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Die Stunde des Wolfs

Die Stunde des Wolfs

Titel: Die Stunde des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Furst
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Geräusch eines zersplitternden Flaschenhalses.
    Das zeigte Wirkung. Die beiden Männer stiegen langsam die Stufen herunter, an De Haan und den Matrosen vorbei. Sie gingen, ohne wegzurennen. Einer von ihnen sah noch mal zu De Haan zurück und musterte ihn von oben bis unten. Mit dir wären wir fertig geworden. »Kannst mich mal«, sagte Moose und machte einen Schritt auf die Männer zu. Einer von ihnen sagte etwas, der andere lachte. Sie gingen die Treppe weiter hinunter und verschwanden in der Dunkelheit, während ihre Schritte noch zu hören waren, bis sie am unteren Ende der Straße um die Ecke bogen.
    5. Juni, 21.05 Uhr. Zimmer 13, Grand Hôtel Villa de France.
    De Haan stieg bereits draußen im Flur der Brandgeruch in die Nase, der im Zimmer noch stärker war. »Sie sind De Haan?«, fragte der Kurier und schloss die Tür hinter ihm.
    »Ganz recht.«
    »Wo haben Sie nur gesteckt?« Er hatte sein Jackett über die Stuhllehne gehängt und die Krawatte gelockert. Eine Aktentasche lag mit aufgeschnallten Riemen auf dem Bett neben ein paar gehefteten Broschüren mit grünen Manilahüllen, einem Adressbuch und einer Dienstpistole. »Ich hab's schon ein paar Mal versucht«, sagte De Haan.
    Der Kurier entsprach der Beschreibung von Hoeks Mann im Hotel – jung und englisch. Genauer gesagt, sehr jung und sehr angespannt, mit bedrücktem, weißem Gesicht. »Na ja, ich hatte noch andere Dinge zu erledigen«, sagte er. »Ich glaube, Sie haben kürzlich einen Freund von mir getroffen, drüben in Cadiz.«
    De Haans Hirn arbeitete zwar nicht mit voller Kraft, doch irgendwann fiel der Groschen, und er sagte: »Nein, nicht in Cadiz. In Algeciras.«
    Das stellte den Kurier zufrieden. »Dann ist's gut«, sagte er. »Zur Feier des Tages ausgegangen?«
    »Ich hatte etwas Geschäftliches in einer Bar zu erledigen. In einer Bar!« Wo er eine Menge Bier getrunken hatte. »Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen?«
    Der Brandgeruch kam, wie er feststellte, aus dem Badezimmer. Im Zimmer zurück, sah er den Kurier mit einem fragenden Blick an und sagte: »Was zum Teufel haben Sie da drinnen getrieben?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie wissen ganz genau, wie ich das meine.«
    Der Kurier wurde rot. »Wir sind angewiesen, Papiere entweder die Toilette herunterzuspülen oder zu verbrennen. Ich wollte sie zuerst verbrennen und dann herunterspülen. Beides, verstehen Sie, um ganz sicher zu gehen.«
    »Und haben dabei den Klositz in Brand gesteckt.«
    »Ja. Sie erzählen es doch nicht Hallowes, oder?«
    »Nein, ich erzähl's überhaupt niemandem.« Müde legte er die Hände übers Gesicht.
    »Ich weiß«, sagte der Kurier.
    »Tut mir Leid«, sagte De Haan. Er musste sich die Augen reiben.
    Der Kurier wandte sich ab und fing an, in seinen Unterlagen zu wühlen. Schließlich fand er, was er suchte, und reichte De Haan einen gelben Zettel mit Zahlen – drei Dreiergruppen – und einer Megahertz-Frequenz.
    »Sie sollen natürlich Funkstille wahren, aber wir werden, falls nötig, Mittel und Wege finden, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Sie dürfen unter keinen Umständen versuchen, mit uns in Verbindung zu treten – mit einer Ausnahme: Der Zeilencode, den ich Ihnen gegeben habe, soll zu jeder Tag- und Nachtzeit auf dieser Frequenz gesendet werden, und zwar zweimal hintereinander, falls Ihr Schiff angegriffen oder geentert wird oder falls Sie glauben, dass der Einsatz aufzufliegen droht. Wir würden Ihnen jederzeit beistehen, so weit wir können, aber das ist nicht wirklich Sinn und Zweck dieser Kontaktmöglichkeit, wissen Sie. Sie dient anderen Leuten, die in Gefahr gebracht werden, falls Sie in Schwierigkeiten sind. Ist das vollkommen klar, Captain?«
    »Ja.«
    »Dann sind dies hier Ihre Anweisungen.« Er reichte De Haan einen braunen Umschlag. »Ich warte, bis Sie sie gelesen haben.«
    De Haan nahm das einzige Blatt Papier aus dem Umschlag und las es durch, wobei ihm klar war, dass er sich die Informationen nicht wirklich merken konnte, bis er Gelegenheit hatte, sich in Ruhe damit zu befassen. Als er aufsah, hielt der Kurier mit einer Hand das Adressbuch auf und in der anderen einen Stift. »Wenn Sie bitte den Empfang des Codes und der Anweisungen bescheinigen würden, Captain.«
    De Haan unterschrieb. »Und wenn ich Fragen habe?«
    »Ich beantworte keine Fragen«, sagte der Kurier. »Ich übergebe Ihnen lediglich die Dokumente.«
    »Verstehe«, sagte De Haan.
    »Und außerdem sollte es keine Fragen geben«, fügte der Kurier hinzu. »Alles,

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