Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
Brustkorb füllte sich mit Luft, und die Lunge kollabierte. Der rapide Sauerstoffverlust dürfte rasch zum Tod geführt haben.« Dann stellte Steel die Frage, die allen im Raum auf den Nägeln brannte: ob das Vorgehen des Täters das gleiche wie bei Rosie Williams gewesen sei? Hatte ein und derselbe Mann beide Frauen getötet? Isobels Lächeln war herablassend. »Nun, Inspector, Ihnen ist doch sicherlich bewusst, wie spekulativ solche Aussagen notgedrungen –«
Doch Steel ließ sich nicht so leicht abspeisen. »Antworten Sie einfach nur mit Ja oder Nein.«
Isobel wurde ganz starr. »Möglicherweise. Mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.«
Steel war alles andere als beeindruckt. »Möglicherweise?«
»Nun, zum einen hatte die erste Tote natürlich keine Plastiktüte über dem Kopf … Ich müsste noch einmal mein Obduktionsprotokoll konsultieren –«
DI Steel brachte Isobel mit einer herrischen Geste zum Schweigen. »Dann schlage ich vor, dass Sie genau das tun, und zwar jetzt gleich. Wir müssen wissen, ob wir es mit einem gefährlichen Irren zu tun haben oder mit zweien.« Als Isobel sich nicht von der Stelle rührte, fügte sie hinzu: »Es sei denn, Sie haben gerade etwas Wichtigeres zu tun?«
Zornbebend knallte Isobel ihre Kaffeetasse auf den nächstbesten Tisch, nickte dem Polizeipräsidenten zu, schnappte sich Brian und rauschte zur Tür hinaus, nachdem sie versprochen hatte, dass der Bericht in einer Stunde auf Steels Schreibtisch liegen würde. Es war einen Moment lang still, während die Blicke der Umstehenden von DI Steel zur Tür gingen, die hinter Isobel ins Schloss fiel, und wieder zurück zu der DI. Steel lächelte grimmig. »Ich will in dieser Sache kein Risiko eingehen«, ließ sie die versammelten Koryphäen der Verbrechensbekämpfung wissen. »Es stehen Menschenleben auf dem Spiel.«
Und dann stürmten die Fragen auf sie ein: Inspector, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen? Was werden wir der Presse sagen? Wie viel Personal brauchen Sie? DI Steel verzog keine Miene, aber Logan konnte sehen, dass sie innerlich einen Freudentanz aufführte. Sie war wieder im Rennen.
14
Die eilig anberaumte Pressekonferenz fand um siebzehn Uhr dreißig statt, gerade noch rechtzeitig für die Sechs-Uhr-Nachrichten. Der Polizeipräsident, sein Erster Stellvertreter, DI Steel und eine attraktive Blondine von der Pressestelle saßen den Journalisten gegenüber, verschanzt hinter einer Reihe von Klapptischen, die mit dem Logo der Grampian Police geschmückt waren. Steel hatte es irgendwie geschafft, ihre wilde Mähne zu bändigen, was ihr in Kombination mit dem relativ neuen Kostüm schon fast das Aussehen einer kompetenten und entschlossenen Polizeibeamtin verlieh, und nicht wie sonst das einer Mischung zwischen einer Pennerin und einem aufgeschreckten Cairn-Terrier. Logan stand an der rückwärtigen Wand des Saales, hinter dem Meer von Kameras und Reportern, während der Polizeipräsident der Welt verkündete, dass im Wald von Tyrebagger die Leiche einer Frau gefunden worden war … Isobel hatte Wort gehalten – es hatte weniger als eine Stunde gedauert, bis ihr Bericht auf DI Steels Schreibtisch gelandet war. Es gab nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Morden; wahrscheinlich waren beide das Werk ein und desselben Täters.
Kaum hatte der Polizeipräsident sein Statement verlesen, da schossen überall im Saal die Hände in die Höhe: »Ist hier ein Serienmörder am Werk?« – »Haben Sie schon irgendwelche Verdächtigen?« – »Was ist mit dem Mann, der schon in Untersuchungshaft sitzt?« – »Ist das Opfer schon identifiziert?« – »Warum haben Sie DI Steel mit der Ermittlung betraut?«
Der Polizeipräsident beugte sich vor und ließ die versammelten Medienvertreter wissen: »Inspector Steel genießt mein volles Vertrauen.«
»Sarah Thornburn, Sky News. Ist das denn klug, nach der Vorstellung, die Inspector Steel im Cleaver-Prozess abgeliefert hat?«
Logan konnte sehen, dass es in DI Steel brodelte, doch es gelang ihr, sich zurückzuhalten, während der Polizeipräsident erneut allen versicherte, dass DI Steel eine höchst integre, zuverlässige und erfahrene Polizeibeamtin sei und dass sie sein volles Vertrauen genieße. Sein absolutes und uneingeschränktes Vertrauen. Logan verzog das Gesicht: das war genau das, was der Premierminister immer sagte, wenn wieder mal ein hohes Tier aus der Regierung auf frischer Tat beim Stehlen oder bei irgendwelchen außerehelichen Eskapaden
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