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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Wenn die Sekundanten sich nun vom Zustand der Waffen überzeugen wollen?«
    Sir und Friedrich folgten dem Grafen, während Gabriela fröstelnd zum Himmel starrte. Die Regenwolken der Nacht hatten sich fast ganz aufgelöst. Es würde sicherlich ein schöner Tag werden … Sie schluckte. Würde sie den Sonnenaufgang noch erleben? Was half das Brüten! Sie hatte sich zu dem Duell entschieden. Graffenstein hatte ihr mit seiner Bemerkung keine Wahl gelassen. Siegte sie, wäre dieses Thema ein für alle Mal aus der Welt. Sie hätte demonstriert, dass sie bei Anspielungen auf ihre glatten, weiblichen Gesichtszüge keinen Spaß verstand. Wenn sie ins Regiment aufgenommen würde, hätte sie sich mit dem Duell auch gleich einen gewissen Ruf erworben. Und wenn sie verlor … Nun, dann hatte Gott es so gewollt. Sollte er ihr Richter sein. Sie würde mit ihrem Schuss warten, bis Graffenstein zum ersten Mal gefeuert hatte. Wollte es das Schicksal, dass seine Kugel traf, dann hätte zumindest aller Lug und Trug ein Ende.
    Mit lautem Krächzen flogen am Ende der Lichtung zwei Raben auf. Totenvögel! Das war ein schlechtes Omen! Was sie wohl erschreckt haben mochte? Ob sich dort hinten ungebetene Zuschauer verbargen?
    »Die Pistolen sind in Ordnung.« Sir kam aus Richtung der Wagen auf sie zu. »Wie geht es dir?«
    Gabriela versuchte zu lächeln. Zu reden war ihr im Moment unmöglich.
    »Du kannst immer noch zurücktreten … Ich glaube, dem Banus und dem Obristen wäre es lieber, wenn das Duell nicht stattfindet.«
    Sie schüttelte den Kopf. Nein, beigeben würde sie nicht! Dazu wäre eben noch Zeit gewesen, als der Graf Sinzendorf sie gefragt hatte. Nun hieße es ihre Ehre verraten. Mit schweren Schritten ging sie zur Mitte der Wiese, wo sich auch die anderen versammelten. Die drei Sekundanten, der Regimentsarzt, der Obrist, der Regimentskaplan, von Graffenstein und General Nádasdy.
    »Meine Herren, ein Wort zu den Regeln dieses Duells«, durchschnitt die klare Stimme des Banus die morgendliche Stille. »Sie beide werden Ihre Pistolen an sich nehmen und sich dann sogleich Rücken an Rücken aufstellen. Ich zähle langsam bis zehn, wobei Sie mit jeder Zahl einen Schritt machen. Bei zehn drehen Sie sich beide um und schießen. Sollte einer von Ihnen sich bereits vorher umdrehen, um zu schießen, so verspreche ich Ihnen, dass ich diesen Schurken höchstselbst zur Hölle schicken werde. Wenn Sie beide nach dem ersten Durchgang noch unverletzt sein sollten, wechseln Sie die Waffen. Es wird erst dann wieder geschossen, wenn ich Ihnen den Befehl dazu gebe. Mit der zweiten Salve ist das Duell beendet, gleich zu welchem Ergebnis sie führt. Sollte einer der Kontrahenten so schwer verletzt werden, dass das Duell abgebrochen werden muss, ist die Ehre beider damit wiederhergestellt. Es gibt also unter keinen Umständen noch ein weiteres Duell wegen desselben Streits. Sind Ihnen beiden diese Regeln klar, und erklären Sie sich damit einverstanden?«
    Gabriela nickte. Von Graffenstein krächzte ein heiseres: »Ja.«
    »Nehmen Sie sich Ihre Waffen und stellen Sie sich nun Rücken an Rücken auf«, befahl der General.
    Die Offiziere zogen sich zum Rand der Lichtung zurück. Aus den Augenwinkeln sah Gabriela, wie der Regimentsarzt im Gras kniete und auf einer Decke seine chirurgischen Instrumente nebeneinanderreihte. Funkelnd brach sich das Morgenlicht im silbrigen Stahl. Sie konnte spüren, wie sich der Rücken des Rittmeisters beim Ein- und Ausatmen hob und senkte. Er atmete schnell. Bevor er seine Pistolen an sich nahm, hatte er dünne Lederhandschuhe übergestreift. Seine Hände waren schweißnass gewesen.
    »Ich hoffe, du hattest schon das Vergnügen, ein Weibsbild zu reiten, Knäblein. Es täte mir leid, dich ins kalte Grab zu schicken, ohne dass du diesen Spaß gehabt hättest.«
    »Eins«, ertönte die Stimme des Generals.
    Gabriela verzichtete darauf, dem Rittmeister eine Antwort zu geben. Sie war voll und ganz damit beschäftigt, die aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken. Jetzt wünschte sie sich, sie hätte auf das Frühstück verzichtet. Ihre Beine waren schwer wie Blei. Wenigstens hatte sie aufgehört zu zittern.
    »Zwei. … Drei.«
    Ein weißer Schmetterling flog über dem wadenhohen Gras auf sie zu und ließ sich dicht neben ihr auf einer Distelblüte nieder. So deutlich wie nie zuvor in ihrem Leben spürte sie den kühlen Dunst des Morgentaus, atmete den Geruch von nassem Gras.
    »Acht. … Neun.«
    Gabriela setzte ihre Schritte

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