Die Stunde des Adlers (Thriller)
richtig, mit einem Zusatz.«
»Der da wäre?«
»Dass der Gutshof in einer von kriegerischen Auseinandersetzungen wahrscheinlich ungefährdeten Gegend liegen muss. Dafür brauchen wir einen Experten; denn in Mecklenburg kann so ein Gut sicher nicht liegen.«
»Sie sind doch absolut verrückt!«
»Kann sein, aber diese Sicherheit wollen unsere Investoren haben, wenn sie auf Rendite verzichten. Und sie müssen Gewissheit haben, dass sie den Hort der Sicherheit im Konfliktfall noch erreichen können.« Sobald der Ältere ihm das auseinanderlegte, hatte von Hartenstein plötzlich sogar Angstschweiß auf der Stirn, sodass er schließlich selbst aufstand.
»Ich werde mir das überlegen. Ich melde mich bei Ihnen.« Baron Professor Dr. Carl Hubertus von Hartenstein reichte den beiden Bankern die Hand. Über diesen Unsinn wollte er in Ruhe nachdenken. Doch eines hatte er gerade verstanden: So unsinnig war das gar nicht, denn auch Hartenstein hatte schon einmal im Kriegsgebiet gelegen. Sein Vater hatte Hunger gelitten, und das als Sohn eines Gutsbesitzers. Das musste er mit seinem Bundesbanker-Bruder besprechen. So verrückt konnte die Welt doch nicht sein, mit oder ohne D-Mark, mit DMP und einer neuen markigen Bundesregierung.
16.00 Uhr
Hanns-Hermann von Hartenstein ließ warten – etwas, das gar nicht seinem persönlichen Naturell entsprach und von ihm nur als zermürbende Sitzungstaktik eingesetzt wurde. Am späteren Morgen hatte er sich mit seinen Leuten auf die heutige Sitzung vorbereitet. Hutter musste er mehrfach zurechtweisen, weil dessen Protokoll mehrere Fehler enthielt. Von Hartenstein hatte aber zu wenig Zeit, um sich darüber zu wundern, denn Hutter war sonst extrem zuverlässig, und eine andere Person konnte er nicht einsetzen. Das Papier war ein Steuerungsmodul für ihn, weil die Gegenseite es immer erst in der Sitzung zu lesen bekam.
Mit einem kurz in den Raum geworfenen »Entschuldigung« teilte der zu spät gekommene von Hartenstein beim Vorbeigehen das Protokoll an die Gegenseite einzeln aus und drückte Hutter die Exemplare für seine Leute in die Hand. Während er sich einen Kaffee eingoss, studierte die Projektgruppe das Protokoll, und als von Hartenstein gerade einen ersten Schluck zu sich nahm, hörte er schon die spitze Stimme seines Gegenübers.
»Das Protokoll akzeptiere ich nicht, von Hartenstein.«
»Ich habe die Sitzung noch gar nicht eröffnet.« Von Hartenstein war überrascht, wie schnell Kuhn das Protokoll gelesen haben musste.
»Dann sollten Sie das nächste Mal pünktlicher sein.«
»Der Präsident. Entschuldigung, morgen ist EZB-Ratssitzung wie alle 14 Tage donnerstags.«
»Haben Sie jetzt eröffnet?« Kuhn schien heute sehr angriffslustig zu sein und gut vorbereitet. Sonst hätte sie die Knackpunkte nicht so schnell finden können.
»Herr Dr. Hutter, notieren Sie, dass die heutige Sitzung der Projektgruppe um 16.07 Uhr eröffnet wurde und ich zur Genehmigung des Protokolls das Wort an Frau Staatssekretärin Kuhn übergebe.« Hutter schaute nicht auf – schon gar nicht in Richtung Kuhn – und machte sich eine Notiz auf Papier.
»Bitte, Frau Kuhn. «
»Ich akzeptiere nicht, dass der Name dieser Gruppe ›Projektgruppe Währungsfragen‹ sein soll, und vor allem akzeptiere ich nicht, dass die von Ihnen gemachte Zusammenfassung als Gruppenmeinung dargestellt wird. Das war Ihre Meinung.«
»Die ohne Widerspruch blieb.«
»Sie glauben doch nicht, dass ich es unwidersprochen lasse, dass die Wiedereinführung der D-Mark politisch nicht überlebt werden könnte, oder?«
»Jedenfalls hat es keinen Widerspruch gegeben. Sonst wäre es ja protokolliert worden. Aber wenn Sie es wünschen, dann ändern wir das eben. Wie hätten Sie es gerne?« Die beiden blitzten sich an, während die anderen noch betreten im Protokoll lasen. Nur Hutter saß bereits mit dem Stift in der Hand, ohne allerdings aufzublicken.
»Schreiben Sie, Dr. von Hartenstein fasste zusammen. Und nehmen Sie als Änderung auf, dass ich, dass wir«, und dabei schaute Kuhn auf ihre Truppe, als wäre ihr gerade wieder eingefallen, dass sie nicht allein hier war, »uns eine politische Bewertung in dieser Gruppe verbitten. Das ist und bleibt Aufgabe der Politik. Dazu zählt auch die Frage, was ein souveräner Staat alles machen und lassen kann.«
»Die Frage der Souveränität verlangt Souveränität auf allen Seiten, Frau Staatssekretärin.«
»Das sehe ich anders.«
»Nun, wir werden unseren Standpunkt hier
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