Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
brauchte unbedingt ein Silberstück und eine Augenklappe …
»Gibt es ein Gasthaus, in dem man dich erwartet?«, lenkte Hel ab, als der Junge ihr Schwanken bemerkte. Er sah sie einen Moment lang ratlos an, als erreichten ihn die Worte nur mit Verzögerung. »Wohin gehst du ?«
»Ich werde versuchen, eine Audienz bei dem Magier des Fürsten zu bekommen«, sagte Hel so gefasst wie möglich. »Dann wird man mich nach Aradon schicken, um bei der Magierschaft vorzusprechen, denke ich.«
Im Gesicht des Jungen schien es zu arbeiten. Dann legte er eine Hand auf ihren Rücken und sah sich nach allen Seiten um. »Ich begleite dich noch.«
Hel wusste nicht, ob sie sich darüber freute. Wahrscheinlich wankte und schielte sie, ohne es zu merken, darum fühlte er sich verpflichtet zu helfen. Zögernd setzte sie sich in Bewegung. Bald war das Stadttor hinter Hütten und Türmen verschwunden. Der Weg führte sie über gewundene
Pfade und Treppen an den Felsen entlang. Überall flammten Leuchtkugeln auf, aber auch Fettkerzen, Öllampen, Fackeln und Funzeln trotzten dem Einbruch der Nacht mit ranzigem Gold. Gassen wurden zu Markthallen und Bühnen für Schausteller aller Art.
»Schlaft doch nicht ein!«, brummte jemand hinter Hel. Als sie sich umdrehte, stieß eine gehetzt wirkende Zwergin sie mit ihrem Wagen an, auf dem ein Bottich voller frisch gefärbter Tücher stand. Dunkelrotes Färbewasser spritzte Hel auf den Arm, doch der Junge zog sie rechtzeitig zur Seite, bevor die Wagenräder ihre Füße überrollen konnten.
»Alles in Ordnung?«, fragte er. Erst jetzt fiel Hel auf, wie laut es war - die zweite Sicht hatte alle anderen Wahrnehmungen in den Hintergrund gedrängt.
»Ähm, ja. Ja.« Sie wischte sich die Farbe vom Arm. Als sie weitergingen, spürte sie, dass der Junge unauffällig Körbe, Wagen und vorbeilaufende Gestalten vor ihr wegschob. In diesem Moment wusste sie, wie gern sie ihn hatte. Auch wenn er der merkwürdigste Kerl war, den sie je getroffen hatte, und wahrscheinlich verbotene Magie betrieb - er war ein guter Mensch. Sie hätte ihm gerne gedankt.
Die Straße wurde zu einer Treppe, die Treppe zu einem Basar. Händler mit Bauchständen und winzigen Wagen, an denen Ketten, Glöckchen und Talismane baumelten, erschwerten das Vorankommen. Dann verstopfte eine riesige rosafarbene Sänfte den Weg, um die sich ein Dutzend Schmuckverkäufer balgten: Im Vorbeizwängen erhaschte Hel den Blick auf drei aufgetakelte Zwerginnen, die sich Fächer schwenkend umwerben ließen. Irgendetwas fiel zu Boden - ein Geldring oder ein erworbenes Schmuckstück - und Gewühl brach aus, durchsetzt von hellem Geschrei und Gelächter. Die Sänfte kippte zur Seite. Hel sah nicht mehr,
ob sie tatsächlich stürzte, schon hatte die bunte Menge sie weitergespült. Niedrige, blattförmige Eingänge säumten links den Weg, darüber versteckten sich baufällige Balkone und Türmchen hinter bunten Vorhängen. Zwerginnen in grellen Kleidern liefen auf den Balkonen ein und aus und riefen in die Menge herab. Auch Gäste waren hier und da in den Zimmern zu sehen, ein menschlicher Mann, der stark torkelte, ließ sich von einer Zwergin nach oben führen, wobei die Zwergin Mühe hatte, auf ihren drei Zoll hohen Holzschuhen nicht die Balance zu verlieren. Sie kamen an einer Höhle vorbei, deren Decke sich fast zwanzig Meter hoch wölbte und den Lärm durch die Echos zum Gewitter vervielfachte. Offenbar war ein Boxturnier im Gange oder eine Prügelei - schwer zu sagen, ob gejubelt oder gestritten wurde. Am Eingang tummelten sich Zwerginnen in Kleidern, die wie Königinnenkostüme aus dem Theater wirkten, und hielten nach Bekannten, Kunden oder leichten Opfern Ausschau. Eine von ihnen taumelte zwischen Hel und den Jungen und schob ihm eine lange, geschwungene Pfeife unter die Nase. Süßer Nelkenrauch umwaberte sie.
»Hallo, mein Hübscher, möchtest du mal ziehen? Das macht aber einen Kuss, und den nächsten Kuss musst du mit was anderem bezahlen, ja?«
Hel zog den Jungen weg. Auf ihren hohen Schuhen war die Zwergin so groß wie Hel und warf ihr einen garstigen Blick zu - als sie ihr Auge sah, rief sie »Iiiihh!« und trippelte kieksend davon.
Mit Wut im Bauch und gesenktem Gesicht schob Hel sich weiter durch das Gedränge. Auf einem breiten Felsvorsprung standen Trolle in Ketten zur Schau. Der feuchte, lehmige Gestank raubte einem fast den Atem. Dennoch tummelten sich einige interessierte Käufer um den Vorsprung
und feilschten um die besten
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