fühlte mich

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