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Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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zu vergessen, einiges zu beschönigen, einiges zu verleugnen. Viele dieser Menschen hatten früher ein ganz anderes Leben, mit ganz anderen Träumen. Aber irgendwann sind sie hierhergekommen und haben beschlossen, es von nun an anders zu machen. Und genau das ist das Besondere an Penzance. Wir wissen, dass dieses Leben eine Menge wert ist. Sie haben mich gefragt, ob ich eine Ahnung hatte, dass Mr. Big, also Tretjak, in Wahrheit ein anderer war. Nein, diese Ahnung hatte ich nicht, und ich kann Ihnen auch sagen, warum nicht. Tretjak hat mir eine Version seines Lebens angeboten, und ich habe sie angenommen. Für mich war das die Wahrheit, und eigentlich ist sie es für mich immer noch.«
    »Seit wann leben Sie in Penzance?«, fragte Maler.
    »Seit 22 Jahren. Und seit 21 Jahren habe ich meine kleine Zeitung. Ich hatte früher auch ein völlig anderes Leben. Es hatte mit Ihrem heutigen Leben sogar ein bisschen was zu tun. Aber lassen wir es dabei, ich will Sie nicht langweilen und mich auch nicht. Ich mochte mein Leben früher nicht. Jetzt mag ich es sehr.«
    Maler nickte und schwieg. Wenn es so etwas gab, dann war es ein ehrliches Nicken.
    Die Platten vor ihnen auf dem Tisch hatten sich schon beträchtlich geleert. Auch Maler hatte ein paar Gabeln voll gegessen. Soweit er es beurteilen konnte, schmeckte es wirklich vorzüglich. Die vielen Tabletten der letzten Monate hatten seinen Geschmackssinn ein wenig beeinträchtigt.
    »Herr Kommissar, warum sind Sie hier?«, fragte Pendelburg.
    »Mein Kollege und Freund Rainer Gritz wurde einen Tag nach seinem Besuch hier ermordet. Er hat Tagebuch geschrieben, Privates, Dienstliches, quer durcheinander. Am letzten Abend seines Lebens schrieb er, dass er unbedingt noch einmal mit Ihnen reden müsste. Wegen der Nazis. Und dieses wegen der Nazis hat er dreimal unterstrichen. Haben Sie eine Ahnung, was er damit meinte?«
    »Ich habe Ihrem Kollegen die Geschichte von Frank Miller erzählt, Sie wissen, der Mann, der Tretjak mit dem Mähdrescher überfahren hat. Miller stammte aus Manchester und war früher ein brutaler Neonazi. Mehrfach verurteilt, saß bestimmt sechs, sieben Jahre im Gefängnis. Dann kam er irgendwann hierher, vor vier Jahren. Er heuerte als Landarbeiter bei verschiedenen Farmern an. Man sah ihm seine Vergangenheit an, er hatte überall diese Tattoos, diese Schriftzüge, diese Nazi-Runen. Aber man dachte eben, gut, das war seine Vergangenheit, solange er sich ruhig verhält, ist alles okay. Doch dann kam er vor etwa einem Jahr einmal bei mir vorbei und fragte, ob er etwas schreiben könne, in meiner Zeitung. Er habe Erfahrung als Journalist. Er wolle etwas schreiben über die vielen Ausländer, die nach Penzance kämen, das gehe doch so nicht weiter. Ich sagte, ich hätte daran überhaupt kein Interesse, und er zog murrend wieder ab.«
    »Das haben Sie Gritz erzählt?«
    »Ja«, sagte Pendelburg, »er wollte nach unserem Gespräch gleich selber hinfahren zu Miller. Ich habe ihn noch gewarnt. Der Miller plapperte immer unheimlich viel, hörte gar nicht mehr auf. Ich sagte ihm noch, er solle ihn nicht zu ernst nehmen.«
    Als Rainer Gritz in Penzance gewesen war, wusste er noch nicht, dass sich hinter den toten Tretjaks der Name von Kattenberg verbarg. Dass der Enkel des berüchtigten Nazi-Mörders von Kattenberg hier lebte. Was hatte er gemeint, als er schrieb: Muss unbedingt noch mal wegen der Nazis mit Pendelburg sprechen ? Wenn er nur Miller gemeint hätte, hätte er doch Nazi geschrieben, Einzahl, und nicht Nazis .
    »Ist es nicht merkwürdig«, sagte Maler eher gedankenlos, um überhaupt irgendetwas zu sagen, »dass hier in diesem kleinen Städtchen ein vorbestrafter Neonazi lebt, und zufällig, verdeckt, auch ein Nachfahre von Kattenbergs?«
    Pendelburg bekam gerade das Dessert serviert. Trifle hieß es, eine Mischung aus Tiramisu und Sahnetorte, mit viel Alkohol getränkt. »Ich finde die anderen Dinge viel merkwürdiger«, sagte er und begann zu essen.
    »Was meinen Sie?«
    »Dieses Buch zum Beispiel. Ich habe Ihrem Kollegen davon erzählt. ›Löwenherz‹ ist der Titel. Alles an diesem Buch ist widerlich. Sie müssen sich das mal anschauen, die Passagen über die Reinheit des deutschen Volkes und über die Notwendigkeit der Endlösung. Das Buch ist ein langes, ekelhaftes Gespräch, entstanden ist es Ende 1944.«
    »Und von wem ist das Buch?«, fragte Maler.
    »Das ist es ja eben. Zwei Autoren, der eine ist der alte von Kattenberg, einer der großen

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