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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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wackelige Brücke und auf die Laterne zu, die den Lasttierstall beleuchtete. Gott musste ihren Plänen sehr gewogen sein, denn Er ebnete ihr den Weg, führte sie ohne Straucheln zu den Stallungen und schenkte ihr einen jungen Führer, der sie auf zuverlässigem Maultier und ohne dumme Fragen durch die Schneenacht zum Forth geleitete.
    Alles verlief, als wachte ein Engel über Christina, und sie begann sich sicher zu fühlen, als sie an der Anlegestelle tatsächlich einen Fährmann vorfanden. Sie entlohnte ihren jungen Führer mit dem spärlichen Inhalt ihres Almosenbeutels und sah ihm hinterher, wie er beide Tiere am Waldrand zur Burg zurückscheuchte, um seinen schmalen Hintern wieder zwischen die Felle schieben zu können. Niemand sonst war dort zu sehen – niemand war ihr gefolgt. Ihre Erleichterung, auch Máelsnechtai abgehängt zu haben, war grenzenlos.
    Über ihr Ansinnen, sie über den Forth zu rudern und als Bezahlung ein Gebet für ihn zu akzeptieren, lachte der Fährmann sich allerdings halb tot. Aber sie hatte ja alles Geld dem Knappen gegeben …
    »Glaubt Ihr etwa, Ihr kämt umsonst über den Forth? Und ich würde Luft essen? Mein Weib und ihre vier kleinen Bälger mit Erde füttern? Ja? Glaubt Ihr das? Das glaubt Ihr wohl, das glauben alle Hochwohlgeborenen. Träumt weiter, holde Dame, wenn Ihr satt seid vom fetten Bankett.« Damit kauerte er sich weiter in seinem Boot zusammen, um auf zahlende Fahrgäste zu warten, was mitten in der Nacht natürlich Unfug war.
    Christina grub fieberhaft in den verborgenen Beuteln ihres Umhangs, ob sich nicht doch noch eine Münze darin fände – und tatsächlich klimperte es in der rechten Tasche, und sie erinnerte sich, dass sie nach Margarets Trauung vor der Kirche Münzen an die Armen verteilt hatten …
    »Hier – ich habe noch was gefunden!«, schrie sie fast auf, obwohl der Fährmann sich ja nur im Geiste entfernt hatte. »Hier, nimm – nimm alles, aber bring mich über den Forth!« Und sie hielt ihm die Münzen hin.
    Mit erstaunlicher Flinkheit war der Dicke aus seinen Netzen und Leinwänden gesprungen. Er stand so unschicklich dicht bei ihr, dass ihr von der Geruchsmischung aus Salz, gammeligem Fisch und altem Männerschweiß übel wurde, doch sie ertrug es tapfer – er musste sie hinüberrudern! Seine fetten Finger gruben in ihrer Handfläche, maßen die Größe der Münzen ab, lasen mit schlafwandlerischer Sicherheit die größten aus dem Haufen heraus, vielleicht erwischte er sogar eine Silbermünze, doch das war nun gleichgültig, solange er sie nur über den Forth brachte. Auf der anderen Seite des Wassers würde Gott ihr weiterhelfen, wie Er es bisher getan hatte. Zuversicht polsterte ihren Mut.
    Bei dichtem Schneegestöber legten sie ab. Die kleine Laterne am Bug des Bootes schwankte unter den Ruderbewegungen hin und her. Christina kämpfte gegen den Schwindel an. Es wurde immer schwieriger, die Wasseroberfläche von der Nacht zu unterscheiden, denn die Schneeflocken, die von der Laterne angeleuchtet wurden, verglommen wie kleine Irrlichter in der Dunkelheit. Das Plätschern der Wellen verschluckte andere Geräusche, und wenn die Ruder auf das Wasser klatschten, zuckte Christina jedes Mal zusammen. Sie hätte sich gerne an der Reling festgehalten, doch dann hätte sie die Arme ausbreiten und noch mehr frieren müssen. So klammerte sie sich an die Bank und bemühte sich, der Bewegung des Wassers zu folgen. Das ging einigermaßen, trotzdem wurde ihr davon speiübel.
    »Habt Ihr Angst?«, grinste der Fährmann. »Ich rudere hier schon, seit ich ein Junge bin. Noch nie ist mein Boot untergegangen. Obwohl es Ungeheuer in diesem Wasser gibt. Ich habe sie selber schon gesehen und einmal mit ihnen gekämpft. Sie speien Feuer und haben so große Schwanzflossen, dass sie ein Schiff umhauen können.« Er nickte bedeutsam und sah im Licht der Laterne jetzt richtig gespenstisch aus. Die Wellen applaudierten.
    »Wirklich«, murmelte Christina. Der Würgereiz wurde stärker.
    »Bindet Euch mit dem Seil fest. Das dort. Das ist lang genug. Dann fühlt Ihr Euch sicherer. Mein Boot geht niemals unter.« Er deutete auf den Netzberg direkt hinter ihr, auf dem ein kurzes Seil lag. Das Seilende war um die Laternenstange geschlungen. Der Fährmann bedeutete ihr, sich das Seil um den Leib zu schlingen. Sie schüttelte den Kopf. Sich selbst fesseln? Niemals. Da lachte er nur und ruderte weiter.
    Christina drehte sich der Magen um, sie schwitzte und ihr war gleichzeitig

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