Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
Drogenbesitz vor Gericht, kam aber beide Male mit einer Verwarnung davon. Es gab auch Gerüchte, dass sie in einen Kinderporno-Ring verwickelt sei, alles anonyme Beschwerden, aber die Kollegen vom Revier Westhill haben die Stimme erkannt –«
»Gavin Cruickshank wieder mal?«
»Genau.« Sie hatten den höchsten Punkt der Anhöhe erreicht und gingen auf der anderen Seite wieder hinunter, immer den tiefen Reifenspuren im Morast nach. »Das war noch längst nicht alles, aber es läuft im Grunde darauf hinaus, dass sie ein total verkommenes Miststück ist und dass Mr. Cruickshank sie auf dem Kieker hat, seit sie dort eingezogen ist. Die letzte Beschwerde von ihm ist am Dienstagabend eingegangen, nachdem sie ihm eine geknallt hatte.«
Logan ächzte. Kein Wunder, dass Ailsa glaubte, die Frau hätte etwas mit dem Verschwinden ihres Mannes zu tun. Ein Motiv hätte sie jedenfalls gehabt. Natürlich nur, falls Gavin nicht in Wirklichkeit an irgendeinem fernen Strand mit einer Nackttänzerin herumvögelte, während seine arme Frau krank vor Sorge zu Hause saß.
»Was ist mit Ritchie, dem Shore-Lane-Stalker?«
Rennie zuckte mit den Achseln. »Da müsste ich DI Steel noch mal fragen. Sie lässt sich nicht in die Karten gucken.«
Das wunderte ihn nicht. Nicht das kleinste Fitzelchen Ruhm wollte sie mit anderen teilen …
Plötzlich standen sie vor einer riesigen Pfütze. Bis hierhin hatte es der Transporter der Spurensicherung geschafft. Sie hatten ihn mitten auf dem Weg stehen lassen, die Hinterräder halb in dem wässrigen braunen Schmodder versunken, die Seiten mit frischen Schlammspritzern übersät. Ein kleines Stück weiter zog sich ein blau-weißes Polizei-Absperrband zwischen den Bäumen hindurch, dem Logan und Rennie folgten. Nach zweihundert Metern kamen sie zu einem Posten, der die Grenze des eigentlichen Fundorts markierte. Eine gelangweilt wirkende WPC mit einem Klemmbrett forderte sie auf, Schutzanzüge und Schuhüberzieher anzulegen, bevor sie ihre Namen aufschrieb. Die Spusis hatten mal wieder ein provisorisches Schutzzelt errichtet, indem sie die blaue Plane an den Bäumen rings um die Lichtung befestigt hatten. Genau in der Mitte dieses improvisierten Baldachins lag ein roter Textilkoffer, äußerlich identisch mit dem letzten. Er klemmte unter dem Stamm eines umgestürzten Baumes und war teilweise mit einer Schicht Kiefernnadeln und Erde bedeckt sowie mit übereinandergeschichteten Farnwedeln getarnt. »Das verstehe ich nicht«, sagte Logan, während er einem Beamten der Spurensicherung zusah, der vor dem Koffer kauerte und behutsam das Grünzeug, die Nadeln und die Erde in einen großen Beweismittelbeutel räumte. »Wieso kauft jemand einen knallroten Koffer, wenn er das verdammte Ding im Wald verstecken will? Ich meine, ist doch klar, dass das Ding auffällt wie ein bunter Hund, oder? Wieso kauft er nicht gleich einen grünen oder einen schwarzen? Wieso ausgerechnet rot?«
Rennie zuckte mit den Achseln. »Weil er wollte, dass er gefunden wird?«
»Und wieso schleppt er ihn dann in den tiefsten Wald und versteckt ihn unter einem umgefallenen Baum? Wieso tarnt er ihn mit Blättern und Zeugs?«
Eine nachdenkliche Pause, und dann: »Vielleicht, damit er leicht gefunden wird, es aber so aussieht , als wäre er schwer zu finden, sodass man ihn zwar findet, aber glaubt, er hätte nicht gefunden werden sollen, obwohl man ihn eigentlich nur deshalb gefunden hat, weil jemand wollte, dass er gefunden wird?«
Logan sah ihn an. »War das mal ein sinnvoller Satz, als Sie ihn sich ausgedacht haben? Jetzt ist es nämlich keiner mehr.«
Doc Fraser war auch schon da. Seine Arzttasche stand neben ihm auf einer ausgerollten Plastikplane, während er an einem Baum lehnte und Zeitung las. Offenbar wartete er darauf, dass das Spurensicherungsteam mit dem Einsammeln von Proben, dem Fotografieren und Filmen und dem Sichern von Fingerabdrücken fertig wurde. Jetzt blickte er von der Landwirtschaftsbeilage der P & J auf und lächelte. »Holla, Kameraden«, sagte er mit einem aufgesetzten südenglischen Akzent, »fantastischer Abend für das alte Such-die-verstümmelte-Leiche-Spielchen, was?«
Logan deutete auf den wuselnden Haufen von Spurensicherern. »Hat die Staatsanwältin sich schon blicken lassen?« Doc Fraser schüttelte den Kopf – niemand da. Nicht mal DI Steel, die doch eigentlich vor Rennie und Logan hätte ankommen müssen. Der griesgrämige alte Doc Wilson war auch irgendwo, aber wegen seiner in letzter Zeit
Weitere Kostenlose Bücher