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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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hinaufschleppten, oder nur an den weißen Wolken, die unbeirrt über dem Obelisken dahinzogen, jedenfalls kam Clemencia plötzlich die Nationalhymne in den Sinn: «Namibia, Land der Tapferen. Im Freiheitskampf haben wir gesiegt. Ruhm sei ihrer Tapferkeit, deren Blut unsere Freiheit tränkt …»
    Am liebsten hätte sie das Lied leise vor sich hin gesungen, doch das ging nun wirklich nicht. Nicht im Angesicht der beiden Weißen, die jetzt dort oben miteinander sprachen. Der eine hatte einen der Männer auf dem Gewissen, deren Blut die Freiheit tränkte, der andere fühlte sich als unbarmherziger Gott der Gerechtigkeit. Sie mochten immer hier gelebt haben, doch das Land der Tapferen war nicht ihr Land. Das durfte es einfach nicht sein, nach allem, was 1990 verheißen und erhofft worden war. Denn die beiden waren Mörder, keine Tapferen. Das war ein gewaltiger Unterschied, obwohl man manchmal genau hinsehen musste, um ihn zu erkennen. Es kam nicht nur darauf an, für die richtige Seite zu schießen, sondern auch zur richtigen Zeit. Und jetzt war sicher nicht die richtige Zeit dafür.
    Clemencia fragte sich, worin Tapferkeit heute bestehen könnte. Dass man seine Lage ertrug, dass man sich dagegen auflehnte? Dass man sich mit der allmächtigen Regierungspartei anlegte wie Angula, dass man das Wohl seiner Kinder über alles setzte wie Lucas Elago? Dass man sich jeden Tag von neuem durchs Leben wurstelte wie Miki Selma und der Rest von Clemencias Familie?
    «Jetzt geht es los», sagte Robinson und wies Clemencia auf die Soldaten hin, die am Aussichtspunkt oberhalb des Obelisken angekommen waren. Sie begannen sofort damit, das Maschinengewehr in Stellung zu bringen.
    «Nicht ohne meine Zustimmung!», sagte Oshivelo scharf. «Das war so vereinbart.»
    Der Armeeoffizier lächelte dünn, sagte: «Außer wenn eine unmittelbare Gefahrenlage keine andere Wahl lässt, als …»
    «Wo ist denn hier eine unmittelbare Gefahrenlage?», schnaubte Oshivelo.
    «Man muss vorbereitet sein», sagte der Armeeoffizier.
    Clemencias Blick fiel auf ein Schild am Parkplatz des Restaurants: Die Paviane nicht füttern! Es waren keine Paviane da. Sie müssten auch verrückt sein, sich jetzt zu zeigen.
    «Er kommt zurück», sagte Robinson. Fourie hatte tatsächlich kaum länger als zehn Minuten verhandelt, genau wie er vorhergesagt hatte. Während er die Treppe herabstieg, sah sich Donkerkop um und entdeckte prompt das neuinstallierte Maschinengewehr über ihm. Er reckte den Mittelfinger hoch und deutete auf die Päckchen vor seiner Brust.
    «Wir machen ein Sieb aus ihm, bevor er auch nur blinzeln kann», sagte der Armeeoffizier.
    «Originelle Idee», höhnte Oshivelo, «aber vielleicht warten wir erst einmal ab, was Fourie zu berichten hat.»
    Und Fourie hatte einiges zu berichten: Aus irgendwelchen Gründen sei Donkerkop überzeugt, die Polizei trachte ihm nach dem Leben. Wenn er sterben müsse, dann würde er einige mitnehmen und diesen Heldenhügel in eine Schutthalde verwandeln, das könne er versprechen. Doch eigentlich wolle er ganz gern überleben. Deswegen habe er sich entschieden, alles auszusagen, was er über den Lubowski-Mord wisse. Wenn das einmal öffentlich gemacht sei, gebe es ja keinen Grund mehr, ihn zum Schweigen zu bringen. Man solle ihm also die sicher anwesenden Journalisten hochschicken.
    «Das hätte er wohl gern», sagte Oshivelo.
    «Kein Mensch kommt in seine Nähe, wenn er nicht vorher den Sprengstoff übergibt», sagte der Armeeoffizier.
    «Das würde er tun», sagte Fourie, «wenn Sie, Herr Oshivelo, ebenfalls zu einem Interview bereit wären.»
    «Ich?», fragte Oshivelo.
    «Sie sollen den Pressevertretern alles über den Lubowski-Mord erzählen, was Sie wissen.»
    «Der Mann ist völlig durchgeknallt», sagte Oshivelo.
    «Im Gegenzug ergibt er sich, und er verrät Ihnen darüber hinaus, wo Sie Ihre Frau finden können. Lebend übrigens.»
    «Wie bitte?»
    «Noch lebend, sagte er, um genau zu sein. Aber Sie sollten sich nicht allzu viel Zeit lassen!»
    «Woher will denn Donkerkop wissen, wo meine Frau ist?», fragte Oshivelo.
    «Wollten Sie uns das nicht verraten, Herr Fourie?», schaltete sich Clemencia ein.
    «Das müssen Sie falsch verstanden haben, Miss Garises.» Fourie lächelte. «Ich habe nur vermutet, dass ich es herausbekommen könnte, und zwar in einem Gespräch mit Donkerkop. Das ist mir nicht gelungen, aber glauben Sie mir, er weiß es, und er wird es Ihnen mitteilen, sobald …»
    «Dann müsste er ja

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