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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Neffe des Lords der Minwanabi, und sollte ein neuer Kriegsherr im Hohen Rat gewählt werden müssen, würde Jingu von den Minwanabi versuchen, sein Recht auf die Nachfolge zu erzwingen, zumal die Eroberungsarmee bereits unter dem Kommando seiner Familie stand. »Besonders den Minwanabi würde es sehr gefallen, einen anderen auf dem weißgoldenen Thron zu sehen«, erinnerte er den Kriegsherrn.
    Almechos Gesichtsfarbe war immer noch sehr dunkel, doch die Wut war bereits aus seinen Augen verschwunden. »Minwanabi«, zischte er. »Um diesen Aasfresser an seinem Platz zu halten, würde ich viel erdulden. Aber ich werde Euren Sohn für meine Vergebung kriechen lassen, Tecuma. Er soll sich vor mir auf den Boden werfen und durch den Needra-Mist kriechen, um vor meinen Füßen um Gnade zu betteln.«
    Tecuma schloß die Augen, als würde sein Kopf schmerzen. Was immer Bunto dazu veranlaßt haben mochte, eine solch zerstörerische Anweisung zu geben, es war sicherlich Gedankenlosigkeit gewesen und nicht der direkte Versuch, Verderben über sich und seine Familie zu bringen. Scham und Anspannung verursachten ihm Schmerzen, und er wandte sich an Mara, die sich seit dem Augenblick, da Lord Almecho die Drohungen gegen ihr Haus ausgesprochen hatte, nicht bewegt hatte. »Mara, es kümmert mich nicht, welche Befehle Buntokapi über das Senden von Dienstboten gegeben hat. Laßt Eure Sänfte und Träger bereitstellen und sagt Eurem Ehemann, daß sein Vater seine Anwesenheit hier wünscht.«
    Die Nacht senkte sich auf der anderen Seite der Läden herab, doch es kamen keine Diener, um das Zwielicht mit Lampen zu vertreiben. Mara bewegte sich etwas und warf ihrem Schwiegervater einen flehenden Blick zu. Dann nickte sie Nacoya zu, als hätte diese Geste sie zu sehr erschöpft. »Mylord Tecuma, mein Lord Buntokapi hat auch für diese Möglichkeit eine genaue Anweisung hinterlassen.«
    Tecuma fühlte, wie sein Herz noch tiefer sank. »Was hat er gesagt?«
    Nacoya gab die Anordnung ohne Dramatik weiter: »Der Mylord von den Acoma trug uns auf, falls Ihr kommen würdet und ihn sehen wolltet, sollten wir Euch mitteilen, daß Ihr fortgehen und in den Fluß pissen sollt, aber nicht auf Acoma-Land, damit seine Fische nicht verderben.«
    Wieder entstand eisige Stille; Erstaunen, Wut und blankes Entsetzen wechselten sich auf Tecumas schmalen Gesichtszügen ab. Dann brach der Kriegsherr in grollendes Gelächter aus.
    »Damit die Fische nicht verderben! Ha! Das gefällt mir.« Er sah den Lord der Anasati ernst an. »Tecuma, Euer Sohn hat seinen eigenen Vater beleidigt. Ich denke, mein Bedürfnis nach Genugtuung wird befriedigt werden. Es gibt nur eine mögliche Buße für Buntokapi.«
    Tecuma nickte steif; er war dankbar, daß die dunkler werdenden Schatten seine Trauer verdeckten. Durch die öffentliche Beleidigung seines Vaters hatte Buntokapi seine Ehre für immer verloren. Entweder mußte er diese Schande auslöschen, indem er sich selbst das Leben nahm, oder Tecuma mußte alle Blutsbande widerrufen und die Treue gegenüber seinem Sohn beenden, indem er ihn enterbte und zusammen mit seiner Familie und dem gesamten Haushalt vernichtete. Aus dem politischen Kampf zwischen Tecuma von den Anasati und Lord Sezu von den Acoma, kurzfristig entschieden durch den Tod des letzteren, würde dann eine Blutfehde werden, die sich über Generationen hinzöge, ähnlich der bereits bestehenden zwischen den Minwanabi und den Acoma. Um die Ehre des Vaters vom Verstoß des Sohnes zu befreien, wäre der Lord der Anasati verpflichtet, nicht nur Buntokapi, sondern auch den neugeborenen Erben der Acoma zu töten, den Enkel, den er bisher nicht einmal gesehen hatte. Der Gedanke raubte ihm die Worte.
    Almecho war sich des Dilemmas bewußt, in dem Tecuma sich befand, und er sprach jetzt leise und sanft in der rasch zunehmenden Dunkelheit. »Welcher Weg es auch sein wird, Ihr werdet Euren Sohn verlieren. Es ist besser, er wählt den ehrenvollen Weg und stirbt durch eigene Hand. Ich werde dann seine Beleidigung vergessen und keine weitere Vergeltung gegenüber Eurem Enkel suchen. Unsere Verbindung wäre damit nicht weiter belastet, Tecuma.« Es blieb nichts mehr zu sagen. Der Kriegsherr kehrte Mara, Nacoya und dem Lord der Anasati den Rücken und gab seiner Ehrengarde ein Zeichen. Die sechs weißgekleideten Soldaten nahmen Haltung an, drehten sich dann um und begleiteten ihren Lord aus dem großen Eßzimmer hinaus.
    Tecuma war so verwirrt, daß er in Reglosigkeit verharrte.

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