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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristen Marie
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in einem denkbar schlechten Verhältnis zum Erlös.«
    »Bezichtigst du Colard etwa der Untreue?«, empörte sich Gleitje und erntete lediglich ein Schnauben.
    »Tu mir den Gefallen und kläre das auf«, sagte sie dann beherrscht. »Und außerdem, ich weiß sehr wohl, in wessen Kopf die Idee zu diesem Brand gereift ist.«
    Der Glockenschlag vom Belfried unterbrach Aimée und ließ Gleitje zusammenzucken. Beide tauschten einen Blick, der Colard frieren ließ. Aimée winkte ihrer Kammerfrau, die wohlerzogen außer Hörweite auf sie wartete.
    »Ich bin leider knapp in der Zeit, Colard. Die Herzogin erwartet mich. Aus Vorsicht werde ich mich kurzfristig unter den Schutz des Grafen von Flandern stellen.«
    »Du willst den Grafen von Flandern gegen uns um Hilfe bitten?«, kreischte Gleitje.
    »In der Tat. Er ist unser aller Souverän, und seinem Urteil haben wir uns zu unterwerfen. Bis es gesprochen ist, könnt Ihr mich bei der Herzogin im Prinsenhof erreichen, wenn es um geschäftliche Entscheidungen geht, die nur ich treffen kann.«
    Sie eilte davon, ehe Colard oder Gleitje Worte gefunden hatten.
    »Sie kriecht unter die Röcke der Herzogin«, zischte Gleitje bitterböse.
    »Ich kann es ihr kaum verübeln«, sagte Colard müde.
    »Weißt du, was es bedeutet, wenn sie den Grafen von Flandern gegen uns aufbringt?«
    Colard ging wachsam auf Abstand. Wenn Gleitje auf diese Weise Gift und Galle spuckte, war Vorsicht angebracht. Am liebsten hätte er sie geschlagen, aber er fürchtete Anselm Korte und die verräterischen Frachtpapiere noch immer. Sogar mehr als den Grafen von Flandern.
    »Das hättest du dir überlegen sollen, ehe du meine Tante gegen Aimée aufgehetzt hast«, antwortete er. »Wir wissen beide, dass sie nur getan hat, was du ihr eingeredet hast. Was hast du dir davon versprochen?«
    »Ich habe gehandelt und nicht nur geredet«, erwiderte Gleitje auftrumpfend. »Du kannst nur Drohungen ausstoßen, wenn Aimée dir nicht gegenübersteht. Sobald sie dich mit ihren grünen Augen anglotzt, wirst du zur Memme.«
    Colard konnte es kaum noch ertragen.
    »Eben hast du das beste Beispiel geliefert«, zeterte sie weiter. »Sie hat überhaupt kein Recht auf irgendeinen Gewinn aus den Verkäufen. Sag ihr das endlich. Sie hat sich in Male amüsiert, während du für sie gearbeitet hast. Wo bleibt dein Lohn? Als Nächstes wird sie noch das Geld in der eisernen Truhe nachzählen. Hast du die Beutel mit dem Zinsgeld wenigstens zur Seite gebracht, wie ich geraten habe?«
    »Musst du mitten auf dem Hof solchen Unsinn hinausposaunen?«, zischte er voller Zorn.
    »Wann sonst hörst du mir denn zu?«, antwortete sie frech.
    »Du solltest zuhören, Gleitje. Jede Münze in unseren Truhen gehört der Bank von Contarini. Ich will nicht unter der Kuratel von Aimée stehen, das stimmt. Aber ich bin Kaufmann und kein Dieb. Ich will das Haus Cornelis in Ehren übernehmen und nicht durch Lug und Betrug.«
    Gleitje zog ungeduldig an ihren Fingern.
    »Und wie soll das gehen? Wenn sich das Miststück hinter dem Grafen von Flandern versteckt, kann uns nur noch ein Wunder helfen.«
    »Aimée muss ihr Scheitern einsehen. Der Verlust des Warentransportes wird von den Einkäufen der Herzogin und ihrer Damen keineswegs gedeckt. Wenn sie das erkennt, wird sie mir den Siegelring von Piet Cornelis weitergeben. Hab Geduld bis dahin und unterlass es, dich einzumischen.«
    »Geduld«, wiederholte sie höhnisch. »Mit Geduld fängt man höchstens Mücken. Wenn dir so viel an diesem verdammten Ring liegt, dann wird es höchste Zeit, für klare Verhältnisse zu sorgen.«
    »Hör auf. Du faselst. Was geht bloß in deinem Kopf vor?«
    »Das Richtige. Verlass dich drauf.«
    Ihre Verneigung, ein Muster an Ehrerbietung und ehelichem Gehorsam, war reiner Hohn. Bevor er etwas sagen konnte, eilte sie auf den großen Torbogen zu hinaus auf die Gasse. Sie scherte sich einen feuchten Kehricht um sein Ausgehverbot.
    Er wusste, dass er sie aufhalten sollte, aber Gleitje hätte ihm die Hölle heißgemacht, so dass er es vorzog, sie ziehen zu lassen. Diese Ehe war eine Strafe Gottes. Er war versucht, sie für gerecht zu halten.

45. Kapitel
    B RÜGGE , 7. J ULI 1372
    »Ihr seht mich beeindruckt.«
    Der Herzog unterstrich sein Kompliment für Aimée mit einer Verneigung.
    »Ich hätte es nie für möglich gehalten, meine Soldaten in so kurzer Zeit mit einheitlicher Kleidung ausstatten zu können. Eine großartige Idee. Die königlichen Berater hätten sie schon viel früher

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