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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristen Marie
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wollten ihren Misserfolg. Sie wollten ihr mit allen Mitteln schaden. Gleitje zuerst, aus abgrundtiefem Neid und aus Geltungsbedürfnis; Colard aus Missgunst und weil er sich abgewiesen fühlte; Korte, unter dessen Einfluss die beiden standen, weil er sie als Konkurrentin vernichten wollte; Sophia aus Eifersucht – und in dem Wahn, dass Aimée ihr den Sohn genommen hatte – oder weil sie, nicht wissend, was sie tat, benutzt wurde als willenloses Werkzeug. Mit Sicherheit war sie nicht allein auf die Idee gekommen, Feuer zu legen. Sie reagierte wie ein Kind und tat, was man ihr sagte.
    Sie war in Gefahr. In Lebensgefahr. Das Opfer dieses Feuers hätte sie selbst sein können. Sie wollten, oder vielmehr Gleitje wollte ihren Tod, wenn sie sie nicht anders aus dem Weg schaffen konnte.
    »Ist Euch nicht gut? Setzt Euch. Ihr seid leichenblass.« Lisons besorgte Frage rief sie zurück aus ihren Gedanken. Sie ließ die Hände sinken und suchte ihren Blick.
    »Colard hat den Brand entdeckt, sagst du? Wo war Gleitje zu diesem Zeitpunkt?«
    »Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass sie sich Frau Sophias angenommen hat, als man sie aus dem Lager brachte. Es hätte nicht viel gefehlt, und die alte Frau wäre bei lebendigem Leibe verbrannt.«
    Ihren Feinden war offensichtlich jedes Mittel recht. Wie sollte sie sich vor diesen heimtückischen Machenschaften schützen.
    Lison drückte ihr einen Becher in die Hand. »Trinkt bitte einen Schluck Wein. Es ist ja gerade noch einmal gutgegangen.«
    »Gutgegangen?« Aimée verschluckte sich fast. »Wie kannst du das sagen? Dieser Brand wurde gelegt, um mir klarzumachen, dass ich hier nicht mehr sicher bin. Sie wollen mich loswerden. Um jeden Preis, Lison. Sogar um den eines Mordes.«
    »Was redet Ihr da? Das kann nicht Euer Ernst sein!« Lison wich entsetzt zurück.
    »Es ist so.«
    »Lieber Gott, was wollt Ihr tun?«
    »Hilfe suchen und mich in Sicherheit bringen. Gleich morgen früh. Die Herzogin hat mich vor dem Wettbewerb zu sich gebeten. Du wirst mich begleiten. Aber sobald ich im Prinsenhof bin, der Burg des Grafen von Flandern, wirst du zum Haus am Walplein laufen und dort berichten, was gestern Abend geschehen ist.«
    »Wem? Messer Contarini oder Abraham ben Salomon?«
    »Egal wem. Wen du antriffst. Ich vertraue beiden. Beide können und werden für meinen Schutz sorgen. Ich warte bei der Herzogin, bis mich einer von ihnen dort aufsucht. Ich muss mich um einen Zufluchtsort bemühen. Ich kann nicht länger im Hause Cornelis bleiben.«
    »Aber wohin wollt Ihr?«
    »Wir werden sehen. Im Augenblick können wir nicht mehr tun. Hilf mir zu Bett und schieb den Riegel vor die Tür.«
    Aimée kam trotz dieser Vorsichtsmaßnahme nicht zur Ruhe. Sie starrte an den geschnitzten Betthimmel, der dunkel über ihr schwebte. Das Haus, in dem sie sich einst geborgen gefühlt hatte, war mit einem Male zur Todesfalle geworden.
    Ihre Gefühle schwankten zwischen Furcht und Erregung, Verwirrung, Verzweiflung und Angriffslust. Am Ende blieb nur die Angst um das eigene Leben.
    Zum ersten Mal bedrückte sie die Einsamkeit. Ihr wurde klar, dass das Leben ohne männlichen Schutz gefährlicher war, als sie je gedacht hatte.
    Fröstelnd zog sie sich die Decke über den Kopf. Nach Stunden des Grübelns verfiel sie endlich in einen unruhigen Schlaf.

43. Kapitel
    B RÜGGE , 7. J ULI 1372
    Contarini war bereit zur Abreise.
    Das Pferd tänzelte unruhig auf den Steinquadern vor dem Stallgebäude. Es wurde von einem Knecht gehalten. Satteldecke, Botentasche und Kleidung würden ihn wieder als venezianischen Kurier ausweisen.
    Salomon, mit dem er im Haus noch in einem letzten Gespräch war, gefiel das überhaupt nicht.
    »Seid Ihr sicher, dass es vernünftig ist, was Ihr Euch da vorgenommen habt?« Es klang, als habe er die Frage schon viele Male gestellt.
    »Ich habe dem Herzog ein Angebot der Republik Venedig unterbreitet. Dass er es angenommen hat, war auch für mich eine Überraschung. Ich werde schneller sein als jeder Kurier und schneller zurück sein, als Euch vielleicht lieb ist.«
    »Und wie soll ich ihr erklären, dass Ihr ohne ein Wort des Abschieds auf und davon seid? Sie wird enttäuscht sein.«
    Contarini wusste, von wem er sprach, ohne dass ein Name fiel.
    »Sorgt einfach dafür, dass sie den Brief erhält, den ich Euch für sie gegeben habe, dann sind keine Erklärungen nötig.«
    »Sie rechnet auf Eure Hilfe.«
    »Die bekommt sie, und bis ich zurück bin, steht Ihr ja zur Verfügung. Ich

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