Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sturmfluten des Frühlings

Die Sturmfluten des Frühlings

Titel: Die Sturmfluten des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
wußte nicht recht. Nach Paris?
    Später wurde Fred von dem Gedanken verfolgt, daß er diesen Mann getötet hatte. Anmut und Wahrhaftigkeit, so muß es sein. Das war die Art, wie Soldaten dachten, sagte Anderson. Den Teufel dachten sie so. Dieser Fred sollte zwei Jahre lang an der Front in einem Infanterieregiment gewesen sein.
    Zwei Indianer kamen auf der Straße vorbei, brummten vor sich hin und einander an. Yogi rief sie an. Die Indianer kamen herüber.
    «Großer weißer Häuptling haben Kautabak?» fragte der erste Indianer.
    «Weißer Häuptling haben Schnaps?» fragte der kleine Indianer.
    Yogi reichte ihnen ein Päckchen ‹Ohnegleichen› und seine Hüftflasche.
    «Weißer Häuptling massig große Medizin», brummten die Indianer.
    «Hört mal», sagte Yogi Johnson. «Ich habe vor, ein paar Bemerkungen über den Krieg an euch zu richten. Ein Thema, das mir sehr nahegeht.» Die Indianer setzten sich auf die Holzstämme. Einer der Indianer deutete gen Himmel. «Dort oben Gitchie Manitou, der Mächtige» * , sagte er. Der andere Indianer blinzelte Yogi zu. «Weißer Häuptling nicht glauben jedes verdammte Ding er hört», brummte er.
    «Hört mal zu», sagte Yogi Johnson. Und er erzählte ihnen vom Krieg.
    Yogi hatte eine andere Art Krieg erlebt, erzählte er den Indianern. Krieg war für ihn wie Football gewesen. American Football. Wie man es an den Universitäten spielt. In der Carlisle Indiana School. Beide Indianer nickten. Sie waren in Carlisle gewesen.
    Yogi hatte beim Football als Stürmer gespielt, und Krieg war ziemlich ähnlich gewesen, ganz außerordentlich unangenehm. Wenn man Football spielte und den Ball hatte, lag man mit ausgespreizten Beinen auf der Erde und hielt den Ball vor sich auf dem Boden; man mußte auf das Signal achtgeben, es entschlüsseln und dem Richtigen den Ball zuspielen. Man mußte sich die ganze Zeit darauf konzentrieren. Während man die Hände auf dem Ball hatte, stand der gegnerische Stürmer vor einem, und wenn man jemandem den Ball zuspielte, setzte er einem seine Faust, knall, ins Gesicht und packte einen mit der anderen Hand unterm Kinn oder unter der Achsel und versuchte einen vorwärts zu zerren oder zurückzuschubsen, um ein Loch zu haben, wo er durchkonnte, und einem das ganze Spiel kaputtzumachen. Es wurde von einem erwartet, daß man so toll vorwärts preschte, daß man ihn mit dem eigenen Körper aus dem Spiel schubste und mit ihm zu Boden ging. Er hatte alle Vorteile. Es war nicht gerade das, was man Spaß nennen würde. Wenn man den Ball hatte, war er im Vorteil. Das einzig Gute dabei war, daß man ihm ebenso hart zusetzen konnte, wenn er den Ball hatte. Auf die Weise glich sich alles aus, und manchmal kam es sogar zu einer gewissen gegenseitigen Toleranz. Football war genau wie Krieg unangenehm-stimulierend und aufregend, nachdem man erst einmal eine gewisse Härte erworben hatte, und die Hauptschwierigkeit bestand darin, sich an die Signale zu erinnern. Yogi dachte an den Krieg, nicht an das Militär. Er meinte Kampf. Das Militär war etwas anderes. Man konnte es bejahen und mitschwimmen, oder man konnte den Tiger bekämpfen und sich von ihm kaputtmachen lassen. Das Militär war etwas Idiotisches; der Krieg war etwas ganz anderes.
    Yogi wurde nicht von dem Gedanken an die Männer, die er getötet hatte, verfolgt. Er wußte, er hatte fünf Männer getötet. Wahrscheinlich hatte er mehr getötet. Er glaubte nicht, daß der Gedanke an die Männer, die man getötet hatte, einen verfolgte. Nicht, wenn man zwei Jahre lang an der Front gewesen war.
    Die meisten Männer, die er gekannt hatte, waren verdammt übergeschnappt gewesen, wenn sie das erste Mal getötet hatten. Die Schwierigkeit war die, sie zurückzuhalten, zu viele zu töten. Es war schwierig, Gefangene bis zu den Leuten, die sie zur Identifikation brauchten, nach hinten zu befördern. Man schickte einen Mann mit zwei Gefangenen zurück; vielleicht schickte man auch zwei Mann mit vier Gefangenen zurück. Was geschah? Die Leute kamen zurück und sagten, daß das Sperrfeuer die Gefangenen erledigt habe. Sie pflegten dem Gefangenen mit dem Bajonett einen Stoß in den Hintern zu versetzen, und wenn der Gefangene lossprang, sagten sie: «Das sieht dir ähnlich, du Scheißkerl, abzuhauen», und jagten ihm eine Kugel in den Hinterkopf. Sie wollten sicher sein, daß er tot war. Außerdem hatten sie keine Lust, durch irgend so ein verdammtes Sperrfeuer zurückzugehen. Nein, Sir. Diese Art Manieren lernten sie von

Weitere Kostenlose Bücher