Die Stunde des Venezianers
Mönchen ins Geschäft zu kommen, wird es Jahre dauern, bis sich das Haus Cornelis erholt hat«, stellte sie fest.
Ruben nickte grimmig. »Genau das habe ich Colard gesagt. Was wir brauchen, ist ein schnelles Geschäft. Eines mit hohem Gewinn.«
»Solche Geschäfte bergen meist auch ein hohes Risiko«, erwiderte Aimée nüchtern. »Welche Waren wären deiner Meinung nach dafür geeignet?«
Ihre Blicke trafen sich, und Aimée sah das abenteuerlustige Funkeln in den Augen ihres Mannes.
»Waffen, Rüstungen, Kriegsgerät«, zählte er auf.
»Weil Frankreich mit England im Krieg liegt? Die Handelsstraßen nach Süden gehen alle durch Frankreich, und die besten Waffen und Rüstungen kommen aus Mailand, Spanien und dem Orient. Sogar für die deutschen Waffenschmiede ist es günstiger, direkt an den König zu liefern, statt einen Umweg über Brügge zu machen. Wir haben keine Chance.«
Ruben verschlug es zunächst die Sprache. Er hatte noch immer keine Ahnung davon, wie weitblickend seine Frau war. Doch als er sich wieder gefangen hatte, lag männliche Überlegenheit in seiner Antwort.
»Frankreich führt diesen Krieg nicht allein.«
»England?« Aimée krauste die Nase. Eine unbewusste Geste, die anzeigte, dass sie angestrengt nachdachte. »Frankreich blockiert die Landwege, also können sie sich nur über das Meer versorgen. Das mag schwierig sein und mehr Zeit erfordern, wenn die Schiffe durch das südliche Meer und an der portugiesischen Küste entlang müssen. Die französischen Häfen sind entweder mit einem Embargo belegt oder heftig umkämpft …«
»Ein Schiffsbauch voller Waffen ist in England gutes Gold wert«, unterbrach Ruben ihre Schlussfolgerungen. »Und wir haben genügend Rüstungsteile und Waffen auf Lager, um damit einen hübschen Gewinn zu erzielen. Was hältst du davon, meine Liebste?«
»Ein verlockender Gedanke, aber unmöglich in die Tat umzusetzen.«
»Wieso nicht? Man braucht ein Schiff, einen vertrauenswürdigen Kapitän mit Mut zum Risiko sowie den nötigen Vorwand für eine solche Reise. Die Koralle steht uns zu Diensten, Kapitän Ballard brennt darauf, endlich wieder eine große Fahrt zu machen, und das Wollgeschäft liefert die passende Tarnung. Der Plan ist perfekt.«
Ruben und seine draufgängerischen Pläne! Der Herzog hatte sie eindringlich gebeten, ihn zu zügeln. Leider hatte er vergessen hinzuzufügen, wie sie das machen sollte. »Das ist Hochverrat!«, widersprach sie tonlos. »Du kannst dem Erzfeind deines Königs keine Waffen liefern. Wenn die Sache auffliegt, wirst du gevierteilt. Du hast dem Herzog Treue und Gehorsam geschworen. Er ist der Bruder des Königs, den du verraten willst.«
Ruben lachte über ihr Entsetzen. Er zog sie wieder an sich und spürte ihre Erregung. Ihre Furcht gefiel ihm besser als ihre scharfsinnigen Analysen.
»Du musst keine Angst um mich haben. Ich weiß, was ich tue.«
Aimée biss die Zähne zusammen, um nichts Falsches zu entgegnen. Sie hatte Angst um Ruben, um sich, um das ungeborene Kind, das sie möglicherweise bereits trug, und um das Haus Cornelis. Dieser Waffenschmuggel konnte alle zusammen ins Verderben stürzen.
»Gib mir dein Wort, dass du die Finger von solchen Abenteuern lässt. Wir müssen andere Wege finden, die Geschäfte wieder in Gang zu bringen.«
»Beruhige dich. Noch ist der Plan nicht konkret durchdacht. Colard hat ohnehin fast der Schlag getroffen, als ich den Vorschlag machte. Komm, lass uns zu ihm gehen. Vielleicht gefällt es ihm, eine Verstärkung in seinem Kontor zu bekommen. Es ist schließlich nichts Ungewöhnliches, dass die Frau eines Handelsherrn über dessen Geschäfte informiert ist, und es kann nicht schaden, Colard auf die Finger zu sehen. Du bist ungewöhnlich klug. Der Herzog hat es erkannt.«
Aimée nickte stumm. Sie hatte das Gefühl, Ruben wolle sie lediglich ablenken. Hin- und hergerissen zwischen ihrer Angst vor seiner Waghalsigkeit und der Freude darüber, dass er ihrer Bitte um eine Beschäftigung nachgab, folgte sie ihm.
Was konnte sie tun, um die Dinge auf den richtigen Weg zu bringen? Sie hätte lieber mit Ruben gearbeitet als mit Colard, der aus seiner Abneigung gegen sie keinen Hehl machte, und sie musste sichergehen, dass Ruben diese gefährliche Idee des Waffenschmuggels wirklich fallenließ. Auf keinen Fall durfte sie ihn verärgern. Er würde nur bocken. Sie musste sein Vertrauen gewinnen, um Einfluss auf ihn nehmen zu können.
12. Kapitel
L ILLE , 6. J ULI 1369
»Wer ist der
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