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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Privatdetektive, Signora.»
    «Dann kommt ihr nicht rein! Keiner kommt rein!»
    «In Ordnung, Signora. Wir gehen.»
    «Wohin denn?»
    «Wir berichten unseren Auftraggebern, dass wir die Wohnung Ihres Sohnes nicht untersuchen konnten. Dann müssen die sich etwas Neues einfallen lassen.»
    «Welche Auftraggeber?» Signora Orecchio riss ihre Augen weit auf.
    «Na, die Arbeitgeber Ihres Sohnes! Die vom Resort. Sie sind sehr besorgt.»
    «So?» Plötzlich ähnelte sie der Witwe Crestina und sprach auch beinahe so wie sie. «Denen trau ich nicht! Hab denen nie getraut! Alles war viel besser, als Ernesto noch für Tibero gearbeitet hat! Das war ehrliche Arbeit. Es ist keine ehrliche Arbeit, wenn man den Besitz von Reichen bewacht!»
    «Wie kommen Sie darauf, dass die Arbeit beim Resort nicht ehrlich ist?»
    «Das wisst ihr besser als ich. Ihr seid doch vom Resort! Und jetzt raus! Raus!»
    Ihre schweren Arme fuhren herrisch durch die Luft. Laura und Guerrini verabschiedeten sich respektvoll von der Signora, doch sie achtete nicht mehr auf ihre Besucher, erhob sich mühevoll und zündete vor den Madonnen eine Kerze an. Dann bekreuzigte sie sich und ließ sich wieder in ihren Sessel fallen. Leise zog Guerrini die Wohnungstür zu.
    Natürlich wartete die Witwe Crestina auf halber Treppe zum ersten Stock.
    «Na, was hat sie gesagt?»
    «Nicht viel.» Laura hätte am liebsten etwas ganz anderes geantwortet, aber da die Crestina ihnen bei ihren Nachforschungen noch nützlich sein konnte, ließ sie es bleiben.
    «Dacht’ ich mir.»
    «Haben Sie zufällig einen Schlüssel für Orecchios Wohnung?» Guerrini tat harmlos.
    «Nein! Woher denn? Die hätten mir nie einen Schlüssel gegeben! Wir kommen nicht besonders gut miteinander aus, müssen Sie wissen.»
    «Warum waren Sie dann bei Signora Orecchio in der Wohnung?», fragte Laura.
    «Weil es eine Ausnahme ist. Schließlich verschwindet nicht jeden Tag jemand. Da muss man zusammenhalten. Verstehen Sie?»
    «Ich denke schon. Ist eigentlich der Signor Scoglio zu Hause?»
    «Nein, der ist schon seit zwei Wochen bei seiner Schwester in Roccastrada. Wissen Sie, Männer können einfach nicht allein leben. Er wollte schon, dass ich seine Wäsche wasche und für ihn koche und putze. Bezahlt hätte er mich dafür. Hundert Euro im Monat. Ha, dass ich nicht lache. Ich wasche keinem Kerl mehr die Wäsche. Das können die gefälligst selber machen. Mir wäscht auch keiner die Wäsche und der Signora Orecchio auch nicht! Also dann!»
    «Ja, also dann. Buona sera, Signora Crestina.»
    Sie nickte und wartete, bis Laura und Guerrini das Haus verlassen hatten, dann eilte sie zur Tür und schloss zweimal von innen ab.

 
    HALS ÜBER KOPF stürzten sie sich in halbwegs elegante Kleidung. Es war spät, und zum Landsitz der Colaltos würden sie mindestens eine halbe Stunde brauchen. Blumen? Keine Blumen für Domenica, beschloss Guerrini. Lieber opferte er einen alten Brunello di Montalcino, Jahrgang 1985, den er eigentlich mit Laura hatte trinken wollen.
    «Du siehst gut aus», murmelte er abwesend, als Laura aus dem Bad kam und vor ihm posierte.
    «Du siehst ja gar nichts! Was ist denn los?»
    «Entschuldige! Geh nochmal ins Bad und komm langsam heraus.»
    Er riss sich zusammen, schaute diesmal genau hin. Sie sah wirklich gut aus. Eigentlich wäre es besser hierzubleiben. Diese schwarze Bluse mit dem tiefen schmalen Ausschnitt und den Rüschen stand Laura verdammt gut. Der rote Lippenstift auch und die schwarzen hohen Schuhe, die sie zu der engen dunkelblauen Hose trug.
    «Du siehst sehr italienisch aus», sagte er. «Sehr aufregend! Das hat Enrico nicht verdient!»
    «Madonna!», erwiderte Laura. «Soll ich jetzt sagen, dass seine mysteriöse Schwester deinen Anblick auch nicht verdient? Warum gehen wir eigentlich hin, wenn es so furchtbar für dich ist?»
    «Ich würde, ehrlich gesagt, lieber ins Schlafzimmer mit dir gehen, Commissaria. Sollen wir absagen?»
    «Bist du überhaupt nicht neugierig auf diesen Abend?»
    «Auf was?»
    «Auf die Geister deiner Vergangenheit zum Beispiel. Auf die Geschäfte deines Vaters, auf diese Domenica. Vielleicht ist ja auch das Essen ganz gut.»
    «Bei den Colaltos gab es früher fast immer Wildschwein. Also stell dich darauf ein.»
    «Mit Butler?»
    «So was Ähnlichem.»
    «Dann lass uns fahren, Angelo. Vielleicht wird es ja ein ausgesprochen amüsanter Abend. Und nachdem wir uns heute Nachmittag als Privatdetektive ausgegeben haben, möchte ich meinen Auftritt als

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