Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
einzuzeichnen.
»Was soll das mit den Zivilfahrzeugen denn bitte schön bringen?«, fragte Steel, während sie sich ausgiebig mit dem Finger im Ohr bohrte. »Da unten lesen doch dauernd irgendwelche schmierigen Drecksäcke Frauen auf. Wie sollen wir da unseren Mann erkennen? Sollen wir sie etwa alle herauswinken und fragen –« Sie senkte ihre Stimme um eine Oktave und sagte in einem breiten Ost-Londoner Akzent: »›Verzeihnse, Sir, hamse die Nutte aufgelesen, um se totzuprügeln, oder wolltense nur mal wieder ordentlich einen wegstecken?‹« Sie lächelte ihn mitleidig an. »Guter Plan, wird ganz bestimmt funktionieren.«
Logan funkelte sie an. » Wenn Sie mich bitte mal ausreden lassen würden. Wir setzen ein paar weibliche Constables als Lockvögel ein und lassen sie da unten ihre Runden drehen. Wenn jemand sie irgendwohin mitnimmt, können wir sie per Peilsender mit den Zivilfahrzeugen verfolgen und den Kerl auf frischer Tat ertappen. Was halten Sie davon?«
Steel rümpfte die Nase und betrachtete eingehend Logans grobe Skizze. »Ich glaub zwar im Leben nicht, dass das funktioniert, aber was haben wir zu verlieren?«, sagte sie schließlich. »Also, dann suchen Sie sich mal ein paar Kolleginnen aus. Aber vergessen Sie nicht, der Kerl hat’s mit Rosie Williams und Michelle Wood getrieben, also kann er nicht allzu wählerisch sein. Ich will ein paar richtig hässliche Schnepfen.« Logan sagte, er würde sehen, was sich machen ließ.
Es war ein idealer Tag, um Handtücher aufzuhängen: Die Sonne schien, eine milde Brise wehte, und es gab keine Mücken. Ailsa lächelte; diese schlichten häuslichen Verrichtungen erfüllten sie mit tiefer Befriedigung. Gavin hatte ihr versprochen, heute einmal früher von der Arbeit nach Hause zu kommen. Es würde also ein besonderer Abend werden – sie hatte nämlich gerade ihren Eisprung.
Sie nahm das letzte Handtuch aus dem Korb und hängte es an die Leine. Fertig. Und dann stieg ihr der unverkennbare, durchdringende Geruch von Zigarettenrauch in die Nase; über den Zaun wehte er aus dem Nachbargarten herüber. Es war der Freund mit dem spitzen Kinn, und er war wieder einmal grün und blau im Gesicht. Ailsa konnte einfach nicht begreifen, warum er immer noch mit dieser schrecklichen, ständig betrunkenen, vulgären, gewalttätigen Frau zusammen war. Jeder normale Mann hätte sie doch spätestens verlassen, nachdem sie ihm das erste Mal die Nase gebrochen hatte. Oder wenigstens nach dem zweiten oder dritten Mal …
Der Freund lehnte mit dem Rücken an der drehbaren Wäschespinne und rauchte. Beim Ausatmen zuckte er zusammen und fuhr sich mit der Hand an die Rippen; er merkte nicht, dass Ailsa ihn beobachtete. Nachdem er seine Zigarette aufgeraucht hatte, schnippte er den Stummel ins knietiefe Gras, wo er im wuchernden Unkraut verschwand.
Aus dem Haus kam ein lautes Brüllen, und der Freund fuhr zusammen. In diesem Augenblick fing er Ailsas Blick auf, und sie wusste, dass er genauso ein Gefangener dieses schrecklichen Drachens war wie sie und Gavin. Diese Frau war wie ein Fleischwolf, in dem jede Seele, die das Pech hatte, hineinzugeraten, zu einem blutigen Brei zerhackt wurde. Resigniert, mit hängenden Schultern, schlurfte der Freund ins Haus zurück.
Ailsa sah ihm schaudernd nach. Gut, dass sie nicht so waren wie diese Leute …
Während DI Steel mal wieder eine ausgedehnte Zigarettenpause machte, blätterte Logan Michelle Woods Autopsiebericht durch. Der Mörder hatte es fertiggebracht, ihr ein Bein, beide Arme und nahezu sämtliche Rippen zu brechen. Mehrere innere Organe waren gerissen – wahrscheinlich, als der Täter auf ihrem Bauch herumgetrampelt war. Außerdem hatte er mit Fäusten, Füßen oder einem Stein mehrfach auf ihren Kopf eingeschlagen und -getreten … Da hatte sich jemand wirklich ins Zeug gelegt. Seufzend betrachtete Logan eines der Tatortfotos: eine Hochglanz-Farbaufnahme im Format 20 x 25, die Michelles Kopf mit der Plastiktüte darüber zeigte. Kein Zweifel: Der Kerl lernte dazu. Jeder Mord ein Stückchen brutaler als der vorige, bis …
Logan fluchte. Wie hatte er das bloß übersehen können? Er rief nach DC Rennie. »Los, holen Sie Ihren Notizblock raus – ich brauche jemanden, der unten am Hafen Streife läuft, der mit der Gegend vertraut ist und die Mädels kennt. Wir –«
»Verzeihung, Sir.« Es war PC Steve. Er steckte den Kopf zur Tür herein und grinste Logan unsicher an. »DI Insch möchte Sie sprechen.«
Logan stöhnte. Er
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