Die Stunde Der Woelfe
»Kitty, bist du in Ordnung?«
Pete stand hinter seinem Schreibtisch und sah aus, als stünde er kurz davor, herzukommen und Fieber bei mir zu messen. Ihm schien es gut zu gehen, er wirkte nur leicht besorgt â und schien sich auÃerdem überhaupt nicht an die sechs Vampire erinnern zu können, die sich gerade noch in der Lobby aufgehalten hatten.
»Mir gehtâs gut«, sagte ich und atmete tief ein, um wieder auf die Erde zurückzukehren. »Wie fühlst du dich, Pete?«
Er zuckte mit den Schultern. »Prima.«
»Gut.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Das ist gut. Tschüss.«
Ich verlieà das Gebäude. An den Armen hatte ich eine Gänsehaut.
Ich war schon oft um Mitternacht oder noch später nach Hause gegangen und hatte mir nie Gedanken darüber gemacht. Die meisten alltäglichen Bedrohungen, denen ich gegebenenfalls ausgesetzt wäre, konnten mir nichts anhaben. Deshalb war ich vielleicht nicht so aufmerksam,
wie ich es eigentlich hätte sein sollen. Eine leichte Brise wehte in Richtung meines Wohnblocks. Ich hatte Rückenwind. Ansonsten hätte ich den Wolf gewittert.
Er kam in voller Fahrt um die Ecke gelaufen, die Beine hämmerten auf die StraÃe, der Körper stromlinienförmig. Ein Blitz aus Pelz und bronzefarbenen Augen kam auf mich zugeschossen, und eine Sekunde später hatte er mich zu Boden geworfen. Ich lag ausgestreckt auf dem Rücken und hielt mir schützend die Arme vors Gesicht.
Ich glaubte, den Streuner gefunden zu haben. Verschwommen schoss mir durch den Kopf, dass ich so bald wie möglich Hardin anrufen und sie benachrichtigen sollte. Ich hätte gedacht, dass ein streunender Wolf erkennen würde, was ich war, und klüger wäre, als mich anzugreifen. Doch sobald er mich anhauchte, erkannte ich ihn. Er roch nach dem Rudel. Kein Streuner.
Ich rief: »Zan, lass mich in Ruhe, verdammt noch mal, du Arschloch!«
Zan saà mit gespreizten Beinen auf mir, sein Maul legte sich wie ein Schraubstock um meinen Unterarm. Er schüttelte den Kopf, während er mir die Zähne ins Fleisch schlug. Als ich schrie, zögerte er, lieà jedoch nicht von mir ab. Sollte ich versuchen, mich ihm zu entziehen, würde er mir den Arm abreiÃen.
Wenigstens konnte er mich nicht mehr mit Lykanthropie infizieren.
Mit meiner freien Hand packte ich ihn an der Schnauze und drückte zu, um seinen Kopf von mir wegzustemmen. Dafür war ich allerdings nicht stark genug. Doch ich drückte fest zu. Unter meiner Hand zerbarst Knorpel. Ich drehte
meinen Griff und zog ihm die Lefzen von den Zähnen weg. Er hustete, würgte, konnte nicht mehr durch die Nase atmen. Dann lieà er los.
Ich schubste ihn von mir. Als ich mich wegdrehte, landete ich auf dem verletzten Arm, der nachgab. Irgendwie gelang es mir aufzustehen. Zan war allerdings sofort zur Stelle, mit ausgefahrenen Krallen und offenem Maul. Als er mich dieses Mal angriff, lieà ich mich mit ihm mitrollen.
Ich stieà ihn zu Boden und landete auf ihm. Er war ein sich windendes Bündel aus Muskeln. Sein graues und schwarzes Fell war rutschig. Ich trat ihn unter die Rippen. Er jaulte auf und sprang davon; durch all die Wucht wurde ich herumgewirbelt, als sei ich eine Feder.
Tief in meinem Innern, an einem Ort innerhalb meiner Rippen und meines Herzens, reagierte die Wölfin, deren eigene Kraft danach drängte, auszubrechen. Sie befand sich in Gefahr, und sie würde etwas dagegen unternehmen.
Ich biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen das Bedürfnis an. Ich hasste es, die Kontrolle zu verlieren. Doch meine Knochen schmolzen bereits, meine Haut glitt davon.
In diesem Moment sollte ich meine Energien besser darauf verwenden, schleunigst zu fliehen, anstatt Wolfsgestalt anzunehmen. Aber sie lieà nicht mit sich reden.
Ich schrie, kauerte vor Schmerz vornübergebeugt da, wütend auf Zan, weil er mich dazu brachte, dies zu tun. Die Stichwunden an meinem Arm wurden in die Länge gezogen und brannten. Während ich zusammengekauert dasaà und mich aufgrund der Verwandlung nicht bewegen konnte, griff Zan erneut an.
Seine Pfoten landeten auf meinen Schultern; sein Kiefer schloss sich um meinen Hals. Ich versetzte ihm einen Stoà mit dem Ellbogen und entwand mich seinem Griff. Seine Krallen versenkten sich in mein Fleisch, doch mit den Zähnen bekam er mich nicht zu fassen. In der Zwischenzeit hatte ich ebenfalls Krallen. Ich
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