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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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worden war. Nun aber prügelte er sich seinen Weg in das Gotteshaus, bis er neben Christina stand. Ohne Vorwarnung schlug er Nial die Faust ins Gesicht, riss Christinas Arm hoch und verlangte: »Sie ist mein. Ich heirate sie – sofort!« Suchend sah er sich um – und fand Edgar Æthling als den Richtigen.
    »Ihr da – gebt mir die Hand Eurer Schwester – jetzt!«
    In dem Schreckmoment, da jeder die Luft anhielt, weil der Geruch von Streit und Waffengewalt in der Luft lag, straffte Christina sich. Sie hatte die ganze Zeit geschwiegen und war immer ruhiger geworden. Sie hob den Arm und schob Máelsnechtais Hand von ihm herunter wie einen überflüssigen Ärmel.
    » Hlæfweard , Ihr sollt wissen, dass ich Eure beschützende Begleitung geschätzt habe. Ihr habt mein Leben bewahrt und mich sicher nach Jarrow und wieder zurück gebracht. Dennoch habe ich Euch niemals hoffen lassen, dass ich Euer Weib werden würde.«
    Edgar hielt die Luft an. »Törichte Närrin«, zischte er, »den Hintern versohl ich dir …«
    »Ich habe Euch niemals Hoffnung gemacht, hlæfweard «, wiederholte sie. Da packte er Nial, der sich gerade aufgerappelt hatte, am Kragen und schüttelte ihn wie eine Katze. Fothad lief mit entsetzt erhobenen Händen auf und ab. » Hlæfweard , Ihr seid im Haus Gottes, wie könnt Ihr wagen … wie könnt Ihr wagen …«, doch fand er kein Gehör unter den Barbaren. Christina empfand tiefstes Mitleid mit ihm. Sie hatte auf ihrer Reise gelernt, dass es eine andere Sprache brauchte, um von ihnen verstanden zu werden.
    Und so trat sie vor, auf den kopfschüttelnden König zu, dem offensichtlich noch nicht eingefallen war, wie er den Streit ohne Handgreiflichkeit würde schlichten können.
    » A rìgh , hört mich an.« Ihre klare Stimme hallte in der Kirche wider, ein wenig einschüchternd war das, doch sie fühlte genug Mut, um weiterzumachen. »Hört mich an, a rìgh . Von zwei Eurer Herren wurde mir die Ehe angetragen, a rìgh . Zwei hochgeborene Herren, deren Interesse ich schätze.« Vielleicht stand Morcar irgendwo in der Menge und hörte ebenfalls zu. Dem Earl, den sie in jener Nacht in die Tiefe gestoßen hatte, mochte sie erst recht nicht mehr begegnen. Sie holte erneut tief Luft.
    »Ich bin die Schwester der Königin, und ich weiß, was das bedeutet. Dennoch ist es mein Wunsch, den Schleier zu nehmen, und ich bitte, das zu respektieren.«
    Ein Raunen ging durch das hohe Gemäuer. Edgar starrte sie sprachlos an, Agatha schüttelte nur den Kopf. Margaret drehte sich aus Malcolms Armen zu ihr, und ein ganz leises Lächeln wanderte über ihr schönes Gesicht. Noch war ihr nicht anzusehen, ob es Zustimmung verhieß. Die war ihr von ihrer Schwester am allerwichtigsten, und so ließ sie sie nicht aus den Augen, fragte schüchtern, fragte nach …
    Der Mórmaer begriff als Erster unter den Männern, was Christinas Worte bedeuteten. Und wieder fasste er nach ihrem Arm und versuchte sie mit sich zu ziehen.
    »So kommt Ihr mir nicht davon, hlæfdige , diese Vertröstung ist der Gipfel! Unsere Abmachung war eine andere!«, rief er erbost, »unsere Abmachung lautete …«
    »Eure Abmachung, hlæfweard . Ihr habt niemals gefragt«, unterbrach sie ihn. »Meine Seele gehört Gott. Ich habe nichts, was ich Euch geben könnte.« Er starrte sie an. Dann schlug er zu, gezielt mitten in ihr Gesicht, und sie schwankte, weil sie ihm nicht auswich. Doch der Schlag betäubte sie auch so, dass sie kaum noch mitbekam, wie Nial sich mit Gebrüll auf seinen Bruder stürzte und ihn zu Boden riss und wie der König Margaret losließ und seine Bewaffneten auf die beiden Söhne des Lulach von Moray hetzte. Der Eingang der Kathedrale von Dunfermline glich einem Jahrmarkt, weil sich immer mehr Männer berufen fühlten, der Prügelei handgreiflich beizuwohnen, und das Geschrei hallte in dem hohen Kirchenschiff wider wie auf einem Schlachtfeld …
    Als die Nacht hereinbrach, kniete Christina alleine in der Kathedrale, genau an der Stelle, wo ihre Schwester viele Tage verbracht hatte – mit Gebeten und mit liebevollen Gedanken an sie. Fast fühlte sie die Kuhlen, die Margarets Knie auf dem Stein hinterlassen hatten, vorgewärmt und weich gepolstert, weil Margaret wusste, dass Christina nicht so lange knien konnte wie sie. Vielleicht brannten sogar noch die gleichen Kerzen wie in jenen Tagen, und die durch die Luft schwebenden Weihrauchwolken, mit denen Fothad am Abend das Gotteshaus von Streit und bösen Geistern gereinigt hatte, waren

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