Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht

Titel: Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
Vom Netzwerk:
und räusperte sich. Ein drohender Stich fuhr ihm durch die Schulter. Dabei bemerkte er, dass er einen Verband trug. »Wer bist du?«, fragte er.
    Er wusste nicht, ob er sich ihr Lächeln nur einbildete. Vielleicht täuschte ihn der unruhige Feuerschein. Sie trat direkt neben ihn. Ihre Hand kam auf dem Kopfkissen neben ihm zum Liegen. Er spürte Wärme, fast Hitze davon ausstrahlen.
    »Weißt du das nicht?«, wiederholte sie leiser. Blinzelnd starrte er zu ihr auf. Sie nickte. Dann begann sie, eine Melodie zu summen, ein Lied, das so tief in Karats Herz versunken war wie verlorene Briefe im Meer.
    Und wenn die Wolken ziehen,
zähl sie - eins, zwei, drei.
Und wenn die Möwen fliegen,
sei gewiss, alles geht einmal vorbei!

    Und wenn Jungen Männer werden,
dann sind die Mädchen Frauen.
Zähl sie - eins, zwei, drei,
wem wirst du deine Hütte bauen?
Vergiss nicht, alles geht einmal vorbei!
     
    Und alles kommt alsbald zurück,
wem wird das Herz schon schwer?
Mit Flut und Ebbe tanzt das Glück
und ewig wiegt uns Mutter Meer …
    Karat starrte sie an. Nachdem sie die Worte gesungen hatte, summte sie noch eine Weile die Melodie, bis sie sanft irgendwo hinter verschlossenen Lippen erstarb.
    »Du … Mutter Meer«, sagte Karat. Die Bemerkung kam ihm reichlich dümmlich vor. »Wie hast du mich gefunden?«
    Sie runzelte die Stirn. »Aber du hast mich gefunden, mein Sohn.« Sie hielt kurz inne. »Ich kenne deine Geschichte. Ich kenne die Geschichte aller meiner Kinder, Brüder, Schwestern, Väter und Mütter. Du bist einer von den Verlorenen gewesen. Nicht wahr? Sie haben dich aus der Hütte deiner Eltern gerissen und in die Nacht gejagt. Du bist lange durch ihr Dunkel geirrt. Und doch hast du nie vergessen, dass es irgendwo ein Licht geben muss. Jetzt hast du es gefunden.« Ihre Hand berührte seine Stirn. Sie war warm und trocken, voller Schwielen vom Kämpfen mit dem Schwert. »Wir sind in Naruhl. Du wirst unsere Familie kennenlernen. Doch ruhe aus, so lange du willst. Nach der langen Verirrung, was sind schon ein paar Nächte?« Ihre Hand glitt fort und sie wandte sich zum Gehen.
    »Ich bin nicht wegen dir hier.«

    Sie blieb stehen. Langsam drehte sie sich zu ihm um, ihre Miene zeigte weder Überraschung noch Enttäuschung.
    »Ich habe nicht geglaubt, dass es dich gibt. Und ich wusste nichts von eurem Versteck. Trotzdem danke, dass ihr mich gerettet habt.« Er schloss die Augen. »Ich werde schlafen, und wenn ich aufwache, gehe ich.«
    Er hörte, wie sie näher trat. Dann wartete sie, bis er die Augen wieder aufschlug.
    »Was hat dich hergeführt?«
    »Ein Dämon«, erwiderte er ruhig.
    Ein Zucken ging durch ihr Gesicht. »Meinst du den einen Dämon? Bist du ein Kopfgeldjäger? Für die Magierschaft?«
    Er sah ihr in die Augen. Sie waren hellblau, so wie die Lagunen. »Ich bin für niemanden irgendwas. Ich bin nur für mich selbst.«
    »Für das Geld, meinst du.«
    »Andere Worte, die dasselbe beschreiben.«
    Sie nickte. Er beobachtete sie aufmerksam, doch ihr Blick blieb unverändert; er war nicht ein Grad kühler geworden. »Dann hat der Dämon dich so zugerichtet?« Er musste nicht antworten. »Wie hast du ihn überlebt?«
    »Ich habe ihn erschlagen.«
    »Dann kannst du dir deine Belohnung von der Magierschaft abholen«, sagte sie ohne Bitterkeit. »Gib nur acht. Die Menschen neigen seit Neuestem dazu, unsereins wie Vieh abzuschlachten.« Sie trat ein paar Schritte zurück. »Ruhe dich aus, so lange du willst. Gehe, wann du willst. Oder bleibe.«
    Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum.
     
    Nach ein paar Stunden kam ein junger Mann und brachte Karat Wasser und eine Fleischbrühe. Karat beobachtete, wie er alles neben ihm abstellte und schweigend wieder ging.
Als er alleine war, stillte Karat seinen Durst und Hunger. Dann öffnete er vorsichtig den Verband um seine Schulter. Er fluchte.
    Wie er befürchtet hatte: Es war eine offene Wunde. Das Fleisch war geschwollen und dunkel angelaufen. Seufzend schloss er die Augen und überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis das heilte. So würde er gewiss nicht aufbrechen, um allein durch die Wildnis zu reisen. Konnte er so lange bei den Rebellen bleiben, ohne zwangsläufig ihre Bekehrungsversuche ertragen zu müssen?
    Mutter Meer … er musste schmunzeln. Er fragte sich, wie viele Gruppen von Isen sich inzwischen um eine Anführerin geschart hatten, die behauptete, die sehnlich erwartete Retterin zu sein. Aber ein Versteck so weit draußen im Niemandsland -

Weitere Kostenlose Bücher