Die Stunde Der Vampire
aber dennoch schneller, als ich erwartet hatte. Anscheinend musste er wirklich Angst gehabt haben, etwas zu verpassen. Er schleppte zwei groÃe Einkaufstüten. Ich stellte mir vor, wie er durch den Laden lief, Sachen in den Einkaufswagen warf und dem armen Verkäufer an der Kasse seine Kreditkarte entgegenschleuderte.
»Ich habe mit Ihrem Programmchef gesprochen. Ozzie, so heiÃt er doch, oder? Er hat mir nicht geglaubt, also sollen wir noch einmal bei ihm anrufen, damit Sie mit ihm reden können.«
Natürlich glaubte Ozzie ihm nicht, und ich konnte es ihm nicht verübeln. Bisher hatte ich das Fernsehen wie die
Pest gemieden. Ich war ja so froh, dass ich aufgeweckte Freunde hatte!
»Nun machen Sie schon«, sagte ich.
Duke, der sich immer noch seitlich von mir an der Wand herumdrückte, schenkte mir ein hässliches Knurren. »Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass Ihnen das etwas nützen wird. Die Welt wird Sie dennoch als das sehen, was Sie wirklich sind.«
»Genau das hoffe ich«, murmelte ich.
Flemming wandte sich an Stockton. »Ich habe es mir anders überlegt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir die Sache durchziehen sollten.«
»Oh nein!«, sagte der Reporter. »SchlieÃlich haben Sie mich angerufen, Sie haben die ganze Sache überhaupt erst eingefädelt. Ich will meine Story â die Sache liegt jetzt nicht mehr in Ihren Händen.«
»Machen Sie Platz, Doktor«, sagte Duke. »Lassen Sie den Mann seine Arbeit machen. Sie kann überhaupt nichts sagen, was sie vor den Ereignissen heute Nacht bewahren wird. Soll sie sich ruhig selbst belasten.«
Stockton rief Ozzie über das Festnetz an â im Keller gab es keinen Handy-Empfang. Er schaffte es, die Telefonschnur quer durch den halben Raum zu zerren, und der Hörer passte gerade eben durch den Türschlitz für Tabletts.
Ozzie kam gleich zur Sache. »Kitty, was ist los, was stimmt nicht?«
»Das wirst du noch früh genug sehen«, sagte ich seufzend. »Hat Stockton dich in alles eingeweiht?«
»Ja. Er behauptet, ihr würdet die Sendung im Fernsehen
bringen. Aber heute ist nicht Freitag, wir haben nichts angekündigt â¦Â«
»Mach einfach mit, Ozzie. Mach die Sache legal. Sichere dir die Rechte, übertrage dem Fernsehnetzwerk die Lizenzen, was immer du tun musst.«
»Bei dir alles in Ordnung?«
»Nein. Aber mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde es schon schaffen.« Das hoffte ich jedenfalls. Das hoffte ich wirklich. »Ruf Ben OâFarrell für mich an, ja? Nimm die Handynummer.«
»Sicher. Gib mir noch einmal diesen Reporter.«
Ich reichte den Hörer zurück und vermisste Ozzie auf der Stelle. Ich wünschte, er wäre hier.
Sie redeten ein paar Minuten, dann legte Stockton auf.
»Roger. Kann ich das Telefon nur noch eine Minute lang haben? Ich möchte bloà jemanden anrufen.« Genauer gesagt zwei Leute: Ich wollte Alette anrufen, und wo ich schon einmal dabei war, sollte ich Ben persönlich anrufen. Ben und Cormac auch. Drei Anrufe. Nein, eigentlich vier â Mom. Ich sollte Mom anrufen.
Als Stockton Flemming einen Blick zuwarf, erntete er ein Kopfschütteln.
So viel dazu.
Stockton brachte die Einkaufstüten an die Zelle. »Wenn ich die Tür öffne, werde ich das bereuen?«
Wie weit käme ich seiner Meinung nach, wenn ich davonliefe? »Hängt ganz davon ab. Ist Mr. Black da hinten mit Silberkugeln ausgestattet?«
Wir sahen den übrig gebliebenen Soldaten an, der mit keinem Muskel zuckte.
»Silberkugeln?«, fragte Stockton.
Er nickte, einmal, kurz. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass er ein ausgezeichneter Schütze war.
»Ich trete einen Schritt zurück«, sagte ich spöttisch. Andererseits konnte ich mich natürlich von ihm erschieÃen lassen und mir auf diese Weise die nächsten Stunden ersparen.
Stockton lieà Flemming die Tür aufsperren und einen Spaltbreit öffnen â gerade weit genug, damit er die Einkaufstüten durchschieben konnte, bevor die Männer die Tür wieder schlossen und absperrten.
Tja, die Chance, mit Glanz und Gloria unterzugehen, hatte ich mir entgehen lassen.
Ich kramte in den Tüten herum. Das Ganze hatte ein bisschen was von Weihnachten. Stockton hatte mir einen tragbaren CD-Player mit Lautsprechern und Batterien mitgebracht, einen Stapel CDs, zwei Bücher â London, Thoreau. Und das Fleisch, das ich
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