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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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diesem Tempel.« Das war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Fast wollte ich mich unter meiner Bettdecke zusammenrollen und nie wieder hervorkommen. »Sehen Sie in Ihrer linken Tasche nach«, sagte Grant.
    Ich tat es. Ganz unten stießen meine Finger gegen etwas Metallenes. Etwas Kleines. Als ich es hervorzog, hatte ich meinen Verlobungsring wieder, heil und unversehrt. Ein Diamant an einem Ring aus Weißgold. Weißgold, das wie Silber aussah, weil Ben das lustig fand. Beinahe wäre ich in Tränen ausgebrochen.
    »Danke«, sagte ich.
    »Alles wird gut werden.« Er lächelte und warf einen Blick in den Rückspiegel.
    Jemand kam den Gehsteig entlang, schmuddelig und schlaksig, und sah sogar noch schlimmer aus als ich. Doch ich erkannte ihn. Ich würde ihn überall wiedererkennen.
    Ich konnte Grant bloß kurz angrinsen, dann sprang ich aus seinem Wagen und rannte los.
    Ben und ich blieben etwa drei Schritte voneinander entfernt stehen. Nicht ganz der richtige Abstand, um ihm in die Arme zu fallen. Er trug dieselbe Kleidung, in der ich ihn gestern Morgen gesehen hatte, doch Blut bedeckte die linke Seite seines Hemdes. Mittlerweile war es größtenteils getrocknet und verkrustet, doch es roch intensiv.
    Ich starrte ihn an. »Du bist angeschossen worden «
    Er lächelte müde. »Und du hättest das Gesicht des Typen sehen sollen, als ich nicht umgefallen bin.«
    »Oh mein Gott, Ben!« Ich fiel ihm in die Arme, trotz des blutverschmierten Hemdes. Er hielt mich ganz fest. So standen wir lange Zeit da, ruhten in den Armen des anderen, rochen aneinander. Ich hatte keine Ahnung, wo er gewesen war, denn er verströmte solch ein Durcheinander an Gerüchen, wie ein Gangsterfilm, wenn man einen Gangsterfilm riechen könnte: Schweiß in einem geschlossenen, stickigen Raum, Blut, Zigarrenrauch, Alkohol. Frauen - andere Frauen. Hmm ...
    Kurz darauf sah er mich mit gerunzelter Stirn an. »Du riechst, als seist du gerade mit einer Bande Wertiere herumgerannt. Du riechst, als hättest du dich eben verwandelt. Wo bist du gewesen?«
    Wir mussten uns mit derselben verwirrten Miene angesehen haben. »Ich wollte dich gerade das Gleiche fragen.«
    »Du zuerst.«
    Ich seufzte. »Das ist eine lange Geschichte. Und du?«
    »Ebenfalls. Weißt du was?«
    »Was?«
    »Ich hasse diese Stadt.«

Achtzehn
    Es stimmte. Etwas an dem Adrenalinausstoß, wenn man in extremer Gefahr geschwebt hatte und beinahe ums Leben gekommen wäre, konnte den Geschlechtstrieb eines Menschen unglaublich steigern. Ben und ich zogen uns auf unser Hotelzimmer zurück, um uns zu waschen und umzuziehen, doch wir landeten eng umschlungen im Bett, wo wir leidenschaftlich unseren Status als Alphapärchen bekräftigten.
    Der Rest der Welt verschwand deswegen trotzdem nicht.
    Ich lag halb auf Ben, den Kopf auf seine Brust gebettet, klammerte mich mit Armen und Beinen an ihm fest, kam allmählich wieder zu Atem. Er hielt mich eng umschlungen, eine Hand in meinen Haaren, die andere um meine Hüften gelegt. Ich konnte seine eigenen schweren Atemzüge an meiner Kopfhaut spüren.
    Da sagte er: »Okay. Erklär mir noch mal, wie es dazu gekommen ist, dass du wie die König-der-Bestien-Show gerochen und Odysseus Grants Hemd angehabt hast.«
    »Das klingt tatsächlich ziemlich verfänglich, wenn du es so formulierst.«
    »Ich bin mir sicher, dass es eine völlig plausible Erklärung gibt.«
    Tja, eine Erklärung gab es schon. Lykanthropen, die einer uralten mesopotamischen Göttin Opfer darbrachten, waren ganz schön abgefahren, sogar gemessen an dem, was mir sonst so widerfuhr. Doch ich erzählte es ihm, diesmal in allen Einzelheiten.
    Als ich geendet hatte, sagte Ben nach einer Pause: »Dás ist pervers.«
    »Allerdings.«
    »Aber es ist nichts passiert. Zwischen dir und diesem Kerl.«
    »Was meinst du damit, es ist nichts passiert? Er wollte mich vergewaltigen.«
    »Aber ... vergiss es.« Er legte die Arme noch fester um mich.
    So leicht kam er mir nicht davon. Ich stützte mich auf die Ellbogen, so dass ich auf ihn hinabblickte, in seine funkelnden haselnussbraunen Augen.
    »Fragst du etwa, ob es mir gefallen hat?«
    Er grinste schief. »Offensichtlich nicht. Auch wenn er sexy war.«
    Ich starrte ihn wütend an. »Was ist mit dir? Was ist dir zugestoßen? Und wieso riechst du nach ... nach ...« Es traf mich, all diese Gerüche, all die Frauen. »Bist du in einem Stripteaselokal oder so etwas gewesen?«
    Lag da ein schlechtes Gewissen in seinem Blick?
    »Eigentlich

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