Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
nur ein einziges Mal, denn Taylor besaß ein gutes und präzises Gedächtnis. Da war noch etwas, das Danny in Bezug auf DOROTHY / ORSON nicht aus dem Kopf ging: Die Kombination schien Taylor schon sehr wichtig gewesen zu sein, sonst hätte er sie nicht dreimal aufgeschrieben.
Er blätterte durch die Seiten zu Beginn der Ermittlungen. Und da stand es. EM : Detective Chief Superintendent Phillip France. Aussagenprüfer: DS Harry O’Byrne. Harry O’Byrne dürfte aber nicht in Fleet stationiert gewesen sein. Das Krisenzentrum befand sich in Fleet, aber die Mitglieder des Ermittlungsteams kamen von überall her. Doch jemand musste gewusst haben, wo er war.
Wenn Taylor damals mit O’Byrne hatte sprechen wollen, so wollte Danny es jetzt.
Zuerst versuchte er das Naheliegende: Er googelte den Namen, startete eine Facebook-Suche. Es gab Dutzende Harry O’Byrnes, aber keinen, den Danny wiedererkannte. Harry O’Byrne war offensichtlich einer der wenigen Menschen auf diesem Planeten, die über keinen Facebook-Account verfügten. Da hatten er und Danny etwas gemeinsam.
Das Polizeirevier in Fleet war nur hundert Meter von dem Pub entfernt, in dem Danny übernachtete. Vor acht Jahren hatte er jedes Gesicht dort namentlich gekannt. Wie viele waren davon noch übrig? Ein ihm unbekannter Sergeant am Empfang hob den Kopf, als Danny durch die Tür trat.
»… Ihnen helfen, Sir?«
»Ist DS Wickes da?«
Er schüttelte den Kopf.
» DS Ronald Walton?«
Noch ein Kopfschütteln, diesmal begleitet von einem Stirnrunzeln. »Die beiden arbeiten nicht mehr hier. Darf ich fragen, wer Sie sind?«
Danny zeigte ihm seinen Presseausweis. »Ich bin auf der Suche nach einem DS O’Byrne.«
»Noch nie von ihm gehört.«
Danny erklärte, warum er mit O’Byrne sprechen wollte. Der Sergeant schrieb sich die Details auf, doch als Danny das Revier verließ, war er davon überzeugt, dass der Zettel bereits im Papierkorb lag. Er rief die Presseabteilung der Polizei von Hampshire an und fragte, wo DS O’Byrne gegenwärtig stationiert sei.
»Diese Information können wir Ihnen nicht geben.«
»Können Sie dann an DS O’Byrne eine Nachricht weiterleiten?«
»Er ist kein Angehöriger der Polizei mehr.«
»Haben Sie wenigstens eine Telefonnummer?«
»Diese Information können wir Ihnen nicht geben.«
Er kehrte in den Pub zurück und bestellte sich ein Pint. Du bist in Urlaub, sagte er sich.
Nur dass er das nicht war. Journalisten waren das nie. Es gab immer noch eine Frage, die beantwortet, noch einen Zweifel, der ausgeräumt werden musste. Es war der Preis, den man zu zahlen hatte, wenn man Skepsis zu einer der wichtigsten beruflichen Qualitäten machte. Ray Taylor war an etwas dran gewesen. Danny hatte nie erlebt, dass den Mann sein Instinkt trog. Danny würde herausfinden, worum es sich handelte. Das war er dem armen Kerl schuldig.
Doch nicht jetzt. Danny schmeckte das Pint so, dass er am liebsten gleich mehrere getrunken hätte und dann vielleicht noch ein paar doppelte Jameson obendrauf. Um genau das zu tun stand er auf, stellte aber schließlich das leere Glas auf die Theke und verließ den Pub.
Es war besser, eine Runde spazieren zu gehen.
Muss das Alter sein, dachte er sich, als er in den Nieselregen hinaustrat.
3
Er ging ohne richtiges Ziel. Das war das Fleet, das er wiedererkannte: feucht, aber nicht kalt, Autos, die vorbeizischten, das Licht aus den Läden, das in der frühen Dämmerung auf den Bürgersteig fiel. Er stellte sich unter einen Baum, um seiner Mutter eine SMS zu schicken, dass er gut angekommen sei.
Zwanzig Minuten bevor sein Taxi zum Flughafen eintraf, hatte Adriana Sanchez ihn abgefangen. Das war typisch für sie. Normalerweise wäre sie vor Mittag gar nicht aus dem Bett gekommen, aber wenn Danny einmal wollte, dass sie schlief, stand sie mit den Hühnern auf.
»Aber wohin willst du denn?«, fragte sie, als sie die Koffer sah. »O bitte, sag nicht, dass es wegen gestern Abend ist. Sag nicht, dass ich dich aus deinem Haus gejagt habe.«
Genau das war der Grund, warum Danny ihr aus dem Weg hatte gehen wollen: Verkaterte Zerknirschung war das Letzte, was er jetzt brauchen konnte.
Doch genau das bekam er.
Seine Mutter benötigte nur eine Sekunde, um sich in eine geschäftige, nervöse spanische Matriarchin zu verwandeln, die darauf bestand, ihm Kaffee zuzubereiten, sich besorgt erkundigte, ob er im Flugzeug etwas zu essen bekommen würde und wann er zurück sein würde, und er möge doch bitte nicht wegen
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