Die Stunde des Löwen
allein dafür die Verantwortung trägst.«
Born trat einen Schritt zurück und schaute Fremden fest in die Augen. Es verging eine ganze Weile, während der sich die beiden Männer schweigend anstarrten. SchlieÃlich wandte sich Fremden zur Seite und reichte Born die Kamera.
Das auf der Karte gespeicherte Video war nicht einmal fünf Minuten lang. Nachdem sie es angesehen hatten, sagte zunächst niemand etwas. Das Gesicht des Mannes, der Hugo Bruckner in den See gestoÃen hatte, war fast ausschlieÃlich im Profil zu sehen. Dennoch bestand kaum ein Zweifel, dass es sich um dieselbe Person handelte wie auf dem Phantombild. Das Modell Alexander war demnach nicht nur der mutmaÃliche Mörder der drei Frauen, sondern auch der des Bestatters.
Ein Räuspern der Rothaarigen durchbrach die angespannte Stille. Born lieà die Kamera in seiner Manteltasche verschwinden und stellte fest, dass er das Gerät samt Speicherkarte als Beweismittel hiermit sichergestellt habe. Ferner untersagte er Fremden und der rothaarigen Frau, mit irgendjemandem über das Video zu sprechen, auch nicht mit ihrem Auftraggeber Klaus Bruckner.
»So, und jetzt weihen Sie uns mal in Ihre Ermittlungen ein.«
»Was wollen Sie denn wissen?«, brummte Fremden.
»So ziemlich alles. Fangen wir mit dem Ferienhaus an. Was genau hatten Sie dort zu suchen?«
In den folgenden Minuten berichtete Fremden in leicht konfuser Chronologie von seinem ersten Besuch am See, dann auf einmal von Unterlagen aus dem Fundus seines Onkels, die dokumentierten, dass Hugo Bruckner kurz vor seinem Tod erpresst worden war, und von einem goldenen Schmuckanhänger in Form eines Löwen, den man am Geldübergabeort gefunden hatte. Die Erwähnung des Löwensymbols lieà Born sofort an die Löwenköpfe auf den Zeichnungen der ermordeten Frauen denken. Im weiteren Verlauf des Gesprächs erzählte Fremden, wie er auf die Fährte von Gregor Bronski und Edgar Rosen gestoÃen war. Der Umstand, dass der Ehemann des zweiten Mordopfers ebenfalls in den Ermittlungen des Pseudodetektivs auftauchte, war ein weiteres Indiz, dass eine Verbindung zwischen den Fällen existierte. SchlieÃlich schilderte Fremden noch seine angebliche Entführung. Von einer Scheinhinrichtung war groÃspurig die Rede und dass er um sein Leben bangend in Bademantel und Schlappen durch den Wald geirrt war. Von Schock und Krankheit einigermaÃen erholt, hatte er Tage darauf Rosens Observierung aufgenommen und herausgefunden, mit was der Mann â auÃer dem Managen von Konzerttouren und Künstlern â sein Geld machte. Born musste sich insgeheim eingestehen, dass der Typ sich für einen Anfänger gar nicht mal so blöd angestellt hatte. Und als Fremden zu guter Letzt auch noch die aus Moldawien verschleppten und an deutsche Bordelle und Saunaclubs vermittelten Frauen ins Spiel brachte, machte es bei Born gewaltig klick.
»Wow, welche Zauberformel hast du denn dem ins Ohr geflüstert? Auf einmal war der ja äuÃerst redselig und vollkommen handzahm.«
»Ich glaube, das möchtest du nicht wirklich wissen«, antwortete Born und legte die Akte Bruckner, die er ebenfalls als Beweismittel gesichert hatte, zu der Kamera auf die Rückbank. Dann schaute er durch die Windschutzscheibe auf die StraÃe. Eine mit Plastiktüten beladene alte Frau stapfte über den schneebedeckten Bordstein.
»Gut, dann will ich das eben nicht wissen«, entgegnete Mannfeld, während sie sich anschnallte. »Apropos wissen: Mittlerweile wissen wir zwar, wie der Mann aussieht und dass er, wenn er nicht gelogen hat, mit Vornamen Alexander heiÃt. Wir wissen aber immer noch nicht, wo er sich aufhält und wie sein Familienname lautet. Also, wie sollen wir an ihn rankommen? Mit Hilfe der Medien, indem wir das Phantombild veröffentlichen?«
»Damit würde ich noch warten.«
»Warten? Warum?«
»Weil ich eine bessere Idee hab. Erinnerst du dich an den Facebook-Freund von Martha Rosen?«
»An ⦠âºhotcrusherâ¹?«
»Er nennt sich âºhotcrackerâ¹. Ich glaube, dass er unser Mann sein könnte. Es dämmerte mir, als Fremden die moldawischen Nutten erwähnte. Dieser âºhotcrackerâ¹ ist in seinem letzten Post auch auf moldawische Nutten eingegangen.«
»Und du denkst, dass das kein Zufall ist?«
Kopfschüttelnd beobachtete Born die alte Frau, die sich mit ihren
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