Die Stunde Der Vampire
Wissenschaftler sah zwar ganz nach einem Hochschullehrer aus, spielte jedoch seine Spielchen mit dem Nachrichtendienst und schwarzen Sondereinheiten. Welcher war der echte Flemming? Und wenn Flemming nicht in der gleichen Liga wie Leo spielte, wie Letzterer eben angedeutet hatte, in wessen Liga spielten wir dann?
»Wie weit geht es?« Meine Stimme wurde beinahe zu einem Flüstern. »Wer sitzt am Hebel, wenn nicht Flemming? Sie doch ganz bestimmt nicht. Sie sind ein geborener Lakai. «
Leo schenkte mir sein boshaftes, anmaÃendes Lächeln. »Das werden Sie nie erfahren, denn Sie werden hier nicht lebend herauskommen.«
Er kam auf uns zugeflogen. Rückblickend stürzte er wahrscheinlich nur auf uns zu, sprang angetrieben von seiner Frustration und Entschlossenheit. Doch er tat es so schnell, dass er genauso gut hätte fliegen können.
Alette musste damit gerechnet oder es gesehen haben, musste irgendwie in der Lage sein, den Ablauf der Zeit auf eine Art und Weise zu verlangsamen, die mir verwehrt war. Sie bewegte sich genauso schnell. Sie duckte sich und trat mit gewandter Anmut beiseite. Die Bewegung wirkte, als sei sie Teil einer Choreografie. Sie waren wie zwei Kämpfer in einem Actionfilm aus Hongkong, und ich war die unselige Zuschauerin, die eigentlich nur die StraÃe hatte überqueren wollen.
Alettes Bewegung sorgte auÃerdem dafür, dass die Bahn zwischen mir und Leo frei war. Ich konnte auf keinen Fall schnell genug vor ihm flüchten. Meine FüÃe bewegten sich beinahe ohne mein Zutun rückwärts, als beobachtete ich mich selbst von auÃen. Doch meine Schritte waren langsam, zaghaft. In meiner Kehle stieg ein Winseln empor. Unterwürfig, sei unterwürfig, niedriger als er â¦
Darauf würde er nicht hören.
Ich hielt meine Hand voller Kruzifixe nach vorne und machte mich bereit.
Er erreichte mich erst gar nicht, denn Alette legte ihm eine Hand um den Hals. Sie hätte eigentlich gar nicht in der Lage sein sollen, ihn aufzuhalten. Eigentlich hätte er sie einfach zur Seite schleudern und weitergehen sollen. Doch woher wollte ich so genau wissen, was ein viele Jahrhunderte alter Vampir tun konnte und was nicht? Es schien Alette nicht die geringste Mühe zu kosten, und Leo kam nicht weiter, als sei er in eine Wäscheleine gelaufen. Die Hand um seinen Hals drückte zu; ihre angespannten Sehnen waren das einzige Anzeichen körperlicher Anstrengung.
»Ich habe dir alles gegeben«, sagte sie. »Ich werde dir alles wieder nehmen.«
»Nein.« Er packte sie am Handgelenk, kratzte, versuchte, Alette von sich zu stoÃen. Er war gröÃer als sie, breiter, kräftiger, doch sie hielt ihn, als sei er aus Watte.
Sie konnte ihn nicht umbringen, indem sie ihn erstickte â Vampire atmeten nicht. Sie würde ihm schon den ganzen Kopf abreiÃen müssen. Doch sie starrte ihn nur an, fing seinen Blick mit ihren Augen auf und schien ihm Gelegenheit
zu geben, sich zu entschuldigen, sie um Verzeihung zu bitten. Um sein Leben zu betteln. Wie ein Tier, das in eine Falle geraten war, fing er an, um sich zu schlagen.
»Nein.« Er keuchte würgend. Seine Stimme versagte. »Du bist nicht meine Gebieterin, nicht mehr, du bist nicht â¦Â«
Er sammelte all seine Wut und schlug zu. Die Arme zusammen, beide Hände zu einer Faust geballt, drehte er sich und traf sie am Ellbogen. Das Gelenk knickte ein, sodass sich ihr Griff einen Augenblick lockerte â lange genug. Er entriss sich ihr und schlug hart zu, einmal in die Magengegend, einmal mitten ins Gesicht. Ein Krachen ertönte, als sei ein Knochen gebrochen. Alette blieb noch nicht einmal Zeit, überrascht zu sein.
Sie fiel nach hinten auf den Boden. Als sie sich nicht rührte, machte sich in meinem Magen Eiseskälte breit. Leo kam nun auf mich zugesprungen. Es war klar, dass er mir Schaden zufügen wollte.
Ich hielt immer noch die Kruzifixe als Schutzschild vor meinen Körper, doch Leo stürzte sich dennoch auf mich. Er legte mir die Hände auf die Schultern und stieà heftig zu, sodass wir zu Boden gingen und ich unter ihm feststeckte. Ich kratzte ihn, die Ketten waren immer noch um meine Finger geschlungen. Die Kruzifixe pressten gegen sein Gesicht.
Er zog eine Grimasse, den Mund weit aufgerissen, während er ein Zischen ausstieà und sich schüttelte, um die Kruzifixe loszuwerden. Sie hinterlieÃen Striemen auf seinen Wangen und an
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