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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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trat und in ihr Blickfeld geriet. Er trug den orangefarbenen Federbusch eines Truppenführers der Minwanabi, und seine Figur entsprach der des Offiziers, den Mara dabei beobachtet hatte, wie er seine blutige Klinge aus Papewaios Körper zog.
    Die Konkubine ging hinter ihm; sie war in dunkle Seide gehüllt. Kostbarer Metallschmuck steckte in ihrem goldbraunen Haar, und Armreifen glitzerten an ihren Handgelenken. Als sie durch die Tür trat, stellte sich Arakasi gewandt vor ihre Begleitung. »Wir beide warten hier … bis wir gebraucht werden.«
    Es entsprach dem Protokoll, daß ein bewaffneter Krieger sich seiner Herrin nur mit ihrer Erlaubnis nähern durfte. Er winkte Teani über die Türschwelle, und die Lampen flackerten in einer vom See herüberwehenden Brise.
    Mara sah mit steinernem Blick zu, wie Teani sich verbeugte. Obwohl die Konkubine eine kurvenreiche Figur besaß, wirkte sie bei näherem Hinsehen gar nicht so weich. Sie bewegte sich mit der Eleganz einer Jägerin, und ihre Augen spiegelten Schläue und Zuversicht. Mara musterte die Frau mit geübten Augen, doch geschickt plazierte Seidenfalten enthüllten nichts als verführerische Dreiecke aus nackter Haut. Wenn Teani Waffen bei sich führte, so waren sie gut verborgen.
    Mara war sich plötzlich bewußt, daß die Konkubine sie ebenfalls abschätzend betrachtete, und sie nickte ihr zum Gruß steif zu. »Es gibt einiges, das wir besprechen müssen.« Sie deutete auf die Kissen ihr gegenüber.
    Teani nahm die Einladung an und setzte sich. »Wir haben in der Tat viel zu besprechen.« Mit einem spitzen Fingernagel schnippte sie Staub von ihrer Manschette. »Doch es hat nichts mit irgendwelchen Geschenken von Eurem verstorbenen Ehemann zu tun, Lady. Ich kenne den wahren Grund, weshalb Ihr mich hierherbestellt habt.«
    »Tatsächlich?« Eine kleine Pause trat ein, die Mara weiter ausdehnte, indem sie Nacoya fortschickte, eine Kanne mit heißem Aub-Blütentee zu holen. Teani war beherrscht genug, die Stille nicht als erste zu durchbrechen, und schwieg. Mara begegnete dem Haß in ihren Augen mit aller Ruhe. »Ich zweifle daran, daß Ihr alles wißt, was ich sagen will.«
    Während Nacoya mit der Kanne zurückkehrte, beobachtete der Offizier, der Teani begleitete, jede Bewegung. Da Arakasi Maras Verdacht bestätigt hatte, daß Shimizu der Geliebte der Konkubine war, wußte sie seinen fanatischen Gesichtsausdruck richtig zu deuten. Er wartete angespannt wie eine Relli kurz vor dem Angriff.
    Nacoya stellte Tassen und Gewürzrindestreifen vor die Kissen. Als sie den Tee einschenkte, ergriff Teani wieder das Wort: »Ihr erwartet doch sicherlich nicht, daß ich in Euren Gemächern Tee trinken werde, Lady der Acoma.«
    Mara lächelte, als wäre die Behauptung, sie könnte einen Gast vergiften, alles andere als eine Beleidigung. »Ihr habt die Gastfreundschaft der Acoma früher sehr gern in Anspruch genommen.« Als Teani sich entrüstet wehren wollte, nippte sie ein wenig an ihrer Tasse und begann mit den Worten: »Ich habe gesehen, daß Ihr Truppenführer Shimizu als Ehrenwache mitgebracht habt. Das ist gut, denn was ich zu sagen habe, betrifft auch ihn.«
    Teani sagte nichts, doch Shimizu an der Tür verlagerte sein Gewicht auf die Fußballen. Arakasi legte die Hand locker auf seinen Schwertgriff, auch wenn er für einen echten Krieger kein Gegner war.
    Mara konzentrierte sich einzig auf die hübsche Kurtisane vor ihr. Sie sprach jetzt mit einer Stimme, die so leise war, daß die Soldaten an der Tür sie nicht hören konnten. »Meine Ehrenwache Papewaio wurde gestern nacht ermordet, doch nicht von einem Dieb. Ich sage Euch, daß Eure Ehrenwache Shimizu ihm sein Schwert ins Herz rammte und dadurch die Schutzerklärung der Minwanabi verraten hat.«
    Eine Brise vom See ließ die Lampe erneut flackern. Teani lächelte im Schatten und winkte Nacoya abrupt herbei, um sich noch Tee einschenken zu lassen. »Ihr seid keine Bedrohung für die Minwanabi, Lady Mara.« Verächtlich, als würde ihre Gegenwart außerordentlich geschätzt, krümelte sie etwas Gewürzrinde in die Tasse, führte sie an die Lippen und trank. »Papewaio kann nicht ins Leben zurückkehren, um das zu bezeugen.« Teani hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihre Stimme zu senken, und jetzt richtete Shimizu seine Augen auf die Lady der Acoma.
    Schweiß bildete sich entlang ihrer Wirbelsäule. Für ihren Vater, ihren Bruder und für Pape zwang sie sich fortzufahren: »Das ist wahr. Doch ich behaupte, Euer Herr ist

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