Die Stunde Der Toechter
her.
Metzger grinste. »Mir wäre die Polizeiversion auch lieber.«
»Hör auf mit dem Scheiß, Martin. Ich habe keinen Bock auf deine Sprüche. Hügli hat meine Freundin entführt.«
Er wurde ernst. »Tut mir leid.«
Johanna nahm den Faden wieder auf. »Es geht um sichere Orte. Aus Hüglis Sicht. Solche, die wir nicht kennen. Seine Liegenschaften finden wir im Grundbuch. Das ist lediglich eine Frage der Zeit. Also muss er ein anderes Versteck wählen. Etwas, das nicht mit ihm in Verbindung gebracht wird. Überleg mal, Martin.«
Er zuckte mit den Schultern. »Auch davon gibt es unzählige. Er hat viele Geschäftspartner. Und viele Schuldner. Er nimmt das Telefon zur Hand und bestellt bei einem davon einen sicheren Ort. Kein Problem. Werner Hügli kriegt, was er braucht.«
Johanna wurde ungeduldig. Sie nahm einen Stift aus ihrer Jacke. Auf einem der Tische lag ein Schreibblock mit dem Logo des Spitals. Beides legte sie Metzger auf den Bauch.
»Du schreibst mir jetzt alle Orte auf, an denen du jemals mit ihm gewesen bist. Okay?«
Er hob seine Hände. »Das geht nur mit einer Tippse.«
Johanna rollte mit den Augen. Sie nahm die Schreibutensilien und setzte sich. »Also, schieß los!«
Metzger überlegte einen Moment. Dann begann er seine Aufzählung. Zu jeder Adresse gab er ein kurzes Stichwort bezüglich des Kontextes. Hügli hatte ihm vor allem Orte gezeigt, die für ihn persönlich wichtig waren. Wenn man einen Journalisten eine Biografie schreiben lässt, führt man ihn nicht unbedingt dorthin, wo man das Kokain und die Raubkunst aus dem Irak versteckt hat. Deshalb wusste Metzger, wo das Elternhaus des Milieukönigs gewesen war, seine Schule, sein Boxkeller, sein erster Sexclub. Als Metzger nicht mehr weiterwusste, hatte Johanna anderthalb Seiten vollgekritzelt.
Sie überflog sie. »Da springt mir nichts ins Auge.« Sie reichte Müller den Block. »Schau das bitte an, Erich.«
Ihr Kollege nahm den Block und studierte Johannas Handschrift.
»Und jetzt zählst du mir alles auf, was Hügli wichtig ist, Martin. Ohne zu überlegen.«
Metzger schaute sie belustigt an. »Vielleicht solltest du Werner Hüglis Psychiaterin werden? Bei den Filmgangstern ist das beliebt.«
Sie warf ihm den Kugelschreiber an den Kopf.
»Also gut. Sex, Geld, Macht, Autos, Anerkennung, Alkohol, Boxen, seine Tochter.« Er stockte. »Sein Sohn wohl auch.«
»Hügli hat einen Sohn?«
»Hatte. Karl Cassius Hügli. Karl wegen Karl Mildenberger, Europameister im Schwergewicht 1964. Cassius kommt von Muhammad Ali, der im selben Jahr Weltmeister geworden ist. Karl ist in den Achtzigerjahren gestorben. Verschollen, um genau zu sein. Auf Ibiza. Die Finca, die ich erwähnt habe. Werner hat sie verkauft.« Er machte eine kurze Pause. »Die Leiche wurde nie gefunden. Es war vermutlich ein Tauchunfall.«
»Gut. Kommt dir im Zusammenhang mit diesen Dingen ein Ort in den Sinn, den wir bis jetzt noch nicht erwähnt haben?«
Metzger überlegte. Danach schüttelte er den Kopf. »So kommst du nicht an Werner ran, Johanna. Er ist kein sentimentaler Mensch. Für ihn ist alles Geschäft. Schau meine Hände an!« Er zeigte ihr seine Verbände. »Seine Tochter ist noch schlimmer. Einen größeren Eisblock habe ich in meinem Leben nicht getroffen. Sie steht hinter den strategischen Entscheidungen der letzten Jahre.«
Johanna schaute ihn fragend an.
»Der Verkauf des Putzinstituts, die Investitionen in die Wellness- und Fitnessbranche. Es gibt sogar Gerüchte, dass sie das Sexgeschäft abstoßen will. Kannst du dir das vorstellen? Hügli ohne Nutten? Als ob der Bauer die Milch im Laden kaufen würde!«
»Deine Sprüche waren auch schon besser, Martin.«
Mit den Lippen deutete er ein stilles Sorry an.
»Wie soll denn das gehen? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Salome Hügli seriös werden will?«
Metzger lächelte mitleidig. »Ich dachte, du wärst eine gute Polizistin, Johanna.«
Zum ersten Mal schaltete sich Erich Müller in das Gespräch ein. »Ich glaub, Herr Metzger will sagen, dass die Fassade sauberer werden soll, damit das Geschäft dahinter dreckiger werden kann.« Er blickte Metzger an.
Dieser nickte enthusiastisch. »Ganz genau. Ich hätte es nicht besser sagen können. Denk nach, Johanna. Werner ist eine lokale Größe. Damit hat es sich aber auch. Im Grunde genommen ist er immer noch der Zuhälter und Geldeintreiber, als der er angefangen hat. Er ist ein großer Kleinkrimineller. Das schreckt das richtige Geld ab. Dies hat seine
Weitere Kostenlose Bücher