Die Stunde Der Vampire
aussagen werden?«
Das wusste ich nicht. Ich war mit der Sendung beschäftigt gewesen, der Chance, Flemming zu interviewen, und der Anreise. Ich hatte ja Ben, der sich über den Rest den Kopf zerbrechen konnte, richtig? »Nö.«
»Es wird Ihnen gar nicht gefallen.«
Wie schlimm konnte es schon sein. »Wer ist es?«
»Joseph Duke.«
Ich stöhnte auf. Senator Joseph Duke war ein Reaktionär auf Hexenjagd. Buchstäblich: Denn in einer Welt, in der Derartiges immer noch gröÃtenteils als Mythen und Märchen betrachtet wurde, glaubte Duke inbrünstig an Hexen, Vampire, Werwölfe, all das, und hielt es für seine gottgegebene Pflicht, die Welt vor dieser Gefahr zu warnen. Einer ultrareligiösen Wählerschaft hatte er es zu verdanken, dass er immer noch im Amt war. Ich hatte ihn vor ein paar Wochen in meiner Sendung gehabt. Er hatte versprochen, für meine Seele zu beten. Es hätte mich nicht überraschen sollen. Wahrscheinlich sah er diese Anhörung als Möglichkeit, sich zu verteidigen, als seine Chance, der Welt zu erklären, dass er recht hatte.
»Es könnte schlimmer sein«, sagte ich hoffnungsvoll.
»Ja, klar. Sie könnten ein kommunistischer Werwolf sein.« Er deutete auf den Stuhl gegenüber. Davor lag, wie gewünscht, ein sehr rotes Steak auf einem Teller. Ich setzte mich, ohne sonderlich groÃen Appetit zu verspüren.
»Was haben Sie zu berichten?«, fragte er.
Ich erzählte ihm meine Geschichte. Dabei versuchte ich, es nicht ganz so gefährlich klingen zu lassen. Doch er bedachte
mich trotzdem mit diesem missbilligenden »Sind Sie verrückt geworden?«-Blick.
Er stieà ein Schnauben aus. »Die Obervampirin der Stadt hat beschlossen, Sie zu ihrem persönlichen Hausgast zu machen? Ich muss Ihnen nicht sagen, dass das unheimlich ist, oder?«
»Ich weiÃ. Aber sie ist gar nicht so übel.«
»Kitty. Sie ist ein Vampir.«
»Ja, und ich bin ein katzbuckelnder Werwolf. Habâs schon kapiert.«
»Hören Sie, die haben diese Anhörung auf den letzten Drücker zusammengeschustert. Ich habe keinen Zeitplan auftreiben können, wann die einzelnen Zeugen aussagen werden. Wahrscheinlich werden Sie morgen nicht aufgerufen werden. Meiner Meinung nach wird man erst einmal zwei Tage lang damit zubringen, Flemming in die Mangel zu nehmen. Wir sollten hingehen und uns das Ganze anschauen, um zu sehen, welchen Tonfall sie anschlagen. Um uns mit den Räumlichkeiten vertraut zu machen und so.«
Und es konnte nicht schaden sich anzuhören, was Flemming zu sagen hatte. Zu sehen, ob seine Antworten den Senatoren gegenüber vielleicht weniger ausweichend waren als diejenigen, die er mir gab.
»Was wissen wir über Flemming?«, fragte ich Ben.
»Was in den Nachrichten gebracht wurde. Er ist Arzt, er hat im stillen Kämmerchen an ziemlich durchgeknallten Forschungsprojekten mitgewirkt. Wahrscheinlich wissen Sie besser über ihn Bescheid als ich.«
»Ich weià von seinen Forschungen, seiner Arbeit am Center. Aber ich weià nicht das Geringste über ihn selbst.
Er hat gesagt, er habe seine Assistenzzeit in New York absolviert. Meinen Sie, Sie könnten ein bisschen was über ihn herausfinden?«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.« Er streckte den Arm nach einem der Papierstapel auf dem Bett aus, griff danach und reichte ihn mir. »Hier ist Ihre Post der letzten beiden Wochen. Da sind ein paar Einladungen, die Sie sich vielleicht anschauen wollen. Ihr Abstecher hier scheint sich herumgesprochen zu haben. Anscheinend hat man Sie auf ein paar Mailinglisten gesetzt, die mit den Medien zu tun haben.«
Das warâs. Jeder wusste, dass ich hier war. Selbst Leute, von denen ich nicht das Geringste ahnte, wussten, dass ich hier war. Ich sollte die Aufmerksamkeit wohl genieÃen.
»Warum sollten mir Leute Einladungen schicken?«
»Anscheinend haben Sie Prestige«, versetzte er trocken. »Sie sind hip.«
Igitt! Das war beinahe noch schlimmer, als eine Autorität zu sein.
Bei den Einladungen, die er erwähnt hatte, handelte es sich um drei Briefe, die in dicken cremefarbenen und blassgrauen Umschlägen aus dem Schreibwarenladen steckten. Ich riss sie während des Essens auf. Da war die Einladung zu einer Cocktailparty im Washingtoner Stadthaus des Abgeordneten von Colorado aus meinem Wahlkreis. Stimmenfang. Ich legte sie beiseite. Die
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