Die Stunde des Spielers
regelmäßig über Themen, über die die meisten Leute ihre rational-skeptischen Nasen rümpften. Bloß weil manches davon offiziell als real anerkannt worden war, hieß das nicht, dass alles echt war. Ja, es wurde nur noch wichtiger, unterscheiden zu können. Es gibt bizarre Dinge und es gibt bizarre Dinge. Dass das Lotteriespiel Powerball existiert, macht diese nigerianischen E-Mail-Schwindeleien kein bisschen realer.
Aber es war schwierig, die Leute davon zu überzeugen, dass der eigene kleine Bereich des Übernatürlichen existierte, und der eines anderen nicht.
Schließlich gab mir Matt ein Zeichen durch die Scheibe des Regieraumes: Zeit, zum Ende zu kommen.
»Also schön, danke an alle, die angerufen haben, und ich bedanke mich ganz herzlich bei Chandrila Ravensun« - es gelang mir, den Namen nicht allzu höhnisch auszusprechen - »dass sie diese Woche zu uns gekommen ist. Nochmal: Ihr Buch heißt Unsere kosmische Reise und kann über ihre Website bestellt werden.
Denkt daran, nächste Woche wieder einzuschalten, wenn ich mal etwas anderes ausprobieren werde. Ich werde live aus Las Vegas senden, vor einem Studiopublikum. Genau, ihr werdet mich im Fernsehen erleben können und vielleicht sogar mit von der Partie sein. Wenn ihr in Las Vegas oder in der Nähe seid oder mit dem Gedanken spielt, dorthin zu fahren, und noch einen Vorwand braucht, dann schaut doch bitte im Jupiter Theater im Olympus Hotel und Casino vorbei. Wenn ihr je wissen wolltet, wie es hinter den Kulissen der Midnight Hour aussieht, bietet sich euch jetzt die Gelegenheit. Nochmals vielen Dank für einen wunderbaren Abend. Ich bin Kitty Norville, die Stimme der Nacht.«
Das Rotlicht erlosch, und ich stieß einen gewaltigen Seufzer aus. »Ich werde ihn umbringen. Ich werde ihn umbringen. Der Mistkerl hat mich mit dieser Frau reingelegt.«
Matt grinste, als hielte er das Ganze für witzig. Keine Spur von Mitgefühl. »Im Fernsehen kannst du nicht einfach mit dem Kopf gegen den Tisch knallen.«
»Kann ich wohl. Das wird lustig.«
Er zog die Augenbraue hoch, was wohl bedeuten sollte, dass er anderer Meinung war.
Ich verdrehte die Augen. »Ich werde versuchen, nicht mit dem Kopf gegen den Tisch zu schlagen.«
»Ich kann die nächste Woche kaum abwarten«, sagte er kopfschüttelnd und immer noch breit grinsend.
Allmählich hatte ich das Gefühl, dass die Sache mit Las Vegas keine gute Idee war. Eher ein Zugunglück als ein Werbegag. Um diese Zeit nächste Woche würden wir Gewissheit haben.
Die Reise nach Las Vegas konnte ich nicht geheim halten. Wir brauchten viel Publicity, wenn die Sache funktionieren sollte, mussten wir reichlich Interesse wecken. Eigentlich hätte es mich freuen sollen, dass die Leute davon hörten. Das bedeutete, dass die PR-Maschinerie funktionierte. Doch es gab da ein paar Leute, bei denen ich mir gewünscht hätte, sie würden dem Ganzen nicht gar so viel Aufmerksamkeit schenken.
Auf dem Weg aus dem Gebäude von KNOB, nicht einmal eine halbe Stunde nach dem Ende meiner Sendung, läutete mein Handy.
»Hallo?«
»Kitty. Hier spricht Rick.«
Ich stöhnte, denn ich mochte Rick zwar, doch ein Anruf von ihm bedeutete Ärger. Rick war der frischgekürte Vampirgebieter von Denver. Ich war immer noch dabei, mich an die Vorstellung zu gewöhnen und einzuschätzen zu versuchen, ob er der nette, interessante Typ bleiben würde, der er vorher gewesen war - auch wenn er fünfhundert Jahre auf dem Buckel hatte oder ob er großspurig und überheblich werden würde. Ich hatte nur die Oberfläche der Vampirpolitik berührt. Sie war wie jede andere Art von Politik, gehässiger Clique oder bösartiger Vorstandssitzung. Vampire mochten unsterblich sein, aber sie waren immer noch menschlich, und die meisten benahmen sich dementsprechend, wenn es darum ging, sich zu organisieren. Doch unter Vampiren konnten die Beteiligten ihre machiavellistischen Intrigen über Jahrhunderte ausdehnen. Wenig überraschend nannten sie es das Lange Spiel. In mancher Hinsicht ließ es sie kurzsichtig werden. Oft machte es sie unbegreiflich.
Rick lachte glucksend. »Es ist nichts Ernstes, versprochen.«
Was tatsächlich hilfreich war, denn im Großen und Ganzen hatte ich zugestimmt, ihn dabei zu unterstützen, seinen Status als Denvers Gebieter zu behalten, sollte es einmal nötig sein. Von zwei Übeln wählt man eben besser das bekannte. Bei diesem Anruf ging es anscheinend also nicht darum, dass Denver angegriffen wurde und er meine Hilfe
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