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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristen Marie
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sog sich mit Blut und Schmutz voll. Fliegen kreisten im letzten Dämmerschein über dem feuchten Fleck, der sich unter seinem Kopf ausbreitete.
    Aus allen Badehäusern der Stoofstraat kamen mehr oder weniger bekleidete Menschen gelaufen, um den Toten zu begaffen. Man rief nach dem Stadtbüttel und seinen Männern. Niemand achtete auf Salomon, der sich ebenfalls nach vorne drängelte, um das Geschehen von nahem zu betrachten.
    Balduin Conzett war von dem hässlichen Tod überrascht worden. Basses Erstaunen im Gesicht, mit weit aufgerissenen Augen und einem klaffenden Schnitt quer über die Kehle, lag er in einem Hauseingang. Er blutete. Das Verbrechen musste eben erst begangen worden sein. Vom Täter keine Spur.
    Wer immer Balduin Conzett an die Gurgel gegangen war, auf seinen Reichtum schien er es nicht abgesehen gehabt zu haben. Der Tote trug noch seinen Dolch und den Beutel mit den Münzen am Gürtel. Die protzigen Ringe saßen unberührt an seinen Fingern.
    Salomon widmete seine ganze Aufmerksamkeit der Umgebung.
    Was hatte Conzett hier gesucht? Die Stoofstraat mit ihren Badehäusern zog Einheimische und Fremde gleichermaßen an. Wer hier in aller Öffentlichkeit einen Mord beging und ungesehen verschwand, musste ebenso effizient und schnell wie skrupellos sein. Nur ein Mann, der das Geschäft des Tötens gewohnheitsmäßig beherrschte, war dazu fähig.
    Die Stadtbüttel eilten heran und drängten die Neugierigen zurück, ehe sie ihre Arbeit taten. Salomon nutzte seine Fähigkeit, ungesehen in der Menge zu verschwinden, während er gleichzeitig die Ohren spitzte. Die Bademägde lieferten eine vage Beschreibung der Gäste, die gleichzeitig mit Conzett im Haus gewesen waren. Einer von ihnen war aufgefallen unter den biederen Handwerkern und Seeleuten. Ein Fremder mit narbigem Gesicht, wortkarg und unfreundlich, größer als der Durchschnitt und mit der Figur eines Kämpfers.
    Ein Söldner?
    Salomon versuchte bedächtig, die Mosaikstücke zu einem Bild zusammenzufügen. Balduin Conzett war der Mittelsmann gewesen, den Anselm Korte benutzt hatte, um seine gestohlenen Waren gewinnbringend zu verkaufen. Bei diesem Geschäft musste es Ärger gegeben haben. Die Vermutung lag nahe, wenn Korte im Spiel war. Er lag mit der halben Stadt im Streit. Aber die Söldnergruppen, die für jeden kämpften, der sie bezahlte, waren von anderem Kaliber als Konkurrenten und säumige Lieferanten. Sie handelten nach ihren eigenen Gesetzen und rächten jeden Verstoß unverzüglich und brutal.
    War der Mord an Balduin Conzett Zufall oder eine Botschaft an Anselm Korte? Er hätte es gerne gewusst, aber so wie es aussah, würde er in der Stoofstraat heute nicht einmal Klaas Korte finden, auf dessen Spuren er sich eigentlich befand.
    Salomon bewegte sich achtsam zur nächsten Kreuzung und verschwand zum Kanal hinunter, ohne dass die Büttel oder die Schaulustigen auf ihn aufmerksam wurden. Erst außer Sichtweite wandte er sich der nächsten drängenden Frage zu.
    Wenn dieser Mord kein Zufall war – wer würde das nächste Opfer sein?

48. Kapitel
    B RÜGGE , 18. J ULI 1372
    »Schon wieder ein Toter an der Waterhalle!«
    Joris war völlig außer Atem. Er kam in höchster Eile ins Kontor gestürmt. »Einer der Hansehändler aus Stralsund. Man hat ihm die Kehle aufgeschlitzt wie Balduin Conzett.«
    Die Schreiber im großen Kontorraum und auch Colard sahen ihn bestürzt an. Sie hatten den spektakulären Mord an Conzett schon kaum fassen können.
    »Hat man den Mörder schon dingfest gemacht?«, war die erste Frage.
    »Nein. Aber sie behaupten, Conzett habe mit dem Ermordeten vor kurzem gute Geschäfte gemacht. Balduin Conzetts gute Geschäfte waren schon immer krumme Geschäfte. Es sieht so aus, als seien die beiden jemandem in die Quere gekommen.«
    Ein Aufschrei lenkte Colards Aufmerksamkeit zur Tür. Gleitje stand dort. Seit dem Mordanschlag auf Aimée war sie ihm aus dem Weg gegangen, nie hatten sie darüber gesprochen. Sie kümmerte sich um Sophia und den Haushalt, aber sie tat keinen Schritt über die Schwelle des Handelshauses.
    Gleitje hatte Angst, so viel hatte er ihrem Blick entnehmen können. Immer wenn er etwas sagen wollte, machte sie kehrt. Jetzt verließ sie schnurstracks das Kontor, doch Colard beließ es nicht dabei. Joris' Neuigkeiten und ihre erkennbare Furcht zwangen ihn, der Sache nachzugehen. Er folgte Gleitje in die Wäschekammer, weil er nicht mehr länger auf ein klärendes Gespräch warten wollte. Spätestens nachdem er

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