Die Stunde des Jägers - EXOCET
Tschechen vor einigen Jahren herstellten.«
»Prächtig. Vergessen Sie die nicht, wenn Sie mit Mr. McGuiness reden. Wie es im Film heißt: ›Eine falsche Bewegung, und Sie sind ein toter Mann.‹«
57
Im dichten Verkehr folgten sie weiter dem Flußlauf und hie lten dann auf halber Länge des Victoria Quay an.
»Aussteigen«, sagte der Mann in der Seemannsjacke, und Fox folgte ihm. Der Wind trieb den Regen über den Fluß; Fox stellte den Mantelkragen hoch. Der Mann in der Seemannsjakke ging unter einem Baum hindurch und nickte in Richtung eines kleinen Wartehäuschens hinter der Kaima uer. »Er hat viel zu tun und wartet nicht gerne.«
Er steckte sich eine neue Zigarette an, lehnte sich an den Baum, und Fox ging über den Gehsteig und die Stufen zum Wartehäuschen hoch. Dort saß auf einer Bank in der Ecke ein Mann und las Zeitung. Er war elegant gekleidet – offener brauner Regenmantel, unter dem ein gutgeschnittener dunkelblauer Anzug, ein weißes Hemd und eine blaurot gestreifte Krawatte sichtbar wurden. Er sah sympathisch aus, hatte einen beweglichen, intelligenten Mund und blaue Augen. Kaum zu glauben, daß dieser recht anziehend wirkende Mann seit fast dreizehn Jahren ganz oben auf der Fahndungsliste der britischen Armee stand.
»Ah, Captain Fox«, sagte McGuiness freundlich. »Nett, Sie einmal wiederzusehen.«
»Wir sind uns doch noch nie begegnet«, wandte Fox ein.
»Oh, doch, 1972 in Londonderry. Sie waren ein Cornet – heißt ein Lieutenant bei den Blues and Royals nicht so? In einem Pub in der Prior Street ging eine Bombe hoch. Sie waren damals zur Militärpolizei abgestellt.«
»Guter Gott!« Fox griff sich an die Stirn, »jetzt fällt es mir wieder ein.«
»Die ganze Straße stand in Flammen. Sie rannten in ein Haus neben dem Lebensmittelgeschäft und holten eine Frau und zwei Kinder heraus. Ich lag auf dem Dach eines Hauses gegenüber, neben mir ein Mann mit einem Armalite-Gewehr, der Ihnen ein Loch in den Kopf schießen wollte. Ich ließ das angesichts der Umstände nicht zu.«
58
Einen Augenblick lang fröstelte Fox. »Sie hatten also damals in Londonderry den Befehl über die IRA.«
McGuiness grinste. »Wie das Leben so spielt, nicht? Eigentlich sollten Sie überhaupt nicht hier sitzen. So, und was hat die alte Schlange Ferguson mit mir zu bereden?«
Fox weihte ihn ein.
Als er geendet hatte, blieb McGuiness brütend sitzen, die Hände in den Taschen seines Regenmantels, und starrte über den Liffey. »Da drüben liegt das Wolfe-Tone-Quay, wußten Sie das?«
»War Wolfe Tone nicht Protestant?«
»War er wohl. Und einer der größten irischen Patrioten.«
Er pfiff unmelodisch durch die Zähne. Fox fragte: »Glauben Sie mir?«
»Ja, sicher«, gab McGuiness leise zurück. »Ihr Engländer seid ein heimtückischer Verein, aber ich glaube euch, und zwar aus einem ganz simplen Grund. Irgendwie paßt es nämlich zusammen, Captain. Alle diese Morde im Lauf der Jahre, der Dreck, mit dem wir deswegen beworfen wurden, manchmal sogar aus dem Ausland. Ich weiß genau, wann wir nichts damit zu tun hatten, und der Armeerat auch. Der Haken ist nur, daß wir es immer den Idioten zuschrieben, den Cowboys, den Wilden.« Er grinste schief. »Oder dem britischen Geheimdienst natürlich. Daß es das Werk eines einzigen Mannes sein könnte, ein sorgfältig zurechtgelegter Plan, kam uns nie in den Sinn.«
»Sie haben doch selbst ein paar Marxisten in Ihrer Organisation«, gab Fox zu bedenken. »Vom Typ, der in den Sowjets die Retter sieht.«
»Das können Sie gleich vergessen.« McGuiness’ blaue Augen funkelten einen Moment lang zornig. »Freiheit für Irland, Irland den Iren. Für marxistischen Quatsch haben wir hier nichts übrig.«
»Und was geschieht nun? Wenden Sie sich an den Armee
59
rat?«
»Ich glaube nicht. Ich werde mit dem Stabschef sprechen und sehen, was er davon hält. Immerhin ist er derjenige, der mich geschickt hat. Offen gesagt, je weniger Leute Bescheid wissen, desto besser.«
»Wie wahr.« Fox stand auf. »Immerhin kann Cuchulain jeder beliebige sein. Vielleicht sogar jemand, der dem Armeerat nahesteht.«
»Auf diesen Gedanken bin ich auch schon gekommen.« McGuiness winkte, und der Mann in der Seemannsjacke kam unter dem Baum hervor. »Murphy fährt Sie jetzt zurück zum Westbourne. Gehen Sie nicht aus. Ich melde mich wieder.«
Fox tat ein paar Schritte, blieb stehen und drehte sich
Weitere Kostenlose Bücher