Die Stunde Der Vampire
dass ich in der Tat eine in den Vereinigten Staaten von Amerika gebürtige Bürgerin sei und die Verfassung durchaus auch für mich gelte. Ben war aufgesprungen und sprach davon, beim Bundesgericht Klage wegen Verletzung
der Grundrechte einzureichen. Dreschler schien leicht panisch zu sein und redete mit einem Ausschussmitarbeiter, der hinter ihr stand. Henderson schrie Duke an; Duke rief mir immer noch quasireligiöse, selbstgerechte Albernheiten zu.
Als Zuschauerin hätte ich das alles bestimmt sehr aufregend gefunden.
Inmitten des Chaos trieb jener tief vergrabene Teil meiner selbst an die Oberfläche, schlug die Krallen in die Stäbe des Käfigs, in dem ich sie hielt, wollte entkommen, wollte rennen , auf allen vieren. Sie wusste, dass sie in ein paar Stunden Gelegenheit bekäme, genau das zu tun, und sie wollte nicht länger warten.
Ich blieb sitzen und atmete ganz ruhig, weil das der einzige Weg war, um sie, die Wölfin, weiter unter Verschluss zu halten.
Dreschler streckte den Arm aus und zog einfach Dukes Mikrofon hinter seinem Rücken aus der Steckdose. Das hinderte Duke nicht daran, weiter Phrasen zu dreschen, doch jetzt war seine Stimme leiser und erreichte den hinteren Teil des Saales nicht mehr. SchlieÃlich wurde ihm klar, dass man ihn dranbekommen hatte. Allerdings benötigte er dazu überraschend lange. Er starrte Dreschler wütend an, während seine Augen hervorquollen und sein Gesicht scharlachrot anlief.
»Der Ausschuss zieht die Frage zurück«, sprach Dreschler kühl in ihr eigenes Mikro. »Und mit Verlaub, Vorsitzender, noch so ein Ausbruch, und der Ausschuss wird Ihnen das Misstrauensvotum aussprechen.«
Wie in Zeitlupe lieà Ben sich wieder auf seinem Platz
nieder. Jemand aus den hinteren Sitzreihen klatschte ein paarmal, was ein Echo in dem Saal erzeugte. Ich wagte, einen Blick über die Schulter zu werfen, um nachzusehen, wer da applaudierte. Roger Stockton, die Kamera unter den Arm geklemmt.
Dreschler seufzte. Sie klang so müde, wie ich mich fühlte. »Eine letzte Frage, Ms. Norville. Dieser Ausschuss ist zusammengetreten, um zu entscheiden, ob der Kongress der Vereinigten Staaten der Arbeit des Centers for the Study of Paranatural Biology mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, und ob die Informationen, die Dr. Flemming und das Center veröffentlicht haben, MaÃnahmen der Bundesregierung erforderlich machen oder eine Bedrohung der amerikanischen Ãffentlichkeit darstellen. Sie sind die ganze Woche über hier gewesen, Sie haben sich die Zeugenaussagen angehört, die uns vorliegen, und Sie verfügen über einen Einblick, den keiner von uns hat. Wenn Sie hier oben säÃen, was wären dann Ihre Schlussfolgerungen?«
Bat sie mich darum, ihre Arbeit für sie zu erledigen? War dies meine Chance, das Vorgehen der gesamten Regierung in die richtige Richtung zu lenken? Einen Moment lang wünschte ich mir nichts sehnlicher, als im Erdboden zu versinken. Ich moderierte eine Kultsendung im Radio, mehr nicht. Ich war keine Sachverständige. Und eine US-Senatorin erhoffte sich Rat von mir? Behandelte mich wie eine Art Autorität? Wieder einmal hatte Alette recht gehabt.
Wenn ich mich weigerte, ihnen einen Rat zu geben, den sie befolgen konnten, würde mich niemand je wieder ernst
nehmen. Ich war zu weit gekommen, um nun zu leugnen, was aus mir geworden war.
»Das hier wäre wohl meine groÃe Chance, wenn ich auf einmal zur Aktivistin werden wollte. Um die Mitglieder der übernatürlichen Unterwelt zu einer Art neuen Minderheit zu vereinigen, die die Regierung mithilfe einer Lobby in Sachen Anerkennung und Rechtsschutz beeinflussen könnte. Aber normalerweise sind solche Menschen mehr an Anonymität als an Aktivismus interessiert. Sie möchten einfach in Ruhe gelassen werden. Und Unterdrückung ist kein groÃes Thema gewesen, solange die meisten Menschen nicht glaubten, dass es das Ãbernatürliche überhaupt gibt. Dr. Flemming hat diese Leiden nun aus dem Reich der Mythen geholt und in den Bereich wissenschaftlicher Forschung gestellt. Das ist gut, vorausgesetzt, es geschieht aus den richtigen Beweggründen. Ich mache mir jedoch Sorgen um die Forschungen des Centers, gerade weil dessen Motive unklar sind. Und da diese Leiden nun im Blickpunkt der Ãffentlichkeit stehen, mache ich mir Sorgen, dass die eben angesprochene Unterdrückung einsetzen könnte.
Ich denke, es ist zu
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