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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristen Marie
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sah man ihm doch seine Schlitzohrigkeit an.
    »Herr Conzett?« Salomon verhehlte seine Überraschung nicht und ging dem Besucher entgegen. »Ich grüße Euch. Was führt Euch zu so früher Stunde schon zu mir?«
    Balduin Conzett. Der Name war auch Contarini ein Begriff. Conzett zählte zu den Maklern, die ausländische Kaufleute bemühen mussten, um ihre Geschäfte in der Stadt zu tätigen. Sein Ruf war nicht gerade der eines aufrechten Mannes. Der Makler sprach mit Salomon so leise, dass er nichts verstehen konnte. Was wollte er von ihm? Die Stadttore würden erst in einer Viertelstunde geöffnet werden. Wer den ersten Mann der Contarini-Bank um diese Zeit aufsuchte, musste schon einen sehr triftigen Grund anführen können. Contarini sah, dass beide Männer einen Handschlag tauschten und Conzett mit der Miene eines satten Katers davoneilte. Auch Salomon wirkte ungewohnt zufrieden.
    »Seit wann macht Ihr mit Galgenvögeln Geschäfte?«, fragte Contarini.
    »Auch Spitzbuben können nützlich sein. Conzett ist mir verpflichtet. Ich habe ihn gebeten, mir auf der Stelle Nachricht zu geben, wenn unerwartet große Mengen von Gewürzen, Juwelen und Räucherwerk zum Kauf angeboten werden.«
    »Die Beute aus dem Überfall auf Frau Cornelis' Handelszug.«
    Abraham nickte. »Ich wusste, wer immer dahintersteckt, irgendwann würde die Ware in Brügge auftauchen. Nun ist es so weit.«
    »Und wer steckt dahinter?«
    »Wer wohl? Anselm Korte. Sie kennt ihre Feinde. Er hat angeblich eine große Menge Brügger Tuch verkauft und sich bei der Bezahlung auf ein Tauschgeschäft eingelassen. Da er selbst weder Gewürze noch Räucherwerk oder Juwelen veräußert, hat er die Ware an einen Hansekaufmann weitergegeben. Der Makler dieses Geschäftes, das in aller Diskretion in Damme abgewickelt wurde, war mein Freund Conzett. Indem er mir die Information weiterverkauft, verdient er doppelt.«
    Beide tauschten einen stummen, vielsagenden Blick. »Korte muss sich in absoluter Sicherheit wiegen, wenn er es wagt, das Diebesgut so schnell weiterzuveräußern«, sagte Contarini schließlich nachdenklich. »Es könnte schwierig werden, ihn als Schurken zu entlarven. Ich bin sicher, dass er die Spur dieser Waren bestens vertuscht hat. Behaltet die Information im Moment noch für Euch. Wir müssen erst eine vernünftige Strategie gegen Anselm Korte entwickeln.«
    »Sollte ich nicht Frau Cornelis unterrichten? Sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren.«
    »Das weiß ich. Doch ich fürchte ihre nächsten Schritte. Wie wird sie mit dem Wissen umgehen? Sich selbst leichtsinnig in Gefahr bringen? Einen Skandal entfachen? Das kommt nicht in Frage. Dabei bleibe ich – auch falls Ihr den Einwurf machen solltet, sie habe nicht nur ein Recht, sondern auch Anspruch darauf, es zu erfahren – in Anbetracht der ungewöhnlichen Idee, die sie gehabt hat. Die Idee, uniforme Kleidungsstücke für Soldaten zu produzieren, ist ein genialer Geistesblitz, der sicher bei allen Heerführern zündet. Sie ist der findige Kopf, der all die losen Fäden zusammenfasst und ein ertragreiches Muster für uns daraus knüpft. Da wartet ein glänzender neuer Geschäftszweig auf uns, der keinesfalls mit riskanten Racheakten belastet werden darf.«
    Das war er, der unbestechliche Contarini. Salomon schien es, als stünde er sich in diesem Fall selbst im Weg. Er scheute sich nicht, es ihn merken zu lassen.
    »Solltet Ihr nicht mehr Vertrauen in sie haben?«, warf er bewusst provozierend ein. »Sie ist klug. Sie wird vernünftig mit dem neuen Wissen umgehen. Sie wird unser Vorhaben nicht gefährden.«
    »Dennoch. Aber lasst mich Euch um etwas bitten. Es fällt mir unter den gegebenen Umständen schwer, die Stadt zu verlassen. Mein Gefühl sagt mir, dass sich da etwas gegen sie zusammenbraut, dass sie in Gefahr ist und dass sie selbst die Bedrohung unterschätzt. Ich wüsste sie gerne in Sicherheit. Könnt Ihr es arrangieren, dass sie zu jeder Zeit bewacht wird? Ich habe großen Respekt vor Eurer Fähigkeit, tüchtige Helfer in dieser Sache zu finden.«
    »Es ist schwierig, doch ich werde mein Möglichstes tun. Ihr wisst, dass es ihr nicht gefallen wird. Sie schätzt es nicht, bewacht unter Kontrolle zu stehen.«
    Contarini gab einen unbestimmten Laut von sich, der nur halb verständnisvoll klang.
    »Organisiert es so, dass sie nichts davon merkt. Ihr macht das schon richtig. Aber bitte unternehmt nichts gegen Korte, ehe ich zurück bin. Der Mann ist gefährlich. Er hat bereits unter

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