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Die Stunde der toten Augen

Die Stunde der toten Augen

Titel: Die Stunde der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Wir sind zerbrochen. Ich glaube, es ist nie zuvor eine Generation so zerbrochen gewesen wie wir."
    „Warasin hat mir gesagt, daß sie unsere Kriegsmaschine zerschlagen werden. Und danach müßte in Deutschland das Volk lernen, selbst zu regieren. Ich kann mir keine Vorstellung davon machen."
    „Es ist nicht nötig", sagte Zado, „wir werden das nicht mehr erleben. Vielleicht hätte es sich gelohnt. Aber jetzt ist es egal." Er sprach sehr langsam und sehr leise. Er holte mehrmals Atem zwischen den Worten.
    „Hast du Schmerzen?" fragte Bindig.
    „Vorhin, als du fort warst", sagte Zado, „da habe ich überlegt, was sie aus uns gemacht haben. Sie haben uns genommen, wie wir von unseren Müttern kamen, und haben uns befohlen, was wir zu tun haben und was wir denken dürfen. Sie haben uns gesagt, wer zu töten ist und auf welche Weise. Sie haben uns Orden gegeben und Marketenderschnaps. Sie haben uns in ganz Europa herumgehetzt, so lange, bis uns ganz Europa verflucht hat. Sie haben uns getötet. Lange bevor wir hier in diesem Loch krepieren werden, haben sie
    uns getötet ..."
    „Sie?" sagte Bindig.
    „Ja, sie." Zado verzog das Gesicht. Er hustete ein paarmal und keuchte dabei, denn der Husten ließ das Blut aus der Wunde im Leib quellen. „Später wird einmal jeder wissen, wer sie gewesen sind. Wir haben nur eine ziemlich schwache Vorstellung davon. Aber später ..."
    Drüben am Waldrand war mit einem Male Motorengeräusch. Zuerst war es nur das hohle Blubbern leer laufender Panzermotoren. Aber dann brüllten die Motoren auf, und in das Aufbrüllen der Motoren mischte sich das Geratter von Maschinengewehren. Es war, als würde plötzlich das ganze Feuer noch einmal zusammengerafft. Die Schüsse hackten die Erde auf dem Hügel in Fetzen. Von der Kuppe kam die Antwort und fuhr zwischen die Bäume, die Dunkelheit mit den zerfließenden Fäden der Leuchtspur zerschneidend. Dann krachten dort die äußeren, dünnen Stämme, und die verborgen gewesenen Panzer krochen schaukelnd, sich wiegend, ins Freie. Es waren zwei „Tiger" und ein Sturmgeschütz. Das Sturmgeschütz feuerte aus seinem kurzen Rohr auf die Hügelkuppe. Aus den beiden anderen Panzern kamen die Fäden der Leuchtspur. Das Gebell der Maschinengewehre ging unter im Gerassel der Ketten.
    In weitem Bogen fuhr das Sturmgeschütz um den Hügel herum. Die beiden Panzer kurvten im Zickzack heran. Aus den Kanonen in den Türmen schossen die Flammen der Abschüsse.
    „Jesus, sie wollen den Hügel haben ...", murmelte Zado, „sie wollen den Hügel..."
    Von der Kuppe kam der dumpfe Abschuß der Panzerbüchsen. Dann hingen mit einemmal ein paar Leuchtkugeln in der Luft, und alles war in ihr weißes, kaltes Licht getaucht.
    Hinter den Panzern schoben sich ein paar Schützenpanzerwagen aus dem Wald. Es waren kleine, wendige Fahrzeuge, die mit großer Geschwindigkeit herankamen. Und dann sprangen die ersten Infanteristen heran, in den Granatlöchern Deckung suchend, sich immer wieder hinwerfend, und schossen aus ihren Gewehren auf den Hügel. Zwischen ihnen tauchten kleine rötliche Flämmchen aus dem Boden. Die Granatwerfer hinter dem Hügel schossen unablässig. Eine der Panzerbüchsen hatte das Sturmgeschütz getroffen. Es gab einen scharfen, metallischen Krach und eine grelle Stichflamme, von einer schmetternden Explosion gefolgt. Bindig richtete sich auf und hob die Schultern über die Kante des Loches. Mit der einen Hand winkte er dem Schützenpanzerwagen zu, der hin und her kurvte und im Zickzack herankam. „Ich will nicht hier krepieren!" schrie Bindig in das Gehämmer der Waffen. „Ich will nicht... ich ..."
    Kurz hintereinander gab es zwei schmetternde Detonationen. Die beiden Panzer waren in das Schußfeld der Pak gekommen, die seitwärts des Hügels stand. Qualm und Flammen hüllten sie ein. Sie blieben liegen. Die Panzerbüchsen auf dem Hügel schossen ohne Hast auf die herumkurvenden Schützenpanzerwagen. Immer wenn sie einen davon trafen, platzte er gleichsam auseinander, und die Leiber der Soldaten, die in ihm hockten, wurden im Schein der Explosion durcheinandergewirbelt.
    Zado war zusammengesunken. Er hielt noch immer die Hand auf den Leib gepreßt, und seine Augen waren weit offen.
    Bindig sah den Schützenpanzer auf das Loch zukommen. Er war weiß getarnt. Wenn er Zickzack fuhr, war das schwarze Balkenkreuz deutlich auf der weißen Farbe zu erkennen. Es waren wieder Leuchtkugeln in der Luft. Bindig sah, daß es ein Wagen mit einem Flammenwerfer

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