Die Stunde des Adlers (Thriller)
beobachteten. So hatte Baron Hanns-Hermann von Hartenstein in Paris auch seine Frau kennengelernt, die italienische Diplomatin Veronica de Borquese. Noch in Paris war Sohn Constantin auf die Welt gekommen, Tochter Eleonore wurde in Brüssel geboren. Constantin hatte später Cindy, eine Engländerin, geheiratet, Eleonore einen Griechen, Vangelos, sodass sie ein buntes europäisches Völkchen waren.
Inzwischen war er seit sechs Jahren zurück in Frankfurt und einer der engen Vertrauten des Präsidenten Dohm – allerdings neben dessen Frau, wie von Hartenstein manches Mal etwas genervt feststellen musste, obwohl er Simone Dohm sehr mochte.
»Was gibt es, Claus Victor?« Beide ließen sich satt in die weichen Ledersessel fallen.
»Schlechte Nachrichten, Hanns-Hermann.«
»Das wäre ja nichts Neues.« Seit die Markigen die Wahl vor ein paar Wochen gewonnen hatten, verging kaum ein Tag, an dem sie der Bundesbank keine klugen Ratschläge gaben, die bereits mehrfach die Märkte erschüttert hatten.
»Es geht los!«
»Wann?«
»Heute!«
»Die sind doch erst seit Freitag im Amt.«
»Ja, aber seit vier Wochen gewählt. Sie verschwenden keine Sekunde.« Unbeweglich saßen sich die beiden Bundesbanker gegenüber.
»Was haben sie vor?« Von Hartenstein rückte im weichen Sessel vor, dass seine Knie fast an den kleinen Tisch anstießen.
»Wir bekommen ein Trojanisches Pferd.«
»Was meinst du damit?«
»Der Bundeskanzler hat mich um 8.30 Uhr angerufen.«
»Und?«
»Sie wollen, dass wir eine geheime Projektgruppe einrichten, gemeinsam mit ihren Leuten.«
»Die was tun soll?«
Auch Dohm rückte im Sessel vor, während er mit dem Zeigefinger ein »D« auf den Tisch malte.
»Das ist nicht dein Ernst! Auf welcher Basis soll das denn passieren?« Von Hartenstein wusste sofort, was das bedeutete. Natürlich war mit so etwas irgendwann und irgendwie zu rechnen gewesen, aber unmittelbar nach der Vereidigung die Bundesbank zu unterlaufen, das hätte er nicht gedacht. »Die wollen sofort die D-Mark zurück? Keine Verhandlungen mit der EZB? Keine Absprache mit der EU?«
Dohm nickte nur. Auch wenn er als Präsident der Deutschen Bundesbank mit großem Respekt auf die D-Mark zurückschaute, sehnte er sich nicht danach zurück.
»Operation D-Day soll das Ding heißen. Beschluss des Bundessicherheitskabinetts, Hanns-Hermann. «
»Geht das überhaupt? «
»Die machen aus Währungspolitik Sicherheitspolitik. So einfach ist das. Das ist Politik. Die können sich ja nicht ins Konklave nach Rothwesten zurückziehen wie damals anno 1948, als die D-Mark das erste Mal eingeführt wurde.«
»Nein, die machen aus Währungspolitik einen Währungskrieg, das ist es, was sie machen, Herr Präsident. Nix Konklave, das ist Konfrontation pur.«
»Nun beruhige dich. Ich habe mir überlegt, diese Projektgruppe erst einmal an- und dann ins Leere laufen zu lassen, Hanns.«
»Die wollen den totalen Währungskrieg, Claus.«
Immer näher rückten die beiden Männer einander mit den Gesichtern, beide hatten ihre Arme auf den Tisch gelegt. Von Hartenstein wusste, dass Dohm bei »wir« eigentlich meinte, dass ihm etwas einfallen sollte.
»Und dann, Claus?«
»Und dann und dann und dann …« Wie ein Flummi ruckte der kleine Mann zurück, sprang auf. Fast hätte er den Kaffee verschüttet. Dohm hob die Hände. Er lief zu seinem Schreibtisch, griff nach einer Mappe und zog wild gestikulierend Zeitungsartikel heraus, die wie einzelne Bömbchen auf dem Boden landeten. »… niemand sagt, was dann passiert, nur ökonomische Scheißanalysen unter ansonsten gleichen Bedingungen.«
»Ich kenne die alle selbst, Claus Victor Dohm, aber du bist der Präsident der Deutschen Bundesbank. Du musst die Antwort haben. Ich habe dich seit Langem gewarnt, lange vor der DMP. Aber du hast mir ja gesagt, ich verstünde nichts von Politik.«
Ganz nah standen sie nun beieinander, denn von Hartenstein war dicht an Dohm herangetreten, die Zeitungsartikel lagen auf dem Boden, genau zwischen ihnen eine Titelstory, eine dieser »Titanic«-Szenario-Geschichten, eine fiktionale Story über den Untergang des Euro. Und wie bestellt flatterte daneben eine Umfrage zu Boden, dass sich die Deutschen mehrheitlich die D-Mark zurückwünschten. Daneben mehrere Magazin-Titel mit einem Mark-Stück darauf, sinnigerweise selbst auf dem Wirtschaftsmagazin Euro .
2012 hatte das alles an Fahrt gewonnen. Immer häufiger brachten die Medien große Geschichten über die D-Mark, die Dohm
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