Die Stunde des Jägers - EXOCET
um. »Ach ja, das ist eine Guards-Krawatte, die Sie da tragen.«
Martin McGuiness lächelte herzlich. »Hab’ ich’s nicht gewußt? Ich wollte nur, daß Sie sich wie daheim fühlen, Captain Fox.«
Fox wählte Fergusons Nummer von einer Telefonzelle aus, weil er die Vermittlung des Hotels nicht benutzen wollte. Da der Brigadier nicht in seiner Wohnung war, versuchte er den Privatanschluß in seinem Büro im Generaldirektorat und kam sofort durch.
»Ich hatte meine Vorbesprechung, Sir.«
»Das ging aber schnell. Wurde McGuiness geschickt?«
»Ja, Sir.«
»Hat er Ihnen die Geschichte abgenommen?«
»Und ob, Sir. Er will wieder Kontakt aufnehmen, vielleicht noch heute abend.«
»Gut. In einer Stunde bin ich wieder in meiner Wohnung und habe auch nicht vor, auszugehen. Rufen Sie sofort an, wenn Sie weitere Nachrichten haben.«
Fox duschte, zog sich um und ging wieder hinunter in die
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Bar, wo er sich noch einen Scotch mit Wasser genehmigte und über dies und jenes und ganz besonders über McGuiness nachdachte. Zweifellos ein cleverer und gefährlicher Mann. Mehr als nur ein Revolverheld, obwohl er genug Morde auf dem Gewissen hatte, aber einer der wichtigsten Führer, die während der Unruhen hochgekommen waren. Zu seinem Ärger stellte Fox fest, daß ihm der Mann recht sympathisch war. Das ging nicht an. Er begab sich ins Restaurant und nahm allein ein frühes Abendessen zu sich, dabei las er die Irish Press.
Danach mußte er auf dem Weg zum Salon durch die Bar, die inzwischen von etwa zwei Dutzend Leuten bevölkert war, dem Aussehen nach vorwiegend Hotelgäste – abgesehen von dem Taxifahrer, der ihn vorhin zu dem Treff mit McGuiness gebracht hatte. Er saß auf einem Hocker am Ende der Theke, hatte ein Glas Lager vor sich stehen und trug nun einen recht eleganten grauen Anzug. Er ließ sich nicht anmerken, daß er Fox schon einmal begegnet war. Fox ging weiter in den Salon, wo Ryan auf ihn zukam.
»Wenn ich mich recht entsinne, Sir, nehmen Sie nach dem Abendessen lieber Tee als Kaffee?«
»Stimmt«, erwiderte Fox, der sich niedergelassen hatte.
»Ich habe mir erlaubt, das Tablett auf Ihr Zimmer zu bringen, Sir, weil ich dachte, Sie zögen etwas Ruhe und Frieden vor.«
Er drehte sich wortlos um und ging voran zum Aufzug. Fox, der mit einer weiteren Nachricht rechnete, spielte mit, aber der alte Mann blieb schweigsam, führte ihn im ersten Stock durch den Korridor und machte ihm die Zimmertür auf.
Martin McGuiness sah sich die Nachrichten im Fernsehen an. Murphy stand am Fenster. Wie der Mann in der Bar trug er nun einen verhältnismäßig konservativen Anzug, in seinem Fall aus marineblauem Kammgarn.
McGuiness stellte den Fernseher ab. »Ah, da sind Sie ja. Haben Sie die Ente à l’orange probiert? Ist nicht übel hier.«
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Auf dem Teetablett auf dem Tisch standen zwei Ta ssen. »Darf ich einschenken, Mr. McGuiness?« fragte Ryan.
»Danke, das machen wir selbst.« McGuiness griff nach der Teekanne und sagte zu Fox, als Ryan sich entfernte: »Wie Sie sehen, ist der alte Patrick einer von uns. Du kannst draußen warten, Michael«, fügte er hinzu.
Murphy ging wortlos hinaus. »Man erzählt mir, kein Gentleman gäbe zuerst die Milch in die Tasse, aber ein echter Gentleman würde sich um solchen Mumpitz wohl kaum scheren. Bekommt man das nicht in Eton beigebracht?«
»Ja, so etwas Ähnliches.« Fox nahm seine Tasse entgegen. »Ich hatte nicht erwartet, Sie so bald wiederzusehen.«
»Viel zu tun und wenig Zeit dafür.« McGuiness trank einen Schluck Tee und seufzte vergnügt. »Hm, gut. Tja, ich habe mit dem Stabschef gesprochen, und der ist wie ich der Ansicht, daß Sie und Ihr Computer auf etwas gestoßen sind, dem man nachgehen sollte.«
»Gemeinsam?«
»Kommt drauf an. Zuerst einmal hat er entschieden, die Angelegenheit nicht mit dem Armeerat zu diskutieren, jedenfalls nicht in diesem Stadium. Sie bleibt also zwischen ihm und mir.«
»Finde ich vernünftig.«
»Außerdem wollen wir nicht, daß die Dubliner Polizei hineingezogen wird. Halten Sie also die Staatssicherheitspolizei heraus. Und der Nachrichtendienst der Armee soll auch nichts damit zu tun haben.«
»Damit wird Brigadier Ferguson sicher einverstanden sein.«
»Es wird ihm auch nichts anderes übrigbleiben, ebenso wie er akzeptieren muß, daß wir ihm unter keinen Umständen Informationen über ehemalige oder gegenwärtige IRA-Mitglieder
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