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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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zu so einer Schicht, dann kann uns jemand ausgraben.»
    «Vermutlich, Signora.» Guerrini sah die Frau erstaunt an. Sie zog die Schultern hoch und vergrub die Hände in den Taschen ihrer Schürze, als friere sie.
    «War nur so ein Gedanke», sagte sie ein bisschen verlegen. «Übrigens, wenn Sie in den heißen Quellen baden wollen, dann gehen Sie am besten nach Einbruch der Dunkelheit hin. Dann sind die meisten Leute weg, das ist angenehmer. Sie wissen doch, wo es ist? Am Gorello-Wasserfall unten bei der alten Mühle. Da kostet es nichts, und es gibt diese schönen runden Becken. Im Sommer ist es auch nachts voll, jetzt ist es besser!»
    «Und wo kann man gut essen?»
    «Nächste Parallelstraße von der Piazza aus. Dann hundert Meter weiter. Auf der linken Seite sehen Sie eine Osteria. Da gehen wir Einheimischen hin. Ich meine, wenn Sie gut und nicht teuer essen wollen. Wenn Sie gut und sehr teuer essen wollen, dann gehen Sie in das Restaurant an der Piazza.»
    «Grazie für diese klare Auskunft, Signora.»
    «Per piacere. Nehmen Sie jetzt das Zimmer oder nicht?»
    «Wir nehmen es.»
    «Benissimo. Ich lege Ihnen die Anmeldeformulare auf die Kommode im ersten Stock. Das ist der Schlüssel für die Haustür, und der hier ist fürs Zimmer. Frühstück gibt es nicht, aber der Bäcker an der Piazza hat Kaffee und alles, was man braucht. Ciao!»
    Als die Signora die Tür hinter sich geschlossen hatte, strich Laura über die schwere weiße Spitzendecke, die das überdimensionale Ehebett bedeckte.
    «Handgeklöppelt!», stellte sie fest. «Ich wette, dass die Großeltern der Signora in diesem Zimmer geschlafen haben.»
    «Vielleicht sind sie auch hier gestorben», knurrte Guerrini. «Deshalb die Plastikblumen und all die Heiligen und Päpste.»
    «Du magst es nicht, was?»
    «Nein, nicht wirklich! Es erinnert mich zu sehr an bestimmte Wohnungen aus meiner Kindheit. Meine Großeltern hatten auch so ein Zimmer, sogar das Schlafzimmer meiner Eltern sah lange Zeit ganz ähnlich aus.»
    «Dann passt es ja schon wieder. Vergangenheitsbewältigung: zweiter Akt!»
    «Warte nur, bis wir bei dir anfangen, Laura. Da gibt es zum Beispiel diese unangenehme Geschichte mit dem Frosch, die du mir vor ein paar Monaten erzählt hast. Und ich bin sicher, dass wir noch ein paar andere Leichen in deinem Keller finden werden!»
    «Gern! Aber jetzt sind wir mit dir beschäftigt, Angelo! Davon abgesehen gefällt es mir wirklich. Das ist für mich Italien. Nicht dieses abgefahrene Designerzeug. So sah es zum Beispiel in den Schlafzimmern meiner Tanten in Florenz aus. Allerdings mit Einzelbetten, denn sie waren nie verheiratet. Einzelbetten, Spitzendecken, Maria an der Wand und dieser kaum wahrnehmbare Geruch nach Mottenkugeln. Ich liebe es!»
    «Bene. Ich werde es aushalten! Aber vorher muss ich nochmal telefonieren. Würde es dir was ausmachen, inzwischen die Anmeldung auszufüllen?»
    Laura zuckte die Achseln, fragte nicht nach und ließ ihn allein im Schlafzimmer aller italienischer Großeltern zurück. Guerrini wählte die Nummer der Kulturschützer und ließ sich zu seinem Kollegen Tuttoverde durchstellen. Die Verbindung war wesentlich besser als in Portotrusco.
    «Pronto!» Guerrini erkannte die helle Stimme des ehemaligen Kollegen sofort, und Tuttoverde freute sich sehr über den Anruf.
    «Bist du in Rom? Lass uns essen gehen, wie früher! Warum haben wir uns so lange nicht gesehen, Angelo? Es ist eine Schande!»
    «Ja, es ist eine Schande! Leider bin ich nicht in Rom, sondern in Saturnia. Urlaub. Ich habe an dich gedacht, weil ich einer heiklen Sache auf die Spur gekommen bin und weil ich dir vertraue. Es … es ist beinahe etwas Persönliches. Ich kann darüber nicht am Telefon sprechen.»
    «Steckst du in Schwierigkeiten?»
    «Nein, nicht direkt. Aber ich hätte ein paar Fragen an dich, die mir sehr wichtig sind.»
    «Dann komm nach Rom. Aber warte mal. Ich muss morgen in die Gegend von Portotrusco. Eine ganz komplizierte Sache. Wir könnten uns zum Mittagessen in Sovana treffen. Das ist einer meiner Lieblingsorte und nur ein kleiner Umweg für mich. Hast du einen Tipp für mich, worum es geht?»
    «Schau mal unter Colalto nach.»
    «Was?»
    «Colalto. Eine alte Geschichte. Ermittlungen eingestellt.»
    «Ach.»
    «Hast du gesagt, dass du nach Portotrusco fährst? Da mache ich eigentlich gerade Urlaub mit meiner Freundin.»
    «Interessant.»
    «Hast du einen Tipp für mich, worum es in Portotrusco geht?»
    «Nein.»
    «Bene.»
    «Seit wann

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