Die Stunde des Adlers (Thriller)
Familie zu ernähren, Selbstversorger, autarkes und archaisches System. Nahrung ist wichtiger als eine Währung. Und so weiter, Herr Professor von Hartenstein.«
»Aber das sind doch Selbstverständlichkeiten.« So langsam begann sich der Bauer von Hartenstein für die Banker zu interessieren, zumindest für den älteren.
»Das sind sie nicht! Sie haben einen anderen Blick auf die Dinge – kein schöner Land eben.«
Wieder mischte sich der junge Banker ungefragt ein. »Ich habe Researcher unterwegs, die nach Gelegenheiten zur Anlage für vermögende Private suchen.«
»Und die wollen Land kaufen?«
»Kein schöner Land eben.«
Von Hartenstein schwieg, durchaus verblüfft. Er hatte ja Land, im Fall der Fälle konnten sich die von Hartensteins selbst ernähren. So hatte er aber über die Sache noch nie nachgedacht, auch wenn es offensichtlich war. »Was wollen Sie von mir? Ich bin kein Ökonom, ich bin ein reiner Agrarwissenschaftler – Bodenqualität, Anbaumöglichkeiten, welche Früchte und welches Getreide sind wie effizient. Das ist alles. Was das brächte? Keine Ahnung.«
»Lassen Sie mich erklären, warum wir zu zweit hierhergekommen sind und nicht nur ich als der zweitgeborene Bauernsohn.«
»Bitte.« Sein Interesse war geweckt, wie beide Banker feststellen konnten.
»Mein jüngerer Kollege hier ist Spezialist für strukturierte Finanzierungen. Der kann alles finanztechnisch basteln, was man so braucht oder auch nicht.« Dabei zog der Alte einmal die Braue hoch. »Aber wenn man es richtig einsetzt, kann es sehr hilfreich sein, um Kunden vor allem eines zu geben: Sicherheit. Er kann in einem gewissen Rahmen Werte absichern: Immobilien, Aktien, Anleihen, Gold, Silber, Rohstoffe, Währungen – was immer Sie wollen.«
»Was hat das mit Land zu tun?«
»Genau das ist der Punkt. Wir zwei«, und dabei zeigte er noch einmal auf seinen jüngeren Kollegen, »arbeiten seit ein paar Jahren zusammen, wobei meine Aufgabe eine andere ist: Ich betreue bei uns vermögende Privatkunden, sehr vermögende. Zehn Millionen Euro aufwärts.«
»Oder vielleicht 20 Millionen D-Mark, wenn man diesen verrückten Markigen folgt.«
»Sie treffen den Nagel auf den Kopf.«
»Wieso?«
»Sie sagen ›vielleicht‹.«
»Na ja, wie auch immer der Umstellungskurs sein würde.«
»Was ist, lieber Professor von Hartenstein, wenn es ganz anders käme? Wenn Geld nichts mehr wert wäre?«
»Das ist doch blanker Unsinn!« Dabei musste er an seinen Bruder denken.
»Lassen Sie es Unsinn sein, aber es gibt viele Menschen, die das anders sehen.«
»Und einige von denen haben sehr viel Geld.« Der junge Banker konnte es nicht lassen, sich immer wieder in das Gespräch zweier Bauernsöhne einzumischen.
»Die suchen Land. Land zum Überleben. Die sind bereit, auf Rendite zu verzichten und sich Land zum Leben zu sichern: Essen. Trinken.«
»Dann sollen sie sich doch einen Hof kaufen. Ist doch kein allzu großes Problem.«
»Doch, ist es sehr wohl.« Der junge Banker stand auf. »Wenn die Währung zerfällt, ist es möglicherweise nicht einfach mit einer neuen getan. Ein Währungsschnitt ist das Mindeste. Das Maximale wären Krieg, Hunger und Tod.«
»Setzen Sie sich bitte wieder, so etwas macht ein so schwieriges Gespräch noch unruhiger.« Wie ein ermahnter Pennäler hockte der Jüngere sich wieder hin.
»Wir suchen einen Berater, der uns hilft, Land zu finden, das zwei Kriterien erfüllt: Erstens – es muss in einer sicheren Gegend liegen, und zweitens – es muss genug abwerfen, um die Investoren zu ernähren. Wie viel Land braucht man, um, sagen wir, 100 Erwachsene und deren Kinder zu ernähren? Und zwar autark. Es braucht also Wasser für Energie, es braucht Tiere, die notfalls den Pflug ziehen könnten, ehe sie später als Fleisch gegessen würden …«
»Das sind andere Tiere. Es gibt Arbeits- und Schlachttiere …«
»Milch, Wein.«
»Sie brauchen auch Holz, wenn möglich sogar Diesel oder Rapsöl, einen Schmied und einen Zimmermann, wenn Sie alles allein machen wollen.«
»Genau, und eben dafür brauchen wir Sie, weil wir das nicht wissen, Herr Professor von Hartenstein.«
»Das wäre ja wie ein alter Gutshof.« Von Hartenstein sprach fast zu sich selbst, wie der Ältere feststellte. Er hatte letztlich zwar gelesen, dass es in der Ukraine Güter gab, die größer als ganz Belgien sein sollten, richtige agrarische Großbetriebe. Aber ein kleiner Gutshof, der 100 Leute und deren Arbeiter autark ernährte?
»Auch das ist
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