Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
sind«, murmelte der Arzt. »Fühlen Sie sich in der Lage zu gehen?«
»Wenn ich mich auf meinen Kameraden stützen kann … «
»Ich werde Sie drüben auf der Decke verbinden. Gratulation. Von diesem Duell wird man noch lange sprechen. Ich habe selten jemanden getroffen, der so kaltblütig ist wie Sie.«
Oder so verrückt, dachte Gabriela bei sich. Sir half ihr auf die Beine und schlang sich ihren unverletzten Arm um die Schultern.
»Ist nur ein Streifschuss«, erklärte der Arzt in lockerem Plauderton, so als würde er über das Wetter reden. »Nicht besonders tief … Die Wunde lässt sich gut säubern. Es besteht nur wenig Gefahr, dass sie brandig wird und Sie den Arm verlieren.«
Gabriela blickte entsetzt zu ihm auf und suchte in seinem Antlitz nach Anzeichen dafür, dass er scherzte.
»Ich werde die Wunde mit ein paar Stichen vernähen und einen strammen Verband anlegen, damit die Blutung aufhört«, erklärte der Chirurg ruhig. »Morgen melden Sie sich dann wieder bei mir, damit ich den Verband wechseln kann. Dann werde ich auch schon riechen können, ob der Wundbrand Sie erwischt hat. Aber wie gesagt, es sieht ganz gut aus. Sie sollten den Arm in den nächsten Tagen besser in einer Schlinge tragen, um ihn zu schonen. Der Streifschuss wird dann schneller verheilen.«
Gabriela war froh, als sie sich auf die Decke setzen konnte, die der Regimentschirurg vorbereitet hatte.
»Jetzt kommt der unangenehmste Teil«, er zog mit den Zähnen den Korken aus einer Flasche und goss ein wenig klare Flüssigkeit auf die Wunde.
Gabriela schrie auf vor Schmerzen.
Der Chirurg grinste breit und nahm selber einen Schluck aus der Flasche. »Das hilft besser als glühende Eisen, um zu verhindern, dass der Kratzer brandig wird.« Sinnierend blickte er auf die Sammlung von Messern, die vor ihm auf der Decke lag. »Die hab ich wohl vergebens mitgebracht … « Schließlich öffnete er seine schwarze Ledertasche und holte ein Etui hervor, in dem sich verschiedene Nadeln befanden.
Der General war neben Gabriela getreten und warf einen Blick auf die Wunde. »Nur ein Streifschuss, nicht wahr?«
Der Chirurg nickte.
»Ich wünsche, dass Er sich mit Seinem schottischen Gefährten morgen zur Mittagsstunde bei mir auf der Kommandantur einfindet.«
Gabriela blickte auf, doch es war unmöglich, in den Zügen des Banus zu lesen. Diese Einladung mochte alles Mögliche bedeuten. »Jawohl, Herr General!«
»Ist Er in der Lage, dem Graffenstein die Hand zu reichen?«
Sie nickte.
»Gut. Ich werde ihn hinüberschicken, sobald der Schwanhauser mit ihm fertig ist. Ich hoffe, damit ist die leidige Angelegenheit aus der Welt! Streit im Regiment kann schlimmer als die rote Ruhr sein.«
Gabriela schluckte. Streit im Regiment? Sollte das etwa heißen, dass der General sie bei seinen Husaren aufnehmen würde!
Ohne ein weiteres Wort verlauten zu lassen, ging Nádasdy zu seiner Kutsche. Der Chirurg räusperte sich leise. Er hatte inzwischen einen Faden auf eine merkwürdig gebogene Nadel aufgezogen. »Das wird jetzt ein wenig picken.« Er grinste wieder. »Aber wer mit Pistolen schießen kann, wird das wohl auch noch überstehen.«
»Dass Er Schneid hat, hat er nun bewiesen, von Bretton. Kann Er aber auch lesen und schreiben?«
Gabriela sah den General einigermaßen verblüfft an. »Ja, gewiss … Ich habe zu schreiben gelernt.«
Der Graf Nádasdy machte plötzlich ein ernstes Gesicht. »Er kam hierher, um eine Stelle in meinem Regiment zu bekommen. Diesen Wunsch kann ich Ihm nach den Vorfällen der letzten Tage unmöglich gewähren. Kaum dass Er auf einen Offizier des Regiments stieß, gab es einen Streit, der zu einem Duell führte. Wie soll das weitergehen? Und was, glaubt Er, geschieht, wenn ich Ihn jetzt nach Szigeth schicke, wo der Regimentsstab liegt? Kann Er sich vorstellen, mit einem Hitzkopf wie dem von Graffenstein Frieden zu halten? Und selbst wenn Er es könnte, von Graffenstein wird nur nach einer Gelegenheit suchen, sich dafür zu revanchieren, dass Er ihn nicht einer Kugel für würdig erachtete und zuletzt auch noch jenen dummen Spaß über seine Männlichkeit machen musste!«
Gabriela konnte kaum glauben, was sie hörte. Sie war in der festen Überzeugung in die Stube des Generals gekommen, dass sie sich dort in die Rolle des Regiments eintragen könnte. Dass sie sich mit dem Duell alles verdorben hatte, wäre ihr niemals in den Sinn gekommen. Schließlich hatte sie sich nur so verhalten, wie es die Ehre
Weitere Kostenlose Bücher