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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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Entspannt lehnte er sich in seinen Sessel zurück. »Wie hoch war Ihr Reingewinn letztes Jahr? Zwei, drei, fünf Millionen Euro?«
    Auf diese Frage hatte sie gewartet. »In einem guten Jahr sind zehn drin. Wenn sich legale und illegale Geschäfte ideal ergänzen. Augenblicklich haben wir drei legale Geschäftsfelder. Die Wellness- und Fitnesscenter, die Nachtclubs, die Liegenschaften. Das Reinigungsinstitut habe ich verkauft. Dazu kommen die illegalen Tätigkeiten. Der Kunsthandel mit Bernhard Stämpfli, die Kredite, das Inkasso.«
    Unbeeindruckt legte er seinen Hinterkopf auf das Lederpolster. »Drogen?«
    Sie machte eine vage Handbewegung. Ihr Blick ruhte auf seinen Händen. Einen Augenblick überlegte sie, was er damit schon getan haben mochte. »Hauptsächlich als Nebengeschäft der Prostitution. Ich konzentriere mich auf die Finanzierung. Das Operative überlasse ich anderen. Längerfristig ist es zu riskant. Aber es ist nützlich als Konjunkturpuffer. Der Drogenhandel funktioniert in schlechten Zeiten wie in guten.«
    Salome Hügli wartete auf eine weitere Frage. Sie kam nicht. Gleichwohl lieferte sie selbst die Antwort.
    »Unsere illegalen Tätigkeiten sind mehrheitlich Überbleibsel aus Vaters Anfängen. Prostitution, Schuldeneintreiben, Hehlerei. Ich habe mich dann darauf konzentriert, das legale Geschäft aufzubauen. Sobald ich aus der Prostitution ausgestiegen bin, ist die Fassade sauber. Dann kann ich die Ganovereien meines Vaters durch seriösere Tätigkeiten ersetzen.«
    Ihr gegenüber knirschte das Sesselleder. Ansonsten blieb es still.
    »Solche mit mehr Organisation und Systematik.« Sie strich ihren Rock über den Knien glatt. »Nehmen wir den Kulturgüterhandel: Ich lege Ihnen Stämpflis Geschäft auf den Tisch. Als vertrauensbildende Maßnahme.« Insgeheim zählte sie drei Sekunden ab. Dann sprach sie weiter. »Und weil Sie mir keine andere Wahl lassen.« Flüchtig streifte sie das Gesicht des Russen.
    Er blieb ungerührt.
    »Trotzdem sind Sie gut beraten, wenn Sie die operative Abwicklung weiterhin uns überlassen. Wir haben die Kontakte. Wir sind schnell und diskret. Das Einzige, das an der Oberfläche wahrgenommen wird, ist das Verschwinden Bernhard Stämpflis. Alles andere bleibt unsichtbar. Insbesondere die Gewinne, welche wir erzielen werden.« Gespannt wartete sie auf den Effekt ihrer Rede.
    Der Mann legte die Hände übereinander wie zum Gebet. Mit den Fingerspitzen strich er einige Male über sein Kinn. Dann ließ er seine Unterarme sinken und neben dem Sessel baumeln.
    »Kann ich mich darauf verlassen, dass Ihr Vater nicht mit gemeint ist, wenn Sie von ›wir‹ sprechen, Frau Hügli?«
    Salome Hügli verzog keine Miene. »Mein Vater ist und bleibt mein Vater. Aber es wäre unprofessionell, nicht auch andere Partner zu suchen.« Je länger das Treffen dauerte, um so sicherer wurde sie. »Das ist kein Verrat an meiner Familie. Vielmehr eine strategische Notwendigkeit.«
    Grölend schlug der Russe mit der rechten Faust auf die Sessellehne. »Ich kenne wenige Frauen, die Eleganz und Kaltblütigkeit so harmonisch vereinen.«
    Das Lachen verlieh seinem Gesicht etwas Bubenhaftes. Er war wie ein Knabe, bei dem man nicht wusste, wozu er den Baseballschläger in seiner Hand wirklich benutzen wollte.
    »Aber was macht Sie so sicher, dass ich ein rationaler Geschäftsmann bin, Frau Hügli? Kein blutgieriger Tyrann, dem Ehre und Respekt wichtiger sind als langfristiger Gewinn?« Er beobachtete sie wachsam.
    Salome Hügli hörte jemanden in der Halle atmen. »Nichts macht mich sicher. Aber ich schätze, dass ich die Wahrheit bald erfahren werden.« Sie schwieg und wartete.
    Einige Sekunden lang studierte er ihre Gesichtszüge. Dann legte er beide Hände auf seine Oberschenkel. »Ausgezeichnet.« Er stand auf. »Bis Mittwochabend hat Ihnen Alexander Zeit gegeben?«
    Nickend erhob sie sich ebenfalls.
    »Sie haben bis Mittwochmittag Zeit, die besagten Unterlagen zu beschaffen. Treten Sie nicht mit uns in Kontakt. Eine Vertrauensperson wird Sie anrufen.« Er reichte ihr die Hand. »Der Wagen bringt Sie zum Flughafen.«
    Ohne weitere Floskeln drehte er sich um und ging. In die Eingangshalle kam Bewegung. Kurz darauf heulten Motoren auf.
    Plötzlich hatte sie Herzrasen. Während des Gesprächs war sie ruhig und konzentriert gewesen. Nun entlud sich die Spannung.
    Überzeugt, dass sie beobachtet wurde, versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen. Sie ging ein paar Schritte. Sofort wurde ihr schwindlig.

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