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Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Titel: Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra McEntire
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gemacht.« Er hielt inne und starrte zu Boden. Mir war, als hätte ich eine Träne an seinen Wimpern hängen sehen. »Ich vermisse sie. Ich vermisse alle beide.«
    »Kaleb, du musst nicht …«
    »Nein, ist schon gut.« Er sah zu mir auf, und seine Augen waren klar. Vielleicht hatte ich mich geirrt. »Wie auch immer, als ich älter wurde, entdeckte ich andere Sachen, die mir halfen, zum Beispiel, wie ruhig alles um mich wurde, wenn ich unter Wasser war. Dass ich mich gegen viele Sachen abschotten konnte, indem ich genug Mauern errichtete.«
    »Benimmst du dich aus diesem Grund wie ein Blödmann?«, fragte ich, um die Spannung ein wenig zu lockern.
    Kaleb belohnte mich mit einem Grinsen. »Gut erkannt.«
    »Ich hab auch vieles abgeblockt nach dem Unfall und selbst nach der Klinik«, gestand ich. »Hab den Kopf eingezogen. Ich hab auch vieles gelernt – Selbstverteidigung, Sarkasmus – alles, um andere fernzuhalten.«
    »Hat es funktioniert?«
    »Eine Weile.« Ich lächelte. »Langsam wird es einfacher, Leute an mich ranzulassen. Du solltest es mal versuchen.«
    »Ich sag dir, ob’s funktioniert«, erwiderte er lachend. Dann wurde sein Gesicht wieder ernst. »Außer Michael weiß es keiner, aber mein Dad hat bestimmte Wirkstoffe von Medikamenten isoliert, mit deren Hilfe ich Gefühle besser filtern kann und nicht mehr alles von allen aufnehme. Kurz vor seinem Tod hat er einen Vorrat für mich hergestellt.«
    Er zog eine Silbermünze aus der Tasche, warf sie in die Luft, konzentrierte sich auf die Bewegung und fing sie wieder auf. »Ich weiß, was du für meinen Dad tun willst.«
    Ich schaute direkt in seine blauen Augen, die genauso aussahen wie die seiner berühmten Mutter. »Für deinen Dad. Und für deine Mom. Niemand sollte ein Schicksal wie das unsere ertragen müssen. Wenn ich den Ausgang ändern kann, das Leben verbessern kann, dann ist es, als würde ich es für die ganze Welt wieder in Ordnung bringen.«
    »Mein Dad hat mir das hier gegeben, als ich sechzehn wurde. Ich hatte endlich akzeptiert, wer ich war, und war bereit, den Umgang damit zu lernen, statt davor wegzulaufen.« Kaleb hielt die Münze zwischen zwei Fingern und zeigte sie mir. In Wahrheit war es keine Münze, sondern ein silberner Reif, in den ein Wort eingraviert war. Ich kam ein bisschen näher, um es lesen zu können.
    »Hoffnung.«
    Er steckte den Silberreif wieder in die Tasche und griff nach meiner Hand. Ich überließ sie ihm. Seine war kräftig, ein bisschen rau und warm. Ich spürte nicht die Elektrizität, die ich spürte, wenn ich Michael berührte, aber ich fühlte etwas anderes.
    Trost.
    »Danke«, sagte er.
    Ich nickte.
    Michael kam allein zurück in die Küche. Hastig entzog ich Kaleb meine Hand, aber Michael musste gesehen haben, wo sie sich befunden hatte.
    Es gefiel ihm nicht.
    »Habt ihr eure Flüge gebucht?«, fragte Kaleb mit zuckersüßer Ironie. »Fliegt ihr erster Klasse?«
    Bevor sie wieder anfingen zu streiten, meldete ich mich zu Wort.
    »Apropos verreisen. Wann machen wir uns auf die Reise?«, fragte ich. Nachdem ich Kaleb kennen gelernt hatte, war ich mir noch sicherer, das Richtige zu tun. Das Problem hatte ein Gesicht bekommen und war dadurch irgendwie realer geworden.
    »Bald, hoffe ich«, antwortete Michael. »Wir müssen Cat einweihen und uns vergewissern, dass sie mit an Bord ist.«
    »Worauf warten wir?« Ich stand auf. »Lass uns gehen.«
    »Wartet. Ist das nicht ein bisschen voreilig?«, fragte Kaleb. »Du hast doch gerade erst von deiner Fähigkeit erfahren. Bist du sicher, dass du schon bereit bist?«
    Ich sah ihn an. »Je eher wir reisen, desto eher bekommst du deinen Dad zurück.«
    Kaleb erwiderte meinen Blick. Ich wusste, dass er versuchte, meine Gedanken zu lesen. Wahrscheinlich suchte er nach Spuren von Angst.
    Er würde keine finden.



34. KAPITEL
    I ch folgte Michael und Kaleb in Drus Auto. Wir überquerten den Campus und parkten vor dem Naturwissenschaftlichen Institut. Thomas hatte die klassische Architektur der gut erhaltenen Sand- und Backsteingebäude studiert, als er überlegte, in welchem Stil das Zentrum von Ivy Springs restauriert werden sollte. Wie in der Innenstadt wirkten die Gebäude stoisch, solide, behaglich. Und alt.
    Alt war schlecht für mich.
    Über eine breite Treppe gelangten wir in den ersten Stock. Der Geruch nach alten Büchern und Kreide hing in den Fluren. Eine tiefe, monotone Stimme drang aus einem der Seminarräume und erläuterte die Eigenschaften verschiedener

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