Die Stunde des Jägers - EXOCET
gefragt, warum ich fliege. Ich habe dir gesagt, es sei das, was ich tun muß. Frag mich, warum ich dich liebe, und ich kann nur dasselbe antworten. Es ist das, was ich tun muß.«
Das Gefühl der Gewißheit, der namenlosen Freude, das sie durchflutete, war unglaublich. Sie nahm seine Hand. »Setzen wir uns.«
Als sie wieder am Tisch waren, bestellte er eine Flasche Dom Perignon. »Ja, Tango ist bei uns in Buenos Aires eine Art zu leben. Ich werde dir San Telmo zeigen, unsere Altstadt. Die besten Tangolokale der Welt. Wir gehen zu El Viego Almacen, dort werden sie dich an einem Abend in eine Meisterin verwandeln.«
»Wann?« sagte sie. »Wann wird das sein?«
»Oh, ich will verdammt sein«, sagte Bobst neben ihnen. »Senor Montera! Das nenne ich eine angenehme Überraschung.«
Er stand mit Wanda am Tisch und blickte auf sie hinunter,
und Montera blieb nichts anderes übrig, als sich zu erheben.
145
Es regnete, als Paul Bernard die Taxe an der Ecke der Straße, die parallel zur Seine verlief, halten ließ, bezahlte und ausstieg. Es war ein Stadtviertel mit kleinen Büros, Geschäften und Gewerbebetrieben, tagsüber sehr lebhaft, nachts jedoch menschenleer. Er ging die Uferstraße entlang und suchte die Adresse, die Garcia vorhin in seinem Büro in der Sorbonne hinterlassen hatte. Dann fand er die Nummer und blieb stehen. Auf dem Schild über der Tür stand »Gillet & Co. Gewürzimport«. Er drückte die Klinke einer kleinen, in das Tor eingelassenen Tür herunter. Sie ging sofort auf, und er betrat das Haus, das nur von einer Lampe in einem verglasten Büroraum im ersten Stock beleuchtet wurde.
»Garcia?« rief er. »Sind Sie da?«
Hinter der Milchglasscheibe bewegte sich ein Schatten, die Tür wurde geöffnet, eine Stimme sagte: »Hier oben.«
Schnell ging er die altersschwache Holztreppe hoch. »Ich habe nicht viel Zeit. Eine meiner Doktorandinnen, ein sehr hübsches kleines Ding, hat mich für heute abend zum Essen eingeladen, um ihre Dissertation durchzusprechen. Mit etwas Glück dürfte es bis morgen früh dauern.«
Er ging durch die Tür und sah Tony Villiers, der an einem kleinen Schreibtisch saß.
»Wer sind Sie?« fragte er. »Wo ist Garcia?«
»Er hat es leider nicht schaffen können.«
»Was geht hier vor?«
Jackson packte ihn an den Schultern und drückte ihn auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich und machen Sie nur den Mund auf, wenn Sie gefragt werden.«
Villiers zog eine Smith & Wesson aus der Tasche, einen Carswell-Schalldämpfer aus der anderen und schraubte ihn auf. »Das bedeutet, daß nichts zu hören ist, wenn ich schieße, aber ich bin sicher, ich sage Ihnen nichts Neues, Herr Professor.«
»Hören Sie, was soll das?« fragte Bernard.
146
Villiers legte die Smith & Wesson auf den Schreibtisch. »Eine große Sache, ungefähr so groß wie Ihre Telefonrechnungen für Gespräche mit Argentinien. Exocets. Oh, und Leute, die Bobst heißen.«
Bernard hatte immer noch Angst, aber er war auch wütend.
»Wer sind Sie?«
»Ich war bis vor drei Tagen auf den Falklandinseln, ich habe also den Tod gesehe n. Ich bin Offizier des Special Air Service Regiment, eine Sondereinheit der britischen Luftwaffe.«
»Scheißkerl!« sagte Bernard, unfähig, seine Wut zu zügeln.
»Vielleicht. Irgend jemand hat boshafterweise gesagt, wir seien das beste Pendant zur SS, das es bei den britischen Streitkräften gibt. Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, daß ich Ihnen damit« – er zeigte auf die Smith & Wesson – »die linke Kniescheibe kaputtschießen werde, wenn sie mir nicht alles sagen, was ich wissen will. Ich weiß, es ist nicht die feine englische Art, aber es ist um so wirksamer, wir haben es in Nordirland von der IRA gelernt. Und wenn es nicht funktioniert, probiere ich es eben mit der rechten. Dann würden Sie für den Rest Ihres Lebens an Krücken gehen müssen.«
Auf dem obersten Regal am anderen Ende des Raumes stand eine Zimmerpflanze in einem Übertopf aus Keramik. Seine Hand mit der Smith & Wesson fuhr hoch, man hörte ein Geräusch, das einem leisen Husten glich, nicht mehr, und der Topf sprang in tausend Scherben.
Das reichte. Bernard sagte: »Kennen Sie einen gewissen Bobst?«
»Ja. Ich weiß auch, daß er argentinischen Agenten in Frankreich für die nächsten Tage einige Exocet-Raketen versprochen hat. Wo will er sie herkriegen?«
Bernard sagte: »Er hat es mir nicht erzählt. Soweit ich weiß, hat er es
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