Die Stunde des Jägers - EXOCET
mit wem ich es zu tun habe.«
»Selbstverständlich.« Garcia öffnete seine Aktentasche und nahm eine dünne Mappe heraus, die er über den Tisch schob.
Bobst klappte sie auf, betrachtete das darin liegende Foto und überflog die Personalpapiere und andere Dokumente.
»Ausgezeichnet«, sagte er endlich. »Wo soll er wohnen?«
»Ein Hotel schien nicht angebracht«, antwortete Garcia, »und die Botschaft noch weniger. Ich habe in der Avenue de Neuilly, direkt am Bois de Boulogne, in einem Mietshaus eine kleine Wohnung für ihn gemietet.« Er reichte ihm eine Karte. »Das sind die Adresse und die Telefonnummer.«
»Gut.« Bobst nickte. »Ich werde mich mit ihm in Verbindung
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setzen, sobald er da ist.«
Garcia sagte: »Es würde mich interessieren, wann wir etwas Näheres über den Plan erfahren dürfen.« Seine Stimme war ein bißchen gereizt. »Ich meine, Sie haben bisher nicht mal angedeutet, woher Sie die Exocets bekommen wollen.«
»Das werde ich auch nicht tun«, erwiderte Bobst. »Das heißt, bis zum letzten Augenblick. Dies ist eine sehr delikate Sache. Je weniger Leute meine Quellen kennen, um so besser. Tut mir leid, aber so arbeite ich nun mal.« Er zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie nicht zufrieden sind, können Sie den Auftrag natürlich noch zurückziehen.«
»Guter Gott, nein«, sagte Garcia hastig. »So habe ich es nicht gemeint, ich bitte Sie.«
»Das freut mich. Wenn Sie uns nun bitte einen Moment allein lassen würden? Sie können nach nebenan gehen. Wanda wird Ihnen sicher noch eine Tasse Kaffee machen.«
Garcia verließ das Zimmer. Below sagte: »Amateure. Was, zum Teufel, soll man mit ihnen machen?«
»Dafür sorgen, daß sie keinen Schaden anrichten, das ist alles«, antwortete Bobst. »Ich habe Bernard schon alles klargemacht, daß er Garcia auf keinen Fall sagen soll, was ich von ihm will.«
»Er weiß also noch nicht, daß Sie sich für die Ile de Roc interessieren?«
»So ist es.«
»Können Sie sich aber auf Bernard verlassen?«
»O ja, der gute Professor scheint wirklich Haare auf den Zähnen zu haben. Für ihn ist die Angelegenheit so was wie ein heiliger Krieg gegen die Briten. Ich habe ihm nichts Genaueres gesagt, aber er denkt offensichtlich, ich wollte einen der Aerospatiale-Laster entführen, die dann und wann Exocets zur Verschiffung nach der Ile de Roc zum Hafen bringen. Wenn er wüßte, was ich wirklich vorhabe, wäre er vielleicht weniger
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erfreut. Jedenfalls ist er bis jetzt sehr gefällig gewesen.«
»Und was passiert danach mit ihm?«
»Ich denke, etwas angemessen Dramatisches. Er könnte zum Beispiel tot aufgefunden werden, mit einem Revolver in der Hand und mit einem Abschiedsbrief, in dem er bedauert, an einem Komplott gegen sein eigenes Land teilgenommen zu haben, um der argentinischen Regierung Exocets zu liefern. Der französische Geheimdienst wird ohne weiteres feststellen können, daß er schon in einem früheren Stadium des Unternehmens technische Hilfe geleistet hat. Laut Garcia hat er bei verschiedenen längeren Telefongesprächen mit Buenos Aires viele Fragen beantwortet. Ich schätze, es dürfte sehr zufriedenstellend verlaufen. Frankreich ist immerhin eine Demokratie. Ein Hoch auf die freie Presse.«
»Sie denken wirklich an alles, nicht wahr?«
»Ich versuche es wenigstens. Und nun etwas, wobei Sie mir helfen könnten. Ich brauche eine Telefonnummer, die mich zu ein paar Männern führt, die für ein paar tausend Francs nicht davor zurückschrecken, jemanden umzulegen.«
»Wie viele?«
»Ich würde sagen, ungefähr acht. Das macht mit mir und Kemal zehn, mehr als genug für das, was ich plane, wenn es die richtigen Leute sind. Harte Jungs, bitte. Und sie dürfen nicht zuviel denken.«
»Die Union Corse ist für so etwas sehr gut«, sagte Below.
Die Union Corse war das größte Verbrechersyndikat Frankreichs, eine eindrucksvolle Organisation, deren Verästelungen bis in die Justiz und den Regierungsapparat selbst hinaufreichten.
Bobst schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Sie mögen ja erstklassige Gangster sein, aber ihr patriotisches Gewissen könnte sich rühren. Der Fluch der Franzosen, Nikolaj, haben Sie das noch nicht bemerkt? Selbst die Kommunisten hier be
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trachten sich zuerst und vor allem als Bürger der Grande Nation.«
»Sie haben recht«, räumte Below ein. »Zum Glück haben wir noch andere Kontakte. Fremdenlegionäre sind
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