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Die Sturmfluten des Frühlings

Die Sturmfluten des Frühlings

Titel: Die Sturmfluten des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Petoskey. Sie hatten nicht geredet, während sie die gefrorene Straße entlanggingen.
    Ihre Schuhe zerbrachen die frisch gebildeten Eiskrusten. Manchmal trat Yogi Johnson durch eine dünne Eisschicht in eine Wasserpfütze. Die Indianer vermieden die Wasserpfützen.
    Sie gingen den Hügel hinab, an der Futtermittelhandlung vorbei, überquerten die Brücke über den Bear River – ihre Stiefel klangen hohl auf den gefrorenen Holzplanken der Brücke – und stiegen den Hügel hinan, an Dr. Rumseys Haus und der trauten Teestube vorbei, hinauf zum Billardzimmer. Vor dem Billardzimmer blieben die beiden Indianer stehen.
    «Weißer Häuptling spielen Billard?» fragte der große Indianer.
    «Nein», sagte Yogi Johnson. «Mein rechter Arm ist durch den Krieg verkrüppelt.»
    «Weißer Häuptling haben Pech», sagte der kleine Indianer. «Spielen ein Spiel Billard?»
    «Sie haben ihm beide Arme und Beine abgeschossen in Ypern», sagte der große Indianer leise zu Yogi. «Er ist sehr empfindlich.»
    «Schön», sagte Yogi Johnson. «Gut, machen wir ein Spiel.»
    Sie traten in die dumpfe, rauchgefüllte Wärme des Billardzimmers. Sie bekamen einen Tisch, und sie nahmen die Queues von der Wand. Als der kleine Indianer hinauflangte, um sein Queue herunterzuholen, bemerkte Yogi, daß er zwei künstliche Arme hatte. Sie waren aus braunem Leder und waren beide am Ellbogen angeschnallt. Sie spielten Billard auf dem glatten grünen Tisch unter dem hellen elektrischen Licht. Nach anderthalb Stunden stellte Yogi fest, daß er dem kleinen Indianer vier Dollar und dreißig Cents schuldete.
    «Du schießt aber gut», bemerkte er zu dem kleinen Indianer.
    «Ich spiele nicht so gut seit Krieg», erwiderte der kleine Indianer.
    «Weißer Häuptling wollen etwas trinken?» fragte der große Indianer.
    «Wo kriegt ihr denn was her?» fragte Yogi. «Ich muß für meins bis nach Cheboygan laufen.»
    «Weißer Häuptling kommen mit roten Brüdern», sagte der große Indianer.
    Sie verließen den Billardtisch, stellten ihre Queues in das Gestell an der Wand zurück, bezahlten an der Kasse und gingen hinaus in die Nacht.
    Männer schlichen durch die dunklen Straßen nach Hause. Der Frost war gekommen und hatte alles steif und hart gefroren. Der Chinook war letzten Endes doch kein richtiger Chinook gewesen. Der Frühling war noch nicht da, und den Männern, die ihre Orgien schon begonnen hatten, wurde Einhalt geboten durch das Frösteln in der Luft, das ihnen sagte, daß es mit dem Chinook ein Schwindel gewesen sei. Dem Werkmeister da, dachte Yogi, dem wird man morgen die Hölle heiß machen. Vielleicht war das Ganze von den Pumpenfabrikanten so gedeichselt worden, um den Werkmeister um seine Stellung zu bringen. Solche Sachen passierten. Durch die Dunkelheit der Nacht schlichen die Männer in kleinen Gruppen nach Hause.
    Die beiden Indianer gingen rechts und links neben Yogi her. Sie bogen in eine Seitenstraße ab, und alle drei blieben vor einem Gebäude stehen, das irgendwie wie ein Stall aussah. Es war ein Stall. Die beiden Indianer öffneten die Tür, und Yogi folgte ihnen hinein. Eine Leiter führte in das obere Stockwerk hinauf. Im Stall drinnen war es dunkel, aber einer der Indianer steckte ein Streichholz an, um Yogi die Leiter zu zeigen. Der kleine Indianer kletterte voran; die Metallscharniere seiner künstlichen Gliedmaßen quietschten, während er hinaufkletterte. Yogi folgte ihm, und der andere Indianer kletterte als letzter und beleuchtete Yogis Weg mit Streichhölzern. Der kleine Indianer klopfte gegen das Dach, wo die Leiter an der Wand lehnte. Man hörte ein Klopfen als Antwort. Dann klopfte der kleine Indianer erwidernd drei scharfe Schläge gegen das Dach über seinem Kopf. Eine Falltür im Dach wurde hochgehoben, und sie kletterten hindurch, hinauf in den erleuchteten Raum.
    In einer Ecke des Raums befand sich eine Theke mit einem Messinggeländer und großen Spucknäpfen. Hinter der Theke war ein Spiegel. Clubsessel standen überall im Zimmer umher. Es gab auch einen Billardtisch. Zeitschriften in Spannern hingen in einer Reihe an der Wand. Ein gerahmtes, handsigniertes Porträt von Henry Wadsworth Longfellow, drapiert mit der amerikanischen Flagge, hing an der Wand. Mehrere Indianer saßen in Clubsesseln und lasen. Eine kleine Gruppe stand an der Theke.
    «Netter kleiner Club, nicht wahr?» Ein Indianer kam auf Yogi zu und schüttelte ihm die Hand. «Ich sehe Sie beinah jeden Tag in der Pumpenfabrik.»
    Es war ein Mann, der in

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