Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
Lord der Acoma sich für den Krieg entscheiden, war ihr Schicksal ebenso ungewiß. Einige mochten im Kampf fallen, und sie würden die Glücklichen sein. Andere würden durch den Strang nicht nur ihr Leben, sondern auch alle Ehre verlieren; aus vielen würden Sklaven werden, und einige wenige mochten als Gesetzlose und Graue Krieger in die Berge gehen. Sollte der Natami gestohlen werden, würden alle das Mißfallen der Götter kennenlernen.
    Die Schatten zogen sich weiter in die Länge, und die Blume verwelkte in Maras Hand, vergiftet vom Salz ihres eigenen Schweißes. Ayaki wachte im Körbchen auf. Zuerst war er damit zufrieden, mit seinen fetten Händen nach den umherschwirrenden Insekten zu schlagen, die sich an den Blüten über seinem Kopf labten, doch dann wurde er unruhig. Die Zeit für seine Mittagsmahlzeit war längst vorüber. Mara warf die abgestorbene Blume weg und stand auf. Sie pflückte eine reife Frucht von einem der dekorativen Jomach-Bäume und schälte sie für ihr Kind. Der Junge beruhigte sich, während er an dem süßen Obst kaute. Erst dann hörte Mara die Schritte, die sich von hinten näherten.
    Sie drehte sich nicht um. Wenn Papewaio am Eingang Wache stand, konnte es kein Attentäter sein. Die Priester Chochocans traten nicht ungefragt ein, und die Gärtner arbeiteten nicht, während der Herr oder die Herrin sich im Hain aufhielten, und niemand sonst durfte hereinkommen, ohne mit dem Tode bestraft zu werden. Die einzige lebende Person, die um diese Zeit ungestraft hier sein durfte, war der Lord der Acoma. Die Tatsache, daß er ohne Fanfare von seiner Wohnung in der Stadt nach Hause zurückgekommen war, zeigte Mara, daß er seinen Vater gesehen hatte und die Entwürdigung in den Augen des Kriegsherrn und die Beleidigung seines Geburtshauses ihn eingeholt hatten.
    Mara schob den letzten Bissen der Jomach-Frucht in Ayakis gierigen Mund. Sie sah, daß ihre Hände zitterten, und tat so, als würde sie die klebrigen Finger abtupfen, als Buntokapi gerade das andere Ende des heiligen Teiches erreichte.
    Er blieb mitten auf dem Weg stehen, noch in einiger Entfernung von ihr, und seine Sandalen sprühten einen feinen Regen aus Kies ins Wasser. Tausend kleine Wellen zerstörten das Spiegelbild auf der Wasseroberfläche, und die Li-Vögel über ihnen verstummten. »Frau, du bist wie die giftige Dschungelviper, deren äußere Hülle schön genug ist, um für eine Blume gehalten zu werden, wenn sie ruht. Doch ihr Angriff kommt blitzschnell, und ihr Biß ist tödlich.«
    Mara erhob sich langsam. Sie wandte sich zögernd um, ihre Finger noch rot vom Jomach-Saft. Schließlich blickte sie ihren Ehemann an.
    Er mußte ohne standesgemäße Sänfte so schnell wie möglich aus der Stadt zurückgekehrt sein, denn eine dünne Schicht heller Straßenstaub bedeckte seine Kleidung. Er trug ein einfaches Tagesgewand, vermutlich war es noch dasselbe, das er angehabt hatte, als das Klopfen seines Vaters ihn aus dem Bett geholt hatte. Der Staub verbarg die Weinflecken, die an einem Ärmel die Stickerei befleckten. Maras Blick fiel auf die Kordeln seines Gürtels, auf das abgegriffene Leder seines Schwertgriffs und die muskulöse Brust, die sie durch den offenen Kragen seines Gewandes erkennen konnte. Sie sah die Spuren von Teanis Leidenschaft auf der Haut über dem Schlüsselbein und seine hart zusammengepreßten Lippen. Erst ganz zuletzt schaute sie in seine Augen, aus denen eine Mischung aus unterdrückter Wut, kindlicher Verwirrung und Verlangen sprach.
    Mara war sich nicht bewußt, daß sie in den Augen ihres Ehemannes schön und in einem merkwürdigen Sinne unberührbar war. Sie verneigte sich. Die einzigen Worte, die ihr einfielen, schienen vollkommen unpassend.
    Buntokapi starrte sie mit einer Eindringlichkeit an, deren Anblick schmerzhaft war. »Und wie das Gift der Viper, meine Gemahlin, bringt auch deines das Herz zum Stehen. Mit meisterhafter Berechnung beteiligst du dich am Spiel des Rates. Wie konntest du wissen, welches Gesicht ich tragen würde? Das der Anasati, zu denen ich durch Blut und Geburt gehöre? Oder das der Acoma, deren Ehre zu retten ich mit einem Treueeid schwor?«
    Mara zwang sich, ihre verkrampfte Haltung etwas zu entspannen. Doch ihre Stimme zitterte leicht, als sie sagte: »Die Acoma sind eine alte, ehrenhafte Familie. Kein Lord, der ihren Namen trug, hat jemals in Schande gelebt.«
    Buntokapi ging jetzt weiter, mit energischen Schritten stapfte er am Teich entlang und baute sich vor der

Weitere Kostenlose Bücher