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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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ihrer Freunde und Verwandten, die »entschlafen« waren, Ehrfurcht einflößte. Er behauptete, mit »dem Jenseits« kommunizieren, Nachrichten und Beteuerungen der Toten übermitteln und Informationen offenbaren zu können, die nur die Verstorbenen oder das jeweilige Mitglied des Publikums wissen konnten. Klassisches Cold Reading. Er fand Anklang bei den Leuten, die auf Engel und Precious Moments standen.
    Ich lehnte an der Wand und betrachtete grinsend das Geschehen. Jemand in meiner Lage – ein Werwolf, der das Übernatürliche am eigenen Leib erfahren hatte – könnte vielleicht dazu neigen, an seine eindrucksvollen Kräfte zu glauben. Doch ich tat es nicht. Es war manipulativer Unsinn, und Leute wie er machten es dem Rest der Welt so schwer, an Menschen wie mich zu glauben.
    Die Sitzung sollte anfangen, und Leute von der Security mussten eingreifen, um Miles’ Bewunderer aus dem Weg zu schaffen. Seine Freundlichkeit verschwand nicht zusammen mit seinen Fans; es war keine Maske, die er für sie aufsetzte. Amüsiert schüttelte er den Kopf und strich sich auf dem Weg zur Tür den Blazer glatt.
    Er ging direkt an mir vorbei, ohne mich eines zweiten Blickes zu würdigen, und war schon durch die Tür, als er stehen blieb, zurückkehrte und sich umdrehte, um mich anzusehen.
    Â»Sie müssen Kitty Norville sein«, sagte er.
    Â»Und Sie sind Jeffrey Miles.« Ich verschränkte die Arme.
    Â»Wissen Sie …« Er kratzte sich am Kopf und schien sich auf einmal unbehaglich zu fühlen. »Ich muss etwas gestehen.
Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich bin einer von denen gewesen, die das Ganze für einen Werbegag gehalten haben. Ihre Sendung, die Sache mit den Werwölfen. Aber Sie sind tatsächlich ein Werwolf, und ich habe das Bedürfnis, mich für meine Zweifel zu entschuldigen.«
    Ich starrte ihn an, völlig verblüfft und sprachlos. Das passierte mir höchstens zum dritten Mal in meinem ganzen Leben. Der höfliche, sozialisierte Teil meines Gehirns gab sich Mühe, seine Entschuldigung huldvoll entgegenzunehmen. Der sarkastische Teil schob dem sofort einen Riegel vor.
    Er war ein Mensch, nichts weiter, soweit ich das beurteilen konnte, ohne die geschärften Sinne, die ein Werwolf besaß. Ich musste es schließlich wissen. »Woher wissen Sie das?«
    Â»Sie haben eine wilde Aura. Sehr animalisch. Das sehe ich nur bei Lykanthropen.«
    Der sarkastische Teil meines Hirns musste sich zusammenreißen, um nicht in Gelächter auszubrechen.
    Â»Tja, danke für das Vertrauensvotum«, sagte ich. »Leider kann ich es nicht erwidern.«
    Â»Zu viele erwiesene Hochstapler?«
    Â»Etwas in die Richtung.«
    Er schloss für einen Moment die Augen und entspannte sich sichtlich; seine Schultern senkten sich ein wenig, sein Gesicht wurde schlaff, als sei er an Ort und Stelle im Stehen eingeschlafen. Fasziniert sah ich ihm zu. Anscheinend bekam ich eine Gratisvorstellung geboten!
    Dann sagte er: »Theodore Joseph nimmt viel Raum in Ihren Gedanken ein.«

    Ich biss die Zähne zusammen, um nur ja nicht den Mund aufzumachen. Er hätte mir genauso gut einen Hieb in den Magen versetzen können. Ich sah weg, bevor mir die Tränen in die Augen treten konnten, wie es immer geschah, wenn ich in einem unerwarteten Moment an T.J. erinnert wurde.
    Meine Gedanken überschlugen sich. Er hätte Nachforschungen anstellen können. Er musste im Voraus gewusst haben, dass ich da wäre, also hätte er sich den Polizeibericht ansehen können; denjenigen, in dem ich T.J.s Namen erwähnte. Es gab Akten, die Miles ohne weiteres hätte ausfindig machen können …
    Er fuhr fort: »Er sagt … es gibt nichts zu verzeihen. Hören Sie auf, um Verzeihung zu bitten.«
    Das stand in keinem Bericht geschrieben. Die Polizei wusste nicht, dass T.J. tot war. Den Teil hatte ich ihnen nicht auf die Nase gebunden.
    Ich hatte T.J. niemals um Verzeihung gebeten. Nicht laut – ich meine, wie hätte ich das tun sollen? Er war tot. Und ich war schuld an seinem Tod. Es tat mir so unendlich leid, und vielleicht hatte ich das all die Wochen einfach nur einmal sagen wollen. Ich wünschte, ich hätte Gelegenheit gehabt, es ihm zu sagen. Ich wünschte, dass er hier bei mir wäre, damit ich es ihm sagen könnte.
    Und hier stand Jeffrey Miles und betrachtete mich mit einem ruhigen, mitleidigen Blick, wobei er düster

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