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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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abräumte?
    »Johanna, du hängst dich ebenfalls an Bogdanow ran. Finde heraus, was für ein Mensch das ist. Konzentrier dich auf Verbindungen zur organisierten Kriminalität. Die beiden Entführer sind schwere Jungs. Die engagiert man nicht in der Migros. Unterhalt dich mit den Kollegen von der Kantonspolizei. Vielleicht sind sie mit ihren Recherchen weiter als wir.« Er schaute sie an. Endlich lächelte er wieder. »Alles klar?«
    14.
    »Geh nach Hause, Jo.«
    Köbi hatte Dienst. Die Beine auf dem Pult und den Blick vor der Nase.
    Ein grimmiges Kopfweh hatte Johanna am frühen Morgen aus dem Bett gescheucht. Darauf war sie schwimmen gegangen. So früh am Tag war der See angenehm kühl und leer. Lediglich Fischer und Ruderer waren um diese Zeit unterwegs. Deshalb war sie weiter hinausgeschwommen als gewöhnlich. Danach war sie zurück in ihre Wohnung nach Oerlikon gefahren. So zärtlich hatte der Fahrtwind mit ihren Haaren gespielt, dass sie am liebsten ewig weitergesaust wäre.
    Trotzdem stoppte sie am Marktplatz. Das war ihr Ritual am Samstagmorgen. Bei der stummen Blumenverkäuferin kaufte sie einen Strauß für Tamara Stämpfli. Ganz langsam hatte sie das Stichwort ausgesprochen. ›Verrückt.‹ Die Floristin hatte es ihr von den Lippen abgelesen. Dann hatte sie ein wildes Bukett zusammengestellt. Als sie es ihr überreichte, hatte sie tonlos gekichert. Anschließend war Johanna zum Käsestand gegangen. Es gab nur einen Händler, der Cantal aus der Auvergne hatte. Bei dem war sie Stammgast. Der Besitzer war ein angegrauter Hippie mit schütterem Bart und anzüglichen Sprüchen. Dazu wunderbarem Käse. An diesem Morgen hatte sie neben dem Cantal auch ein Stück Roquefort und einen Tomme de Chèvre gekauft.
    Als sie hinterher auf ihrem Sofa gesessen und Käse gegessen hatte, war auf einmal die Welt über ihr zusammengebrochen. Zuerst hatte sie Musik laufen lassen. Ein Buch aufgeklappt. Dann den Fernseher angestellt. Die Fenster geöffnet, obschon es draußen viel heißer war als drinnen. Schließlich hatte sie dagesessen und im großen Spiegel gegenüber der Couch zugeschaut, wie ihr Tränen über die Wangen gekullert waren.
    In der Folge war ihr nichts Besseres in den Sinn gekommen, als arbeiten zu gehen.
    »Ich muss etwas tun, Köbi. Sonst halte ich das Leben nicht aus.« Sie ging zur Kaffeemaschine und bereitete einen dreifachen Espresso zu.
    Köbi ließ die Zeitung sinken. »Willst du einen Schnaps?« Er steckte sich eine Zigarette an. Das Rauchverbot interessierte ihn genauso wenig wie Johanna. »In meinem Garten gäbe es genug Büetz. Ich habe ein Bewässerungssystem installiert. Computergesteuert. Das würde dir gefallen.«
    Johanna lachte. »Wenn alles automatisch funktioniert, müsste es eigentlich weniger Arbeit geben als vorher. Oder nicht?« Köbi blies den Rauch an die Decke. »Das stimmt. Aber jemand muss dieses verdammte Ding programmieren. Es ist fast so kompliziert wie eine Waschmaschine.«
    Johanna grölte. »Dann ist es höchste Zeit, dass eine Frau bei dir vorbeischaut.« Sie setzte sich rittlings auf ihren Bürostuhl. »Eine mit natürlichem Gespür für Technik.« Der Espresso war heiß.
    »Ich weiß nicht, wer diese Bedienungsanleitungen immer schreibt. Die versteht kein Mensch.« Köbi seufzte. »Wahrscheinlich sind das Emanzen. Wem sonst kämen so komplizierte Sätze in den Sinn?«
    Johanna verschüttete ihren Kaffee. »Genau. Das ist eine Verschwörung. Das sind die gleichen, die Waschmaschinen so konstruieren, dass nur Frauen sie verstehen.«
    Er schmiss den Blick aufs Pult. »Hier schreiben auch nur noch Weiber.« Danach drückte er seine Kippe aus und blickte Johanna an. »Was ist los, Jo?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Zu Hause fällt mir das Dach auf den Kopf. Das ist alles.« Sie stand auf und holte einen Lappen. Dann wischte sie den Boden sauber und setzte sich wieder.
    Köbi blickte sie ernsthaft an. »Hast du einen Freund, Jo?«
    Johanna lächelte. »Nicht direkt. Ich vögle jemanden. Auf einer regelmäßigen Basis.«
    Einen Moment lang schien er fassungslos. »Du hast Ausdrücke!« Er überlegte einen Moment, als suche er einen passenden Vergleich. »Wie im Militär. Du sprichst wie ein Panzergrenadier, Jo.«
    Sie grinste. »Er ist in Ordnung. Aber es ist nicht die große Liebe, wenn du das meinst. Und ein Kind gibt’s auch nicht. Er hat schon eins.«
    Köbi schüttelte den Kopf. »Du bist einsam, Jo. Such dir einen anständigen Mann. Du bist noch jung. Siehst gut aus.«

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