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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristen Marie
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jeglicher Gefahr allein und wehrlos ausgesetzt. Warum willigst du nicht wenigstens in unsere Verlobung ein? Es würde mir das Recht geben, einige meiner Männer zu deinem Schutz abzukommandieren. Wir können heiraten, wenn ich aus Calais wiederkomme!«
    Aimée unterdrückte das Bedürfnis nach Wahrheit. »Du kennst meine Antwort.«
    Sie entwand sich geschickt seinem Griff, um die Ablehnung zu unterstreichen. Es herrschte bleiches Dämmerlicht zwischen den Wänden ihrer Schlafkammer. Dennoch konnte sie das Aufblitzen von Ärger in seinen dunklen Augen erkennen. Es gefiel ihm nicht, dass sie ihm so eigensinnig Widerstand leistete.
    »Ich habe nie ein Geheimnis aus meinen Plänen gemacht, Alain«, sagte sie ebenso sanft wie unmissverständlich. »Das Handelshaus und sein Geschick stehen für mich an erster Stelle. So wie du dem Herzog verpflichtet bist, bin ich es dem Hause Cornelis. Es ist mein Leben, Morgen brichst du nach Calais auf. Willst du die letzte Nacht, die uns vergönnt ist, wirklich mit einem sinnlosen, vielfach wiederholten Streit vertun?«
    »Immer wenn du mich in meine Grenzen verweist, wirst du geschäftlich«, seufzte Alain und akzeptierte seine Niederlage. »Versprich mir wenigstens, dass du keinen anderen Mann erhörst. Dass du auf mich wartest.«
    Aimée lachte.
    Alain wandte sich zu seinen Kleidern, nahm sein Schwert und hielt es ihr fordernd entgegen: »Schwöre mir auf diese Waffe, dass du auf mich wartest!«
    »Alain, ich bitte dich, nimm Vernunft an.«
    »Schwöre!«
    Die eindringliche Forderung machte Aimée nun doch betroffen, wobei ihr gleichzeitig bewusst wurde, dass sie nackt vor ihm stand, so wie er vor ihr. Beharrlich blieb Alain mit dem Schwert vor ihr stehen. Im Kerzenlicht warf es einen kreuzförmigen Schatten an die Wand. Sie zögerte, legte aber schließlich doch die Hand auf den Griff des Schwertes.
    »Du sollst deinen Schwur haben, Alain von Auxois. Ich schwöre, dass ich in deiner Abwesenheit keinen anderen Mann erhören werde. Bist du nun glücklicher?«
    »Beruhigter.« Er legte das Schwert zur Seite und schloss Aimée in die Arme. »Ich wusste nicht, dass es eine Liebe gibt, wie ich sie für dich empfinde.«
    Aimée schwieg.
    Den Schwur würde sie einhalten können.
    Sie würde keinen anderen Mann erhören, weil es für sie nur einen Mann gab, den sie wahrhaftig liebte.
    Einen Mann, der verheiratet war.

39. Kapitel
    B URG VON M ALE , 5. J ULI 1372
    »Ich war entschlossen, Euch die Heirat mit Auxois zu befehlen, wisst Ihr das?«
    Die Arme vor der Brust verschränkt, sah Philipp der Kühne auf Aimée herab.
    »Wer hat Euch davon abgehalten?«, antwortete sie mit einer höflichen Gegenfrage.
    Der Herzog musterte sie ernst und schüttelte leicht den Kopf. Die vierzehn Federn auf seinem Hut wippten.
    »Wer schon? Alain von Auxois selbst. Er wünscht, dass Ihr ihm Eure Hand aus freiem Willen reicht und nicht unter meinem Zwang.«
    »Ich bin ihm zutiefst dankbar, Euer Gnaden.«
    »Aber ich nicht«, brummte der Herzog. »Ich hätte Euch gerne an der Seite meines Hauptmanns gesehen. Er verdient eine Frau wie Euch.«
    Und was verdiene ich, schoss es Aimée durch den Kopf. Nur mühsam zügelte sie ihre Empörung darüber, dass sie nicht einmal als Witwe das Recht haben sollte, über sich zu bestimmen.
    Sie wusste, sie tat sich keinen Gefallen, wenn sie den Herzog verärgerte. Schließlich hatte sie um diese Audienz gebeten, weil sie ihm einen Vorschlag unterbreiten wollte.
    »Alain von Auxois hat mich nicht verloren, Euer Gnaden. Ich bin ihm auch ohne Eheversprechen zugetan«, erwiderte sie sanft.
    »Warum widersetzt Ihr Euch dann der Heirat mit ihm?«
    Aimée nahm ihren ganzen Mut zusammen und entschied sich für die Wahrheit.
    »Ich habe einmal, aufgrund Eures Wunsches, eine überhastete Ehe geschlossen. Ich hoffe doch, dass ich mir beim zweiten Mal ein wenig mehr Bedenkzeit erbitten kann.«
    »Wenn Ihr schon so ehrlich seid, Aimée Cornelis, dann erinnert Euch auch an die näheren Umstände. Ihr wart närrisch verliebt in diesen jungen Adonis.«
    Sie durchschaute, dass er sie über die Anrede mit ihrem bürgerlichen Namen zurechtwies, aber sie ließ sich nicht einschüchtern.
    »Verzeiht, Euer Gnaden, Ihr habt mir einmal das Kompliment gemacht, ich sei eine kluge Frau. Ich frage Euch: Sollte eine kluge Frau zweimal den gleichen Fehler machen?« War sie zu weit gegangen? Der Herzog bedachte sie mit einem rätselhaften Blick, aber im nächsten Moment entdeckte sie einen amüsierten Zug

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