Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
Vom Netzwerk:
Worte aussprach.

    »Sie helfen einer karrieregeilen Frau, die ihren Professor in den Selbstmord getrieben hat. Sie organisieren, dass das schmutzigste Geld der Welt von seinen widerlichen Besitzern ins Ausland geschafft wird. Sie haben die Existenz Ihres eigenen Vaters vernichtet und Ihren Bruder verstoßen. Die Frau, mit der Sie ins Bett gehen, haben Sie auf intrigante Weise missbraucht. Und wohin hat Sie das gebracht, Herr Tretjak?«
    Er drückte die Pausetaste. Weil er wusste, dass Tretjak jetzt Angst vor einem Stromstoß hatte. Wir Menschen sind kleine, armselige, ängstliche Kreaturen, dachte er.
    »Es hat Sie zum ersten Mal in eine Situation gebracht, die Sie wirklich verdienen«, diktierte er ins Mikrophon.
    Er konnte Tretjak relativ gut sehen auf dem alten Bildschirm. Der Untersuchungsraum, in dem er auf dem Gynäkologenstuhl festgeschnallt war, hatte ursprünglich offenbar zu Unterrichtszwecken gedient. Deshalb war in der oberen Ecke eine Videokamera angebracht, früher sicher ultramodern, heute ein lächerliches Gerät, riesig und schwer. Aber es funktionierte. Das Bild war zwar nur schwarzweiß, aber ziemlich scharf.
    »Also, Herr Tretjak: Möchten Sie etwas ändern an Ihrer Biographie? Wie hätten Sie es denn gern? Sollen wir zum Beispiel Ihren Bruder herbringen, damit Sie mit ihm reden? Oder sollen wir ihn ganz ausschalten? Sollen wir Ihnen einen Neuanfang organisieren, anderer Name, andere Welt? Ließe sich doch alles regeln, nicht wahr?«
    Er machte eine Pause. Dann schickte er einen Stromstoß durch die Leitung, einen ziemlich starken. Er sah, wie Tretjak zuckte und sich krümmte.
    »Eine Antwort, bitte.«
    »Ja, lässt sich regeln.«
    Die armselige Kreatur Mensch.
    In dieser leeren Klinik hier war alles vorhanden gewesen, was er gebraucht hatte. In den Schränken hatten sich noch komplette OP-Bestecke, Verbandszeug und diverse Medikamente gefunden. Es war, als wäre die Klinik über Nacht verlassen worden. Nur die Sache mit den Stromstößen, die hatten ihm zwei Serben installiert, die damit Erfahrung hatten. Er dachte kurz an die Freundin des einen Kattenberg, die hier auch ein paar Tage hatte verbringen dürfen, ehe man sie mit dem zusammen in dem kleinen Flugzeug angezündet hatte. Auch sie hatte erfahren, dass das Ding, das er vor sich auf dem Schreibtisch stehen hatte, gut funktionierte. Es war ein primitiv zusammengeschraubter Holzkasten mit zwei Steuerknöpfen. Der eine ein vormaliger Lichtschalter zum Aus- und Einschalten des Stroms, das andere der Drehknopf eines Radios, der jetzt die Stromstärke bestimmte.
    »Wenn Sie Geld investieren sollten in einen Wert, der kein materieller ist, welcher wäre das dann? Treue? Liebe? Nein, nein, natürlich nicht. Skrupellosigkeit, Unmoral – das bringt die größte Rendite, immer und überall, nicht wahr? Wer wüsste das besser als Sie?«
    Wieder eine Pause. Er sah, dass Tretjak seine Muskeln anspannte. Aber diesmal ließ er den Stromkasten unberührt, stattdessen öffnete er ein kleines Pillenschächtelchen. Und während er weitersprach, entnahm er ihm sechs kleine Pillen von blassgrüner Farbe.
    »Die Unmoralischen«, sagte er, »die kommen immer davon. Und wenn nicht? Auch nicht schlimm. Die alten Massenmörder werden nach Den Haag gebracht, dort sitzen sie an ihrem Lebensende in einer warmen Zelle. Das Essen wird gebracht, die Ärzte sind sehr gut. In normalen Altenheimen ist es nicht so schön.« Er reihte die sechs kleinen Pillen vor sich auf dem Schreibtisch auf.

    Dann schaltete er die Sprechanlage aus. Er war müde. Jetzt am Ende war er nur noch müde.

2
    Luca
    Eigentlich hatte Stefan Treysa nur einen kurzen Aufenthalt in Amsterdam geplant. Am Ende wurden es vier Tage. Und was für Tage. Als Treysa in den Zug zurück nach München stieg, dachte er, der Psychologe: »Mehr Psychologie geht nicht mehr.«
    Angefangen hatte es mit dem Moment, als Marko die kleine goldene Waffe gezogen und auf ihn gerichtet hatte. Wie er dann in Lachen ausbrach, die Waffe wieder wegsteckte und gar nicht mehr aufhören konnte zu lachen. Er erzählte, die Polizei sei bei ihnen zu Besuch gewesen, »die sagten, wir sind möglicherweise in Gefahr, wir sollten aufpassen. Die Polizei«, sagte er und lachte dabei, »die verstehen wirklich nie etwas. Wenn wer keine Ahnung von Gefahr hat, dann ist es die Polizei.«
    Danach hörte Marko nicht mehr auf mit dem Erzählen. An diesem Abend, am nächsten Morgen beim Frühstück in dem Terrassencafé und am Abend im Fischlokal.

Weitere Kostenlose Bücher