Die Stunde der toten Augen
Seien Sie froh, daß wir es bald geschafft haben! Aus Ihnen hätten wir einen ... einen Soldaten gemacht, einen richtigen! Nicht so was mit ,jede Menge'! Österreicher, was? Ostmärker? Klare ostmärkische Schlamperei! Hätten wir schon hingekriegt..."
„Davon bin ich überzeugt, Herr Leutnant!" grinste der Mixer. Er stellte ihnen die Gläser hin und schrieb zwei Runden an. Heute komme ich dem Anzug ein Stück näher, dachte er. Dann sagte er höflich: „jawohl, Herr Leutnant. Bin überzeugt davon, Herr Leutnant."
„Alles keine Soldaten mehr...", stellte der Nachrichtenmann traurig fest, „alles keine Soldaten. Schäbige Zivilisten ... keine Ahnung..."
„Bubi...", flüsterte Gisela Alf ins Ohr, „es ist so... das ist langsam zuviel..." Alf rief mit erhobenem Glas: „Meine Jungens solltet ihr sehen! Kerle! Meine Jungens, wenn sie hier wären ..."
Jawohl, dachte der Mixer, wenn sie alle so viel saufen würden, dann bekäme ich den Anzug an einem Tag zusammen.
Plötzlich schüttelte Alf den Kopf. „Wo ist... der Oberst? Wo ist er, wenn hier exerziert wird? Immer die Frauen ... Gisela, ich glaube..."
„Ja", sagte das Mädchen schnell, es klang einigermaßen nüchtern, „wir wollen uns lieber noch ein bißchen ausruhen. Morgen wollen wir hinauf in die Berge." Sie schob das Glas zurück und winkte ab, als der Mixer es erneut füllen wollte.
Das ist unfair von ihr, dachte er, während er schnell noch eine Runde auf den Zettel schrieb. Es ist unfair, denn heute bekommt er sowieso nichts mehr fertig, und wenn sie ihn hiergelassen hätte, wären noch ein paar Runden herausgekommen. Sie hat das letzten Winter nicht gemacht, als sie mit dem von der Waffen-SS hier war. Aber der vertrug auch mehr als dieser komische Fallschirmonkel. Dabei sollen die ganz schön saufen, habe ich gehört...
" Er nahm ihnen eine Menge Geld ab, aber sie merkten nicht, daß er sie betrog. Er war äußerst zufrieden, als er die beiden Offiziere davonwanken sah. Es hatte sich gelohnt. Er genehmigte sich schnell einen Kognak.
Er war ein schlechter Soldat gewesen, und in seiner Rekrutenzeit hatten sie ihn geschunden, daß er manchmal nahe daran gewesen war, sich auf der Latrine zu erhängen. Fips bleibt euch nichts schuldig, dachte er, Fips läßt euch dafür zahlen 1 In solchen Augenblicken waren der ganze Jammer seines Soldatenlebens und das Holzbein vergessen. In solchen Augenblicken war Fips, der Mixer, stolz darauf, wie furchtlos et Rache nahm, und in solchen Augenblicken hatte er das erhabene Gefühl, mit seinem zerstörten Körper Herr über alle Offiziere der Armee, der Luftwaffe und der Marine zu sein.
Alf fand sich auf seinem Zimmer wieder, wo er in einer höchst unbequemen Stellung neben Gisela auf dem Bett lag. Er fühlte mit einem Male, wie sein Magen sich zusammenkrampfte, und das machte ihn einigermaßen nüchtern. Er stolperte nach der Toilette, und als er nach längerer Zeit ein wenig erleichtert wieder ins Zimmer trat, hatte er plötzlich Augen für Gisela. Sie lag quer über dem Bett, so wie er sie verlassen hatte. Das Kleid hatte sich verschoben, und es gab eine Schulter frei. Alf ließ sich neben ihr nieder und fuhr unsicher mit der Hand in den Ausschnitt. Das Mädchen stieß einen unwilligen Laut aus. Sie hatte unter dem Kleid nicht viel an, aber Alf hatte unsichere Finger. Sie wälzte sich ärgerlich auf die Seite. „Was ist, Liebling?" fragte er einfältig.
„Schade um mein Kleid ...", murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen.
Er näherte sich ihr wieder, aber sie stieß ihn lustlos beiseite. „Das wird nichts, Bubi. Du bist betrunken. Du ruinierst nur mein Kleid. Das ist die Geschichte nicht wert..."
„Liebling...", bettelte Alf.
Sie erhob sich schwankend und streifte mit verwunderlicher Geschicklichkeit das Kleid über den Kopf. Er hob es auf und legte es auf
einen Stuhl. Als er sich umdrehte und wieder zu ihr wollte, lag sie bereits in seinem Bett und hatte sich die Steppdecke übergezogen. „Leg dich hin...", sagte sie sanft, „schlaf dich aus. Du hast viel zuviel getrunken ..."
„Aber ... es ist doch ..."
Sie rückte beiseite und machte ihm Platz. Schließlich ließ er sich unbeholfen neben ihr nieder und streckte sich aus. Er vergaß, sich
auszuziehen, und erst als er die Steppdecke ein wenig anhob, merkte er, daß das Mädchen tatsächlich am Einschlafen war. Er berührte sie ein paarmal, aber sie bewegte unwillig die Schultern und sagte abweisend: „Sei kein Kind! Es muß nicht heute sein.
Weitere Kostenlose Bücher